Wie weit reicht die Schwarmintelligenz im Banking?
Die Schwarmintelligenz erfreut sich seit Jahren großer Beliebtheit in den Medien. Für nicht wenige ist sie die entscheidende Komponente in der Digitalen Ökonomie. Als der wohl wirkungsmächtigste Vertreter dieser Richtung kann Don Tapscott gelten, der mit Wikinonomics eines der wichtigsten Bücher zu diesem Themenkomplex verfasst hat.
von Ralf Keuper, Blogger und Kolumnist
Im Banking wird die Stärke der Schwarmintelligenz dann gerne ins Spiel gebracht, wenn es darum geht, sich von den großen Banken, den monolithischen Blöcken, den geschlossenen Systemen abzugrenzen.
Während zu Beginn noch viele Stimmen zu vernehmen waren, die in der Schwarmintelligenz das Allheilmittel für die Differenzierung im Wettbewerb gefunden zu haben glaubten, sind in letzter Zeit die kritischen Stimmen, nach meinem Eindruck, in der Überzahl. Beispielhaft dafür sind Der Etikettenschwindel mit der Schwarmintelligenz, Die dumme Seite der Schwarmintelligenz und Piratenpartei: Schwarmintelligenz reicht nicht.
Nicht die Zahl der Kontakte, der Knoten, ist entscheidend, sondern deren Qualität bzw. Zusammensetzung und häufig – eine gewisse räumliche Nähe; ebenso: Lose Kontake (The Strength of Weak Ties)
Eine Bank setzt sich aus unterschiedlichen Personen mit divergierenden Perspektiven zusammen. Durch die Kooperationen mit den Kunden und anderen Banken, durch den Kontakt mit der Öffentlichkeit gewinnen auch abweichende Sichtweisen Eingang in die Meinungsbildung. Jedoch ist die Tatsache nicht von der Hand zu weisen, dass große Organisationen mit der Zeit dazu tendieren, ihre eigene Sicht auf die Dinge auszubilden, ganz gleich, ob die Realität diesen Annahmen, Glaubenssätzen noch entspricht. Viele Banken befinden sich derzeit in diesem Dilemma. Rettung versprechen sich viele nun durch Kooperationen mit FinTech-Startups, die für frischen Wind sorgen sollen. Das wird jedoch nur dann von Erfolg gekrönt sein, wenn die Bank willens und in der Lage ist, ihre Strukturen und ihre Kultur entsprechend anzupassen. Aber auch die FinTech-Startups sind nicht frei von Blickverengungen. Auch sie bewegen sich in einem Umfeld, in dem ähnliche Interpretationen dominieren, was die Annahmen betrifft, auf denen das eigene Geschäftsmodell beruht.
Von daher schwingt beim Begriff Schwarmintelligenz nicht selten eine große Portion Wunschdenken mit. Entscheidend sind, wie Peter Miller in Die Intelligenz des Schwarms. Was wir von den Tieren für unser Leben in einer komplexen Welt lernen können, schreibt, drei Prinzipien:
1. Dezentralisierte Kontrolle2. Verteilte Problemlösung
3. Vielfache Interaktion
Weitere wichtige Vorgehensweisen erfolgreicher Kollektive sind nach Miller:
1. Nutze ein breites Wissensspektrum
2. Fördere einen freundschaftlichen Ideenwettbewerb
3. Finde ein effektives Verfahren zum Ausschluss von Wahlmöglichkeiten
Ralf Keuper ist Bank- und Diplomkaufmann und seit rund 15 Jahren in verschiedenen Positionen beratend im Bankenumfeld tätig. Er gehört zudem mit seinem Blog bankstil zu den Top10-Bloggern im FinTech-Bereich und berät Banken bei der digitalen Transformation sowie FinTech-Startups bei ihrem Markteintritt. Keuper hat unter anderem als Senior Consultant Banking bei der COR&FJA AG und Senior Consultant Banking & Financing bei Steria Mummert Consulting AG gearbeitet.
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