Digital Finance Berlin: Event mit FinSlam – drei Banken, je fünf Minuten, gegen drei FinTechs
Im 15. Stock des “House of Weekend”, einem angesagten Szene-Nachtclub Berlins, der schon Stars wie Beth Ditto, Lenny Kravitz oder George Clooney als Gäste begrüßen durfte, zeigten Berliner FinTechs beim “Digital Finance Berlin” (Berlin School of Digital Business), was sie können. Ein Event, das man künftig auf dem Radar haben sollte.
von Tobias Baumgarten
FinTechs aus Sicht der Wissenschaft
Im ersten Vortrag berichtete Dr. Lars Hornuf, Junior-Professor an der Universität Trier mit den Schwerpunkten FinTechs, Law and Finance, von seinen Forschungsergebnissen. Der kurze Abholer darüber, was für verschiedene FinTechs es gibt und wie Banken von einer Zusammenarbeit profitieren können, war für das Publikum sicherlich nicht nötig. Spannender war da schon eine Hitliste von Hindernissen bei der Zusammenarbeit von Banken mit FinTechs, für die CTOs und COOs von knapp 70 Banken in 25 Ländern befragt wurden. Dabei spielen die eigene Unternehmenskultur und IT eine wichtige Rolle, aber auch Ängste z.B. um Datensicherheit, Komplexität und davor, dass der Wechsel zu einer anderen Bank erleichtert wird.
Weitere interessante Erkenntnisse waren z.B., dass P2P-Kredite nach dem üblichen Posted Price-Modell häufiger ausfallen als solche nach dem Auktionsmodell oder dass die Crowd das Ausfallrisiko mit 45% höherer Wahrscheinlichkeit als ein Kreditrating den Ausfall eines Kredites vorhersagen kann. Spannend auch die Aussagen, dass Wikifolios bei ‘buy & hold’ in der Regel verlustträchtig sind oder dass Bitcoins kaum zum Bezahlen, sondern meist als Spekulationsobjekt genutzt werden.
Die API als wertvolles Produkt sehen
Dem Wissenschaftler folgte FinTech-Vordenker André M. Bajorat, der CEO des API-Anbieters figo aus Hamburg. Den Boom von innovativen FinTechs begründet er mit den stark gesunkenen Technologiekosten, die den Einstieg in die Branche erleichtern – und APIs seien einer der Treiber für die Kostenreduzierung. Anhang von Google Maps verdeutlichte er, wie ein Unternehmen über seine APIs tief in das Leben der Menschen eindringen kann, ohne selbst aktiv werden zu müssen.
Neben allerlei bekannten Branchenweisheiten (‘Tod der tausend Nadelstiche’, ‘APIs sind nichts ohne das entsprechende Mindset’) propagierte er, dass sich Banken nicht mehr auf Apps konzentrieren sollten, sondern auf Voice-getriebene Assistenten wie Amazons Alexa oder Apples Siri. Diese würden Frontends wie Apps bald überflüssig machen. Angehenden Bankkaufleuten machte er wenig Mut: es sei eigentlich unverantwortlich, jetzt noch junge Leute für die Filialen auszubilden. Dagegen müssten die Banken endlich mehr Stellen für Developer ausschreiben. Diese seien ‘die Künstler unserer Zeit’ und würden gebraucht – besonders in Banken.
Den deutschen Banken attestierte er, dass sie mit der HBCI-Schnittstelle technisch eigentlich gut aufgestellt sein. Sie begriffen aber nicht, dass sie APIs nicht passiv als etwas ansehen sollten, was halt irgendwie da ist, sondern die aktiv als wertvolles Asset bzw. als Produkt sehen müssen. Wären die Banken hier vom Mindset her weiter, bräuchte es Firmen wie figo im Zweifel nicht.
Banken und FinTechs im FinSlam
Nach einer Kaffee-Pause ging es weiter mit einem interessanten Format, dass man bisher eher von Kleinkunstbühnen kennt: dem Slam. Drei Banken traten mit 5-minütigen Kurzvorträgen an gegen drei FinTechs. Die Zeit wurde mit der Stoppuhr gemessen und Vorträge nach Zeitablauf jäh unterbrochen.
Die Commerzbank berichtete über ihre Plattformstrategie mit APIs und verglich die Digitalisierung als Großbaustelle – und untermalte dies mit einem Bild des Todessterns aus Star Wars. Hoffentlich kein schlechtes Omen für die Commerzbank, wurde das Original doch von den Rebellen zerstört.
treefin berichtete davon, dass es die Komplexität bei Finanzen für den Kunden beherrschbar machen will. Dabei stehen Transparenz und Optimierung – u.a. durch Machine Learning – im Vordergrund. Den Speaker von treefin musste man übrigens mit Mühe vom Mikrofon trennen.
Es folgte YNOME, eine Ausgründung der Schweizer Großbank UBS. Es bietet werbefreies Matching für Finanzdienstleistungen, man kann sich quasi seine private Bank zusammenstellen. Mangels Provisionen soll eine Monetarisierung durch eine Flatfee für die teilnehmenden Banken erfolgen.
Guidants hatte offenbar eigene Fans vor Ort. Das FinTech bietet seinen Kunden einen umfänglichen Marktüberblick und lässt direkt aus der Übersicht heraus handeln. Ein Teilnehmer schwärmte davon und verglich das Angebot qualitativ mit Reuters- oder Bloomberg-Terminals. Dabei ist das Basisangebot kostenlos, bestimmte Premiumdienste kosten dann allerdings.
Bei der DKB stand das Thema API und Einbindung von FinTechs im Mittelpunkt des Kurzvortrags. Da würden am Ende alle von gewinnen: FinTech liefern Banken Technologie, die DKB verleiht dem FinTech Trust beim Kunden und der Kunde freut sich über innovative Angebote.
Als Letztes war dann moneymeets am Start. Die verschaffen dem Kunden Transparenz über alle Konten, Depots und Versicherungen, bis die API glüht. Umfassendes Anlagemanagement, transparent und günstig durch Provisionsteilung.
Klare Sieger in der Gunst der Zuschauer waren übrigens – wie zu erwarten war – die FinTechs.
FinTechs brauchen auch Berater und Anwälte
Nach diesem kurzweiligen FinSlam folgte ein traditioneller Frontalbeitrag der Unternehmensberatung (und ersten Hauptsponsors) PwC. Der Beitrag über die Vorzüge des ‘open bankings’ berichtete u.a. davon, dass es deutlich günstiger ist, eine Open Bank neu zu gründen, als eine traditionelle Bank. Die Open Bank sei schon qua Setup viel effizienter als herkömmliche, geschlossene Systeme. Der Vortrag war inhaltlich enorm spannend, die vollbepackten “Berater-Slides” zeigten aber klar, dass auch Unternehmensberatungen noch viel in Sachen UX lernen können. PwC empfahl auch die dazu passende Studie, die es hier zum herunterladen gibt.
Nach der Mittagspause mit Hamburger waren die Anwälte vom zweiten Hauptsponsor Linklaters auf der Bühne. In der gebotenen Kürze beleuchteten sie die verschiedenen Möglichkeiten zur Kooperation von Banken und FinTechs aus rechtlicher Sicht. Was ist ein Kooperationsvertrag und wo lauern Fallstricke? Wie kann ich mein Startup finanzieren und welchen Einfluss hat die Finanzierungsart? Wie geht eigentlich ein Joint Venture und was ist schließlich bei einer harten Beteiligung zu beachten? Viele Fragen, auf die die Spezialisten von Linklaters eine Antwort haben. Nur beim Thema Technik waren die Anwälte hilflos: einmal falsch geklickt, schon mussten die anwesenden Techies helfen, um die Präsentation wieder richtig sichtbar zu machen.
Mit Speed-Networking in die Vernetzung kommen
Der letzte große Part des Tages stand dann ganz im Zeichen der Vernetzung. An zehn verschiedenen Stationen konnten sich im Wechsel (zwei je Station) insgesamt 20 FinTechs präsentieren. In vorher zugeteilten Kleingruppen wechselten die Teilnehmer im Viertelstundentakt an die einzelnen Stationen und lernen jeweils ein FinTech genauer kennen. Allerdings hatte jeder Teilnehmer nur jeweils sechs der zwanzig FinTechs auf seinem Laufzettel.
Auf der Speed-Networking-Tour konnten die Teilnehmer zum Beispiel figo fragen, was ihre API eigentlich von HBCI unterscheidet und warum sie besser ist (u.a. weil sie europaweit einheitlich ist). Oder erfahren, dass der Robo Advisor TrueWealth nur gegründet wurde, weil sein Gründer mit der Beratungsleistung seiner Bank in der Vermögensverwaltung unzufrieden war. Sumup zeigte sein neuestes Modell, das endlich auch NFC-Zahlungen ermöglicht.
P2P-Payment-Anbieter Cringle hatte die Gelegenheit, mich von seinen Vorzügen gegenüber der Konkurrenz von Cookies (kein Geschäftsmodell), PayPal (Geld bleibt in der Wallet) oder Geldbote (nur für Sparkassen und Volksbankkunden) zu überzeugen. niiio (ehem. DSER) zeigte neue Ideen für eine verbesserte Art von Transaktionsabwicklungen per Blockchain und die armen Jungs und Mädels von Companisto versuchten alles, meine schlechten Erfahrungen auf Ihrer Plattform (3 von 4 Testinvestments endeten als Totalausfall) vergessen zu machen.
Veranstaltungsformat macht Lust auf mehr
Damit endete ein langer und wirklich mehrwertiger Tag bei Currywurst und Bier. Die verschiedenen Formate haben für viel Abwechslung gesorgt und keine Langeweile aufkommen lassen. Das macht Lust auf mehr, daher heißt es hoffentlich bald wieder: ‘Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!’Tobias Baumgarten
Update: Der Veranstalter stellte uns noch einen Link zur Galerie und die Präsentationen zu Verfügung.
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