ARCHIV18. Juli 2023

Zieht Payback die Sparkassen über den Tisch?

Zieht Payback die Sparkassen über den Tisch?
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Wie viel Zentralisierung verträgt das Regionalprinzip der Sparkassen? Die geplante Kooperation der Sparkassen-Organisation mit Payback spaltet die Sparkassen-Welt. Für Kritik sorgt auch die strikte Geheimhaltung des Stands der Verhandlungen.

von Anja Kühner, Journalistin

Die Verhandlungen der Sparkassen mit Payback (Website) scheinen auf der Zielgeraden zu sein. Wie im September 2022 bekannt wurde, verhandelt die S-Markt & Mehrwert, der Anbieter von medialen Kundenservices und Mehrwertleistungen in der Sparkassen-Finanzgruppe, Tochter des Deutschen Sparkassen Verlags (DSV) und der Deutschen Assistance Versicherung, mit dem Bonusprogramm-Anbieter.

Künftig sollen bei jedem Bezahlvorgang mit der Sparkassen-Card oder der Sparkassen-App automatisch Punkte für das kundenstärkste deutsche Bonus-Programm gesammelt werden. Eine separate Payback-Karte wäre dann nicht mehr nötig. Damit soll die Attraktivität eines Girokontos bei den Sparkassen gesteigert werden. Denn unter anderem hohe Kontoführungsgebühren machen ein Girokonto bei den roten Banken für viele Kunden unattraktiv.

Autorin Anja Küner
Anja Kühner ist freie Journalistin in Düsseldorf. Sie schreibt schwerpunktmäßig über die Finanzbranche, KI und Cybercrime sind ihre Steckenpferde. Für einen Artikel über Banking-Vergleichsplattfomen wurde sie als Fachjournalistin des Jahres 2014 ausgezeichnet.
Diese Verhandlungen hätten wohl bereits im Frühjahr abgeschlossen werden sollen. Der Anfang des Jahres angekündigte Ausstieg der Supermarktkette Rewe aus dem Payback-Programm zu Ende 2024 verlängerte wohl die Verhandlungen. Mit dem Vorgang vertraute Personen erwarten einen Abschluss des Kooperationsvertrags nun noch im Sommer zwischen zweiter Julihälfte bis September.

Strengste Verschwiegenheit

Verhandelt wird hinter verschlossenen Türen und unter höchster Geheimhaltung, was für Unmut im Sparkassenlager sorgt. Die strengen Verschwiegenheitsverpflichtungen (NDAs) führen dazu, dass nur ein enger Kreis im Sparkassenlager über den Stand der Verhandlungen und die Details des Abkommens Bescheid weiß. Von offener Kommunikation keine Spur.

Immerhin bestätigt die Pressestelle der DSV-Gruppe:

Unser Tochterunternehmen S-Markt & Mehrwert hat mit dem Bonusprogramm PAYBACK einen Letter of Intent (LOI) für eine Partnerschaft geschlossen.”

“Wie diese konkret ausgestaltet sein wird, welche gemeinsamen Produkte es geben wird und wann sie startet“, dazu wolle man sich jedoch noch nicht äußern.

Sparkasse werden wohl Millionensumme zahlen

Seit Jahren sprechen Geldinstitute von ihrem „Datenschatz, den es zu heben gilt“ und der gemeinhin in der Branche als Basis für eine künftige Monetarisierung gilt. Deshalb sorgt für Irritationen, dass die Sparkassen angeblich eine durchaus erkleckliche Summe für die gesteigerte Attraktivität der Girocard zahlen wollen, statt Geld für ihre Kundendaten zu erhalten.

Gerüchten zufolge handelt es sich um Summen zwischen 30 und 95 Millionen Euro auf drei Jahre.

Nicht nur ein Brancheninsider fragt sich, weshalb der Zahlungsfluss nicht in die andere Richtung geht. Denn Payback profitiere enorm von den Kundendaten und der Reichweite der Sparkassen.

Regionalprinzip versus deutschlandweite Angebote

Deutliches Unverständnis wird hinter verschlossenen Türen über eine „Geringschätzung des Regionalprinzips“ geäußert. „Wie soll ein Firmenkundenberater dem lokalen Optiker glaubhaft zur Seite stehen, wenn die Gruppe gleichzeitig über Payback die Optikerkette Apollo unterstütze?“, heißt es beispielsweise. Bereits bestehende und von einigen Sparkassen in den vergangenen Jahren mit viel Energie aufgebaute lokale oder regionale Einzelhandels-Netzwerke würden durch die Payback-Kooperation konterkariert.

Nicht alle Sparkassen von Vorteilen überzeugt

Unter vorgehaltener Hand heißt es, im Sparkassenlager rechne man damit, dass zum Start etwa ein Drittel aller Sparkassen mitmacht. In drei Jahren sollten dann alle Sparkassen dabei sein. Doch etliche Institute sind nicht von der Kooperation überzeugt. Eine sehr große Sparkasse aus Norddeutschland nimmt nicht teil. Ebenso sieht sich auch eine Kreissparkasse aus Süddeutschland „auf absehbare Zeit von dem Thema nicht betroffen“. Es fehle die Motivation zur Teilnahme. Man sehe aber „keine konkreten Nachteile in einer Kooperation zwischen Payback und anderen Sparkassen und Instituten“.

Kooperation mit Geschmäckle

Zusätzlich ist die Kooperation mit einem Geschmäckle behaftet. André Pallinger, Sprecher der Geschäftsführung von S-Markt & Mehrwert, war bis 2020 noch für Payback tätig. Bei der Tochter des US-Kreditkartenkonzerns American Express war er ab 2014 für das strategische Partnermanagement für die an Payback teilnehmenden Unternehmen, die Entwicklung der Payback-App und die digitale Transformation des Angebotsportfolios verantwortlich. Und nun ist er federführender Verhandlungspartner auf Sparkassenseite.Anja Kühner, Journalistin

Update 19.7. 10:00 Uhr: Die erwähnten Sparkassen wurden auf deren Wunsch anonymisiert.

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