STRATEGIE10. Juli 2025

Payment: “Was ist, wenn Bezahlen keine bewusste Willensentscheidung mehr ist?”

Schwerpunkt: Transaktionen der Zukunft
Henning Brandt, Chief Communication Officer bei Computop, thematisiert die Zukunft der Transaktionen. Er stellt die Frage, inwiefern bargeldlose und walletbasierte Zahlungen die bewusste Willensentscheidung beim Bezahlen beeinflussen.
Henning Brandt, CCO ComputopComputop

Bargeldlos? Kartenlos? Nur in Wallets? Wie sieht die Transaktion der Zukunft aus? Henning Brandt von Computop hat sich darüber Gedanken gemacht und meint: Noch interessanter ist die Frage: Wer löst die Transaktion der Zukunft aus?

von Dunja Koelwel

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat im Dezember 2024 die Ergebnisse der jüngsten Studie zum Zahlungsverhalten der Verbraucher im Euroraum (SPACE) veröffentlicht. Trotz des anhaltenden Trends zur Nutzung digitaler Zahlungsinstrumente wurde 2024 weiterhin ein erheblicher Teil der Zahlungen in bar abgewickelt. Doch der Blick auf die Anzahl der Transaktionen zeigt, dass der Anteil der Barzahlungen im stationären Handel abnimmt, er lag 2024 bei 52 Prozent und bei 59 Prozent im Jahr 2022.

Herr Brandt, wird die Zukunft also bargeldlos?

Wir stellen schon heute fest, dass Zahlungen zunehmend digital sind. Für den Menschen bedeutet dies, dass physisches Geld – also Bargeld – zunehmend verschwinden wird. Bezahlt wird in Zukunft ganz überwiegend mit Handy, Smart Watch oder anderen Gadgets.

Die Diskussion um Bargeld gibt es schon lange. Der Gründer von Computop ist mit einer Schwedin verheiratet und dort lässt sich gut beobachten, wie und warum Bargeld immer mehr an Bedeutung verliert.

Schweden ist eine innovationsfreundliche Gesellschaft, will sagen: es besteht eine Offenheit gegenüber Zahlungsanbietern. Auch die Banken dort kooperieren besser als hierzulande.”

Das ist schon mal eine gute Basis. Zum anderen ist Schweden dünn besiedelt. Der Weg zum Geldautomaten ist weit, die Bargeldlogistik aufwändig und teuer – Bargeld benötigt man eigentlich nicht. Das ist der typische Weg, wie Bargeld peu à peu aus der Gesellschaft verwindet: Nicht auf Druck von oben, sondern wenn es sich auch ohne Bargeld komfortabel leben lässt und man Vertrauen ineinander hat.

Aber inzwischen gibt es in Schweden auch eine Gegenbewegung, die dazu auffordert, in Krisenzeiten auch eine genügend große Bargeldmenge vorliegen zu haben: Was tun, wenn ein Stromausfall die ATMs lahm legt?

Das führt dazu, dass die Zentralbank sagt: Wir wollen beides – Bargeld und digitales Geld.”

Nochmals zur EZB-Studie zur Zukunft des Zahlungsverkehrs: Gemessen am Wert der Transaktionen sind Kartenzahlungen das vorherrschende Zahlungsmittel (45 % 2022, 46 % 2024). Noch werden auch bei Online-Zahlungen am häufigsten Karten eingesetzt (48 % der Transaktionen), gefolgt von anderen elektronischen Zahlungsmitteln wie digitalen Wallets und mobilen Apps, auf die insgesamt 29 % der Transaktionen entfallen. Wird die Zukunft kartenlos?

Physische Karten werden zunehmend verschwinden, denn es ist zunehmend einfacher geworden, auf Karten zu verzichten – man denke nur an das aktuelle Angebot von Paypal, mit einer virtuellen Karte auch im stationären Handel zu bezahlen. Manche Neobanken verzichten bereits komplett auf physische Karten und stellen diese nur auf Nachfrage bereit.

Bei der kartenlosen Zukunft werden wir vor allem auf Wallets setzen, denn Wearables sind ein bisschen unpraktisch, etwa mit Blick auf die Zwei-Faktor-Authentifizierung. Deswegen landen wir meistens beim Smartphone als kartenloses Zahlungsmittel.

Henning Brandt, Computop
Henning Brandt, CCO bei Computop, wird abgebildet. Er hat umfangreiche Erfahrung im Bereich Kommunikation und beschäftigt sich mit Themen wie bargeldlosen Zahlungen und Transaktionen.Henning Brandt ist CCO Chief Communication Officer bei Computop (Website). Brandt ist bereits seit 2015 bei Computop beschäftigt. Nach zwei Jahren im Marketing war er bis 2024 als Head of Communication für die interne und externe Unternehmenskommunikation verantwortlich und hat das Unternehmen bei nationalen und internationalen Veranstaltungen vertreten, seit 2024 agiert er als COO.

Beim sogenannten „war of wallets“ denke ich, dass sich die erfolgreichen Wallets auf weniger als eine Handvoll beschränken werden. Darunter sicherlich Wero, die EPI-Initiative. Ursprünglich war angedacht, dass Wero nationale Zahlarten ablösen soll. Aber mittlerweile hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man eher mit lokalen Anbietern zusammenarbeiten sollte, denn es würde Jahre dauern, Konsumenten zu bewegen, auf eine neue Lösung umzusteigen. Nun setzt man auf Interoperabilität und kooperiert mit den bekannten lokalen Angeboten. Ich halte das für einen vernünftigen und pragmatischen Ansatz.

DLT / Blockchain – werden künftige Transaktionen hierauf laufen?

Ich denke eher weniger. Der E-Euro wird auf dem SEPA Inst Scheme laufen, das ist bereits bekannt. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass DLT hier keine Rolle spielen wird und ich sehe bei der Blockchain auch nicht unbedingt Vorteile für Transaktionen der Zukunft im Zahlungsverkehr. Der Vorteil von Blockchain liegt für mich eher in anderen Bereichen wie Smart Contracts.

Die Transaktionen der Zukunft – die Spannweite bleibt?

Die Spannweite wird weiter groß bleiben, denn alles steht und fällt mit den Vorlieben der Menschen, und die sind sehr unterschiedlich. Spannender finde ich eher die Frage: Wer löst die Transaktion der Zukunft aus? Seit etwa fünf Jahren spricht man von automatisiertem Bezahlen.

Was ist, wenn Bezahlen keine bewusste Willensentscheidung mehr ist?”

Was derzeit noch eher im Bereich B2B passiert – etwa bei Pay-as-you-Use – wird bald auch im Bereich B2C auftauchen. Daran muss sich nicht nur die Technologie anpassen, sondern auch die Regulatorik mit Bezug auf die Abgabe der Willenserklärung und der Authentifizierung.

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Konsumenten setzen künftig möglicherweise KI-Agenten ein, um eine bestimmte Ware oder Dienstleistung zu einem Bestpreis – egal wann, egal wo – zu kaufen und der KI-Agent darf dann auch die Zahlung dazu auslösen. Auch das ergibt ganz neue Herausforderungen, die nicht nur im Zahlungsverkehr liegen.

Online-Händler müssen ihre Seiten künftig so gestalten, dass KI-Agenten Informationen ziehen können. Wer hier optimale Zugänglichkeit ermöglicht – vielleicht durch eigene KI-Agenten auf Anbieterseite –, wird bevorzugt werden. Der Ball lässt sich aber noch weiter rollen: SEO-Optimierung, seit Jahren ein so relevantes Thema, muss für die KI angepasst werden. Darum sprechen wir jetzt schon von GEO – Generative Engine Optimization.

Der Blick in die Zukunft einer Transaktion im Zahlungsverkehr kommt daher aus meiner Sicht nicht ohne die Frage aus: wer kauft künftig eigentlich ein? Man muss allerdings auch so ehrlich sein zu sagen: all diese Projektionen basieren auf der Annahme, dass sich die Welt in den gewohnten Bahnen weiterbewegt. Es kann aber auch ganz anders kommen, und dann haben wir dringendere Themen als die UX eines neuen Wallets.

Herr Brandt, vielen Dank für das Gespräch.dk

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