EU-Geldwäsche-Richtlinie: Startups fordern Augenmaß in der Finanzmarktregulierung
Kundenzentrierte Dienstleistungen und agile Geschäftsmodelle sind entscheidend, um zukünftig im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Das gilt auch für die deutsche Finanz- und Versicherungswirtschaft. Hier plant der europäische Gesetzgeber eine Änderung im Geldwäschegesetz (GwG) und Kreditwesengesetz (KWG), die das präventive System von Geldwäschepraktiken und Terrorismusbekämpfung verbessern soll. Derzeit gibt es einen Referentenenturf zur Änderungsrichtlinie. Die betroffenen Plattformen im Startup-Verband sehen dem Inkrafttreten der 4. EU-Geldwäscherichtlinie indes mit Sorge entgegen – und die Startups beziehen klar Stellung gegen den Entwurf.
Grund hierfür sind die geplanten Anpassungen eines zusätzlichen Identifikationsverfahrens und die Erweiterung des Verpflichtetenkreises auf Anbieter von elektronischen Geldbörsen (Wallets). Neben der Belastung auf Kundenseite droht Startups im Vergleich zu etablierten Marktteilnehmern im Rahmen der zusätzlich durchzuführenden Identifikationsverfahren ein erheblicher Mehraufwand. Anbieter von elektronischen Geldbörsen, die eine Blockchain-Infrastruktur anbieten, sehen bei einer generalisierenden Regulierung ihr Geschäftsmodell in Frage gestellt, weil ja gerade die Blockchain diese Aufgabe übernehmen soll.Solche legislativen Maßnahmen können den digitalen und globalen Erfolg deutscher Unternehmen schwächen und den Arbeitsmarkt nachhaltig belasten. Die FinTech- und InsurTech-Startups des Startup-Verbands fordern daher innovationsfreundlichere politische Rahmenbedingungen im Umgang mit Startups und sprechen sich für eine Anpassung des vorliegenden Referentenentwurfs aus.
Video-Ident: Keine Lösung, die für 24/7 passt
„Insurtechs richten sich mit ihren Geschäftsmodellen radikal am Kunden aus und nutzen dafür sinnvolle Technologien und Prozesse. Die digitale Umsetzung von einigen Versicherungsprodukten und deren Kundenfreundlichkeit werden jedoch massiv durch regulatorische Hürden beschränkt“, erklärt Tim Fabian Besser, Gründer der Novasurance SE und Sprecher der InsurTech-Plattform im Startup-Verband.. So entsprächen beispielsweise die aktuell gesetzlich geforderten Video-Identifikationsverfahren nicht dem digitalen Nutzungsverhalten und behindern neue Geschäftsmodelle
Video-Ident steht nicht, wie im Internet sonst üblich, 24/7 zur Verfügung, ist auch für kleine Beträge einzusetzen, ist technologisch nicht ausgereift, führt zu relevanten Abbruchraten und ist außerdem für den Anbieter kostenintensiv. Hier müssen andere Verfahren erlaubt und gefördert werden, die deutlich kunden- und prozessfreundlicher sind.“
Tim Fabian Besser, Gründer Novasurance und Sprecher der InsurTech-Plattform im Startup-Verband
Marc Roberts, General Counsel von Raisin / WeltSparen ist sich darüber bewusst, dass die rechtssichere und praktikable digitale Identifikation ein Kernthema für viele Fintechs mit Europa als Heimatmarkt darstellt. Das Geldwäscherecht als Grundlage spiele dabei eine wesentliche Rolle in der Praxis, um Missbrauch zu verhindern. Der aktuelle Referentenentwurf greife zwar im Ansatz nachvollziehbare Punkte auf, um eine Umgehung zu vermeiden, er gehe aber weit über das Ziel hinaus.
Der vorgeschlagene Entwurf benachteiligt nicht etablierte Anbieter und Kooperationen im Open-Banking-Bereich, die auf lizensierte Drittanbieter für die Identifikation und Geldwäscheprüfung von Kunden beruhen, denn darauf basieren viele Partnerschaften – zwischen Fintechs sowie zwischen Banken und Fintechs. Gerade hier sollte mit Augenmaß reguliert werden, um Innovationen nicht zu verhindern. Andernfalls müssen sich beispielsweise Kunden sich bei jedem Anbieter einzeln identifizieren – das ist heute weder zeitgemäß noch nutzerfreundlich.“
Marc Roberts, General Counsel von Raisin / Weltsparentw
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/90883
Schreiben Sie einen Kommentar