“Wenn wir Payment transparent und einfach erklären, wird es der Kunde auch gerne nutzen”
Die Volks- und Raiffeisenbanken haben ein Problem: Sie haben moderne, oft sogar innovative Produkte – aber sprechen (zu) wenig drüber. Ein ‘Understatement’, das im Wettbewerb nicht angebracht ist. VR Payment (ehem. CardProcess) treibt die Modernisierung des Zahlungsverkehrs am POS voran und will nun die Banker zu mehr Payment-Kommunikation ermuntern. Wir haben mit Carlos Gómez-Sáez (Vorsitzender GF VR Payment) über POS-Lösungen, Payment-Silos und moderne IT-Kommunikation gesprochen.
Herr Gómez, Sie wollen, dass Payment besser kommuniziert wird. Stichwort: #PaymentPower-Kampagne. Was war der Auslöser?
Den einen Auslöser gab es da nicht. Vielmehr gab es hier eine klare strategische Entscheidung.Der Markt des Zahlungsverkehrs am POS ist hoch attraktiv und er entwickelt sich seit einigen Jahren sehr dynamisch fort. Er ist auch ein wichtiger Ertragsbringer im Provisionsgeschäft der Volksbanken Raiffeisenbanken.”
Das ist der Hintergrund, warum sich die genossenschaftliche FinanzGruppe als einzige Gruppe der deutschen Kreditwirtschaft dazu entschlossen hat, das Payment – also das Zahlungsmanagement am POS – in der eigenen Governance zu behalten und zu stärken. Folge dieser strategischen Entscheidung war die Repositionierung von CardProcess zur VR Payment. Denn wer sich in diesem Markt behaupten will, muss dieses Geschäft mit einem klaren Fokus, mit unternehmerischem Spirit und mit Willen zum Wachstum betreiben. Das ist unser Auftrag und bei der Umsetzung dieses Auftrages spielt natürlich auch die Kommunikation eine wichtige Rolle.
Was wollen Sie mit der neuen Kampagne zeigen und an wen richten Sie sich damit?
Wir richten uns in erster Linie an Handels- und Dienstleistungsunternehmen und hier an die Kernzielgruppe der Volksbanken Raiffeisenbanken, den deutschen Mittelstand. Gleichzeitig adressieren wir damit aber auch die entsprechenden Berater auf der Institutsseite und motivieren sie, das genossenschaftliche Payment aktiv an ihre Geschäftskunden heranzutragen. Wir wissen, dass über die Hälfte der mittelständischen Handels- und Dienstleistungsunternehmen – dazu zählen auch Handwerker und Kleingewerbetreibende wie Marktbeschicker und Kioskbesitzer – ihren Kunden noch keine bargeldlosen Bezahlmöglichkeiten anbieten.”
Gleichzeitig kommt durch das Mobile Payment gerade ein ungeheurer Nachfrageschub nach bargeldlosem Bezahlen in den Markt. Die Unternehmen müssen darauf reagieren.”
Wir zeigen ihnen mit unserer Kampagne, wie sie das können und wie einfach und lukrativ es für sie ist, den Kundenservice zu erhöhen. Und wir machen das nicht mit der x-ten Hochglanz-Werbekampagne, sondern indem wir ihre Sprache sprechen und die Dinge einfach machen. Wenn wir Payment transparent erklären, wird es der Kunde auch gerne nutzen.
Welche neuen technischen Lösungen haben Sie für Ihre Kunden?
Wir arbeiten beständig an neuen Lösungen für die angesprochene Zielgruppe. Vor wenigen Wochen haben wir beispielsweise mit VR-pay:Me eine speziell für den deutschen Markt entwickelte Bezahl-App für Händler gelauncht. Der entscheidende Vorteil der neuen Lösung: VR-pay:Me basiert auf der in Deutschland meistgenutzten Bezahlkarte „Girocard“.
Mit der App können Händler und Dienstleister also die 110 Millionen Girocards in Deutschland über das inländische Girocard-System per Smartphone akzeptieren.”
Selbstverständlich werden Maestro und V Pay ebenso unterstützt wie Kreditkarten und Smartphone-Dienste wie Apple Pay und Google Pay. Darüber hinaus arbeiten wir vor allem an dreiseitigen Marktmodellen – also an Lösungen, bei denen wir den Vorteil des großen Netzwerks der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken richtig hebeln können.
Was ist Ihre Value Proposition gegenüber den genossenschaftlichen Instituten einerseits und den Handels- und Dienstleistungsunternehmen auf der anderen Seite?
Gegenüber den Instituten haben wir ein sehr klares Leistungsversprechen: „Wir sind einer eurer Ertragsbringer.“ Von jedem POS-Payment, das über die Volksbanken Raiffeisenbanken läuft, profitieren die Institute direkt und auch indirekt. Deshalb müssen wir jede Chance nutzen, die Unternehmen, die bereits Kunde einer Volksbank oder Raiffeisenbank sind, auch beim Payment in das genossenschaftliche Ökosystem zu holen. Von uns erhalten die Institute dabei jede Unterstützung: Von der Kundenansprache über die Beratung bis hin zum After Sales Service. Diese Vorteile kann ihnen kein anderer Payment Service Provider bieten.
Gegenüber den Handels- und Dienstleistungsunternehmen ist unsere Value Proposition eindeutig die Kundennähe und das Ökosystem der genossenschaftlichen FinanzGruppe.
Payment selbst ist keine Rocket Science. Aber mit der Fähigkeit, maßgeschneiderte Produkte für eine bestimmte Zielgruppe zu entwickeln, weil man diese Zielgruppe genau kennt und sie ganzheitlich betrachten kann, damit lassen sich Mehrwerte für diese Kunden schaffen.”
In diesem Sinne verstehen wir uns auch als eine Art „Facilitator“ der Gruppe gegenüber den Kunden. Wir bringen deren Leistungen an den POS. Wir tun dies heute bereits in der Konsumentenfinanzierung mit der TeamBank oder im Versicherungsgeschäft mit der R+V.
Die Payment-Technologie ist traditionell eine Silotechnologie; Kredit, Debit und andere Bezahlverfahren haben jeweils eigene Abwicklungssysteme und -prozesse. Ist das noch zeitgemäß?
Das ist eine schwierige Frage, weil hier viele Überlegungen zusammenkommen. Ja, die Service Provider, die schon lange im Markt sind, arbeiten üblicherweise auf reifen technologischen Kartenverarbeitungssystemen. Diese „Legacy“-Systeme haben aber den großen Vorteil, dass sie in der Regel abgeschrieben sind und zu Grenzkosten produzieren. Wie gesagt, Payment ist keine Rocket Science und diese Systeme beherrschen die Abwicklung für ihre jeweiligen Bezahlverfahren wunderbar. Die Grenzen werden dann spürbar, wenn es zum Thema der ganzheitlichen Kundenbetrachtung und – darauf aufbauend – der Ausweitung der Dienstleistung und des Services kommt. Diesen Wandel erleben wir derzeit mit und hier müssen alle Marktteilnehmer ihre Position neu definieren und ihren technologischen Entwicklungspfad festlegen. Das tun wir auch.
Wie sehen Sie die Entwicklung von Instant Payment am POS und wie sind Sie darauf vorbereitet? Braucht der POS überhaupt Instant Payment oder würde dem Händler nicht eine Zahlungsgarantie genügen?
Instant Payment ist zweifellos ein Bezahlverfahren mit Zukunft. Ob der Markt Instant Payments braucht und aktiv nutzen wird, hängt davon ab, ob daraus attraktive Produkte entstehen, die einen echten Mehrwert für Privat- und Geschäftskunden schaffen. Allerdings sind hier noch einige Fragen offen. Das beginnt bereits damit, wie das Verfahren positioniert werden soll.
Die einen möchten daraus die Basis für ein Zahlverfahren machen, das den amerikanisch dominierten Lösungen eine europäische Lösung entgegensetzt. Die anderen sehen darin noch ein Premium-Produkt, das auch einen Premium-Preis rechtfertigt. Beides zusammen wird nicht gehen.”
Am POS kann Instant Payment eine Rolle spielen, wenn es darum geht, dass der Händler einerseits die Sicherheit haben muss, dass das Geld auf seinem Konto ist, bevor er die Ware oder Dienstleistung rausgibt, und der Käufer andererseits diese Ware oder Dienstleistung sofort braucht. Sind wir darauf vorbereitet? Ja. Denn auch in diesem Verfahren muss bis auf weiteres jemand die Zahlungsgarantie übernehmen. Instant Payments laufen über den neuen Sofortzahlungsdienst „Target Instant Payment Settlement“ (TIPS) der Europäischen Zentralbank (EZB). Das Geld ist zwar buchmäßig sofort auf dem Konto des Verkäufers, das Settlement findet aber nach wie vor im Batch-Betrieb und über Nacht statt. Für diese Differenz muss jemand das Delkredere übernehmen. Und das sind wir.
Blicken wir 10 Jahre in die Zukunft. Wie könnte Ihrer Meinung nach die Payment-Zukunft aussehen?
Anders als heute. Zum einen wird sich die Konsolidierung im Payment-Markt fortsetzen. Allerdings glaube ich nicht, dass alle, die sich derzeit daran beteiligen, am Ende auf ihre Kosten kommen werden. Es werden nur die überleben, die die Kundenschnittstelle ganzheitlich mit Mehrwerten unterstützen und die dafür erforderliche Plattformstrategie für eine kanalübergreifende Verarbeitung von Payments und Services erfolgreich umsetzen.
Auf der Marktseite werden wir in Deutschland – was das bargeldlose Bezahlen angeht – an die anderen Länder anschließen. Ich denke, dass wir hier den „Tipping“ Point bei Mobile erreicht haben.”
Und zum dritten glaube ich fest daran, dass es der europäischen Kreditwirtschaft gelingen wird, eine eigene starke Position im Payment aufzubauen und bin daher froh, dass wir nach wie vor Teil der Kreditwirtschaft sind.
Herr Gómez, vielen herzlichen Dank für das Gespräch!aj
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/95913
Schreiben Sie einen Kommentar