Abheben per Smartphone am Geldautomaten: Volksbanken kündigen ab, Sparkassen führen ein
Die Volks- und Raiffeisenbanken haben heimlich, still und leise die Funktion VR Mobile Cash zum kartenlosen Abheben von Geld am Geldautomaten aufs Abstellgleis geschoben. Das ist umso erstaunlicher angesichts der Tatsache, dass die Sparkassen gerade ein solches Produkt im Rahmen der App Mobiles Bezahlen an den Start bringen. Wer hat jetzt Recht? Das ist einerseits eine technische Frage, andererseits aber auch eine, die nicht ohne das Hinterfragen der deutschen Bargeldliebe zu beantworten ist.
Zugegebenermaßen war der Workflow alles andere als einfach, wenn man sich die Anleitung betrachtet – und so dürften viele Kunden das Abheben von Geld am Geldautomaten ohne Zuhilfenahme der Karte gar nicht gekannt haben. Jetzt haben die Volks- und Raiffeisenbanken den Kunden, die es in der Vergangenheit genutzt haben, die Einstellung des Dienstes VR Mobile Cash zum 31. März angekündigt – wegen zu geringer Nutzung.In dem Schreiben an die Kunden heißt es:
In der Vergangenheit konnten Sie mit Ihrem Smartphone per VR Mobile Cash am Geldautomaten Bargeld abheben. Diese Variante der Bargeldauszahlung stand bundesweit allen Kunden von Volksbanken und Raiffeisenbanken zur Verfügung. Leider wird VR Mobile Cash aufgrund der geringen Nutzung zum 31.03.2022 bei allen Banken eingestellt.“
Aus einer Mitteilung der Volks- und Raiffeisenbanken
Volksbanken haken es ab, Sparkassen fangen damit dafür an
Unterdessen schätzen offenbar die Banken und Sparkassen das Thema komplett anders ein. Denn hier wird derzeit unter Verwendung der Girocard im Smartphone via NFC über Mobiles Bezahlen, bzw. die Wallet App (Android, bzw. iOS) das Smartphone freigegeben (etwa über die Gesichtserkennung, den Gerätecode oder per Fingerabdruckfreigabe). Das Gerät wird ans NFC-Lesegerät oder an den Geldautomaten gehalten und die dazugehörige PIN am Geldautomaten eingegeben. Daraufhin erfolgt – ganz ohne Verwendung der Karte – die Auszahlung.
All das geht natürlich nur an Automaten, die entsprechende NFC-Funktionalitäten unterstützen und nur für solche Transaktionen, die keine bidirektionalen Kommunikation erfordern, also bei denen kein Rückschreiben auf den Chip erforderlich ist. NFC-fähige Geldautomaten sind etwa bei vielen Sparkassen in der Vergangenheit bereits aufgestellt worden, allerdings offenbar in vielen Fällen ohne jene NFC-Funktionalität auch zu aktivieren. Das dürfte sich aber softwareseitig leicht nachholen lassen, wie aus Kreisen der Finanzinformatik zu erfahren ist.
Alternative Lösungen im Retail
Davon abgesehen ist das Abheben von Geld ohnehin nicht mehr nur am Geldautomaten möglich, anders als zu Zeiten, zu denen man über die VR-Lösung nachgedacht hat. Ziel der Sparkassen und einiger anderer Institute, die über ähnliche Lösungen nachdenken, ist aber, möglichst viele Use Cases anzubieten, die gegebenenfalls auch ohne die physische Girocard oder Debitcard auskommen. N26 etwa bietet mit N26 Cash eine Lösung auf Basis von QR-Codes an, bei der man einen entsprechenden Code generiert, der – gegen Bargeldauszahlung – in verschiedenen Geschäften verbucht und ausgezahlt wird.
Insgesamt zeigen all diese Cases aber eines auf: Deutschland bleibt auch angesichts von zahlreichen Händlern, die aus verschiedenen nachvollziehbaren oder eher ehrenrührigen Gründen gerne mit Bargeld hantieren, ein Bargeldland, in dem es auch für Otto Normalverbraucher in den nächsten Jahren nicht bargeldlos gehen wird.tw
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