Cofinpro-Verbraucherstudie: Vertrauensvorschuss der Banken schwindet – PayPal schlägt Bankfiliale
Diese repräsentative Studie wird Banken schmerzen: Erstmals schlägt PayPal die Banken in puncto Vertrauen. Sind also “Digitale Ökosysteme” nun Hype oder Heilsbringer für Banken? Cofinpro hat 2.000 Bundesbürger bevölkerungsrepräsentativ befragt. Das Ergebnis des “FinWeb Barometer: Digitales Banking 2018” könnte kaum eindeutiger sein.
Mehr als 75 Prozent aller Befragten finden eine digitale Banken-Plattform attraktiv oder sogar sehr attraktiv. Selbst bei den über 50-Jährigen liegt die Zustimmungsquote bei 73 Prozent. Auch das Bildungsniveau macht keinen Unterschied: Bei Befragten sowohl mit als auch ohne Hochschulabschluss steht die Plattform gleichermaßen hoch im Kurs.Das Ergebnis ist mehr als eindeutig, erstaunt aber nicht. Denn für die Verbraucher sind digitale Plattformen längst etwas Vertrautes geworden. Sie shoppen regelmäßig bei Amazon oder Ebay, kennen die Vorteile und schätzen die Bequemlichkeit.“
Christine Martin, Vorstand Cofinpro
Alles übersichtlich auf einen Klick
Doch was muss eine Plattform bieten, damit sie für die Kunden attraktiv ist? Für 45 Prozent der Befragten ist die Bündelung aller Konten an einem Ort von zentraler Bedeutung. Ob Girokonto, Kreditkarte, Bausparkassenvertrag oder PayPal – alles muss zusammen sichtbar sein.
Zudem wünschen sich 39 Prozent eine Übersicht zu Verträgen und laufenden Kosten, zum Beispiel für Strom, Telefon oder Gas. Erstellen können Banken solche Übersichten seit Januar 2018 einfacher denn je: Im Rahmen von PSD2 können sie – das Einverständnis des Kontoinhabers vorausgesetzt – auf sämtliche Kontobewegungen zugreifen und entsprechende Abbuchungen identifizieren. Daraus lassen sich die Übersichten vollautomatisch erstellen. Der Bank bietet dies die Möglichkeit, dem Kunden (Gegen-)Angebote zu machen, für die sie als Vermittlerin eine Provision des jeweiligen Anbieters erhält.
Mit solchen Leistungen können die Banken ihre Kunden durchaus fesseln, also zu häufigen Besuchen animieren. Wer damit als erstes aufwartet, hat große Vorteile gegenüber Nachzüglern, denn: Kunden werden sich nur für eine einzige Plattform entscheiden. Nachzügler laufen deshalb Gefahr, den direkten Kontakt zum Kunden zu verlieren.“
Christine Martin, Vorstand Cofinpro
Junge Akademiker bieten Banken Chancen
Weit oben auf der Wunschliste für Angebote auf digitalen Banken-Plattformen steht zudem die eindeutige Identifizierung durch digitale Identität. Besonders stark unter den Nägeln brennt dieses Thema den 50- bis 65-Jährigen: Bei ihnen landet es sogar auf Platz 2. Auch ein digitaler Safe für Nachlässe, Vorsorgevollmacht und andere Dokumente kommt in dieser Gruppe gut an.
Junge Akademiker zeigen ein größeres Interesse an typischen Finanzprodukten als andere Bevölkerungsgruppen. Dies gilt beispielsweise für einen Geldtransfer in verschiedene Währungen (38 Prozent). Gut an kommt bei Hochschulabsolventen bis 35 Jahre zudem ein Tool, das mit einem hohen Nutzwert verbunden ist: ein Haushaltsrechner mit integriertem Budgetplaner. Gleiches gilt für eine Analyse der persönlichen Ausgaben und Optimierungsvorschläge. Da den Banken dafür alle nötigen Daten vorliegen, könnten solche Financial-Planning-Angebote leicht in die Plattform integriert werden.
Vertrauen in PayPal größer als in heimische Institute
Dass Banken mit Plattformen das Rennen um die Gunst der Kunden gewinnen werden, ist längst noch nicht ausgemacht. Zumindest bei den jungen Bundesbürgern mit Hochschulabschluss ist PayPal in punkto Vertrauen bereits ganz knapp an den etablierten Banken und Sparkassen vorbeigezogen: 62 Prozent vertrauen dem amerikanischen Bezahldienstleister, 61 Prozent heimischen Instituten. Fragt man dagegen alle Bundesbürger, genießen heimische Banken noch einen respektablen Vertrauensvorschuss: 70 zu 54 Prozent lautet die Verteilung hier.
Besonders punkten können bei den jungen Bundesbürgern mit Hochschulabschluss auch Kreditkartenanbieter wie Visa oder MasterCard (39 Prozent) sowie Amazon (27 Prozent). Keine Chance haben dagegen Facebook (12 Prozent) und Online-Vergleichsportale wie Check24, Verivox oder Smava (10 Prozent).
Klar ist mittlerweile, dass branchenfremde Tech-Konzerne Finanzprodukte nur als Vermittler anbieten. Gleichwohl würde Banken ohne eigene Plattform dadurch wertvolles Ertragspotenzial und Wahrnehmung durch den Kunden verloren gehen. Erste Institute etablieren daher eigene Plattformen, um den Kampf an der Schnittstelle zum Kunden zu gewinnen, an der es künftig durch neue Wettbewerber immer enger wird.
Der Ausblick der Cofinpro
Wer heutzutage eine Bankfiliale betritt, trifft kaum noch auf Kunden.
Gerade Retailbanken und Sparkassen brauchen einen neuen, zentralen Ort, über den sie Produkte und Dienstleistungen vorstellen und erklären können.“
Damit eine solche Plattform angenommen wird, muss sie dem Kunden Auswahl, Mehrwert und Glaubwürdigkeit bieten. Bankeigene Produkte werden dabei – auch wenn es wehtun mag – abgerundet durch viele Angebote anderer Dienstleister. Auf dieser Grundlage kann das Verhältnis zwischen Bank und Kunde auch im digitalen Zeitalter neu gedeihen.
Das aktuelle “FinWeb Barometer: Digitales Banking 2018” kann hier kostenfrei und ohne Adressangabe heruntergeladen werden.aj
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/76450
Schreiben Sie einen Kommentar