Die digitale Transformation funktioniert nicht ohne qualifiziertes Personal
In einer Studie fordert auch die Deutsche Bank: „Es muss ganzheitlich digital gedacht und reformiert werden“. Infolge des fortschreitenden digitalen Strukturwandels und der zeitgleich verschärften Anforderungen der Aufsichtsbehörden wächst der Bedarf nach qualifiziertem Personal. Tanja Apel-Mitchell, Director, Continental Europe & Middle East eFinancialCareers zur aktuellen Entwicklungen bei der Personalsuche im Finanzbereich.
von Tanja Apel-Mitchell
Die Herausforderungen an den Finanzsektor sind vielfältig. Banken müssen strengere Regulierungen als Folge der Finanzkrise umsetzen, trotz der anhaltenden Niedrigzinsphase wirtschaftlich bleiben und zeitgleich ihre Prozesse und Produkte an die neuen Anforderungen der Digitalisierung anpassen. Aktuell operiert der Großteil der Finanzinstitute noch mithilfe einer Vielzahl einzelner Insellösungen, die im Laufe der Jahre für individuelle Prozesse und Produkte implementiert wurden. Erste Umstellungen beschränken sich häufig allein auf den kundennahen Bereich. Die große Herausforderung ist es daher, eine einheitliche IT-Infrastruktur aufzubauen sowie sämtliche Prozesse und Strukturen unternehmensübergreifend zu standardisieren. Währenddessen ergänzen meist Nicht-Banken mit E-Commerce, Mobile Payment, Banking und Crowd-Investing zunehmend das Angebot an Finanzdienstleistungen und treten somit in direkten Wettbewerb mit traditionellen Banken. Finanzunternehmen müssen heute mehr denn je ihre Geschäftsmodelle an die Erfordernisse der Digitalisierung anpassen.Unsere tagtägliche Erfahrung zeigt, dass Finanzhäuser sehr fokussiert Mitarbeiter suchen, die die digitale Transformation mitgestalten. Dabei lässt sich die Nachfrage in drei Stränge unterteilen:
1. Digitalisierung / Automatisierung
Finanzdienstleiter versprechen sich von einer tiefgreifenden Automatisierung eine Effizienzsteigerung, die maßgeblich zur Wirtschaftlichkeit des Unternehmens beiträgt. Aus diesem Grund bleibt die Nachfrage nach klassischen IT-Jobs wie Entwickler, Datenbankexperten oder System-Administratoren weiterhin hoch.
Bei der aufwendigen Modernisierung der separaten und oftmals veralteten Systeme und Infrastrukturen spielen Programmiersprachen eine entscheidende Rolle. Auf Platz eins der meist gesuchten Skills bei IT-Experten im Banking liegen daher nach wie vor Java- und J2EE-Kenntnisse. Finanzunternehmen wünschen sich vor allem Entwickler, die an Ordermanagement-Systemen für verschiedene Asset-Klassen und Plattformen mit geringen Latenzzeiten mitarbeiten. Auch Business Analysten, die Prozesse im IT- und Change-Management leiten und überwachen, stehen weit oben auf der Wunschliste der Banken. Gewünscht sind Experten mit Erfahrung in der Neuausrichtung von Reporting- oder Backoffice-Funktionen. Noch vor kurzem waren Java-Kenntnisse allein vollkommen ausreichend, heute dagegen sind die Anforderungen an IT-Experten im Finanzsektor breiter gefächert.
Darüber hinaus wollen Finanzhäuser ihre Risikoanalyse-Teams mit Programmierern bereichern. Entwickler mit Kenntnissen in C# sollen Modelle für Kalkulationen im Risikomanagement entwickeln. Oftmals bietet man hier auch Fortbildungen in C++ und Python an, beides Programme, die sich zu viel gefragten Tools entwickelt haben. Auch Kenntnisse in Murex, einem Front- und Backoffice-System für den Wertpapierhandel, werden gern als Zusatzqualifizierung gesehen.
2. Compliance and Risk Management
Die Nachwehen der Finanzkrise sind weiterhin gegenwärtig und feuern den Bedarf nach Mitarbeitern im Bereich Risk und Compliance im Finanzsektor weiter an. Dabei geht es nicht einzig darum geeignete Risiko Manager zu finden, die rückblickend eine risikobasierte Buchhaltung betreiben. Doch ein integriertes und präventives Risikomanagement erfordert die Vernetzung mit jeder einzelnen Abteilung. Und so vielfältig der Aufbau jeder Bank ist, so vielfältig müssen auch die Fähigkeiten der Risiko Manager sein.
Ähnlich sehen auch die Anforderungen an die Compliance Spezialisten aus. Damit hierbei die Bürokratie nicht die Oberhand gewinnt und auch der Compliance-Prozess effizient abläuft, brauchen Banken Mitarbeiter, die wirksame Mechanismen integrieren und das Institut dadurch entlasten.
3. Sicherheit
Mit der Digitalisierung der Prozesse und Produkte sowie der stärkeren Ausrichtung auf den Kundennutzen wächst auch die Zahl der Online- und Mobile Banking-Nutzer. Im Jahr 2014 nutzten laut Statista bereits 54% der Deutschen das digitale Angebot der Finanzinstitute und damit 20% mehr als noch im Vorjahr.
Dieser Trend stellt die Banken vor neue Herausforderungen, Anwendungen und Produkte digital und für den Benutzer leicht verständlich verfügbar zu machen und zeitgleich die persönlichen Daten der Kunden vor Angriffen zu schützen. Entsprechend hat der Deutsche Bundestag am 12. Juni ein IT-Sicherheitsgesetz verabschiedet, das darauf abzielt Betreibern kritischer Infrastrukturen, zu denen auch Banken zählen, einen Regulierungsrahmen zu geben. Darin sind regulatorische Mindestanforderungen an die IT-Systeme der Betreiber festgehalten.
Beide Entwicklungen wirken sich auf den Personalbedarf der Banken aus. So werden IT-Entwickler gesucht, die vor allem branchenspezifische IT-Sicherheitsstandards festlegen und die entsprechenden Systeme aufbauen können. Zudem suchen Finanzdienstleister vermehrt nach IT-Sicherheitsexperten, die mittels „ethical hacking“ gezielt Sicherheitslücken aufdecken.
Insgesamt bergen die aktuellen Veränderungen auf dem Finanzmarkt neben einigen Herausforderungen auch zahlreiche Chancen für Finanzinstitute, darunter die Möglichkeit zur Skalierung. Banken haben diesen Trend längst erkannt und bemühen sich seit geraumer Zeit entsprechende Fachkräfte anzuwerben und zu halten. Erfahrung zeigt, dass Finanzhäuser im Hinblick auf die digitale Transformation nicht nur das Mindestmaß erfüllen sollten. Hier lohnt es sich in qualifizierte Fachkräfte zu investieren.aj
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