TREND: KOOPERATION STATT KONFRONTATION31. August 2014

Fintechs als Bankenpartner gegen disruptive Konkurrenz

Quelle: Scanrail/bigstock.com
Quelle: Scanrail/bigstock.com

Niedrigzins hin, Regulatorik her – das eigentliche Problem der Banken und Sparkassen heißt: Digitalisierung der Geschäftsmodelle, Vertriebswege und Kundenkommunikation. Neben den großen Herausforderern wie PayPal, Amazon und Apple versuchen gerade mittlere FinTechs mit Geldinstituten ins Gespräch zu kommen. Das Ziel: Eine Win-Win-Situation.

Selbstverständlich kämpfen Banken und Sparkassen mit Regulatorik. Manchmal macht sie Sinn, häufiger nicht. In jedem Fall behindert sie die Entwicklung und Innovationen. Diese Entwicklung nutzen junge und innovative Unternehmen, kurz Fintechs, um mit kreativen Ideen die Finanzwelt zu verändern. Mit ihren zum Teil disruptiven Geschäftsmodellen versuchen sie, klassische Wertschöpfungsstrukturen zu durchbrechen. Ihre Stärken liegen dabei insbesondere darin, Marktlücken im Online-Kanal zu identifizieren und diese durch schnelles Handeln zu schließen. Um dafür schnell und anpassungsfähig zu sein, nutzen Fintechs neben den für Startups typischen schlanken Strukturen auch das Potential der modernen Softwareentwicklung. „Modernes Projektmanagement und aktuelle Technologien sind in vielen Kreditinstituten noch nicht angekommen, obwohl genau diese Werkzeuge zu kürzeren und erfolgreicheren Projekten führen. Gleichzeitig können unsere Kunden damit viel flexibler auf sich verändernde Märkte reagieren, ohne die speziellen Anforderungen des Bankensektors zu vernachlässigen.“, so Julian Schneider, Geschäftsführer der Technologieberatung Zweitag aus Münster.

Plattenläden gibt es heute nicht mehr: Online-Streaming mit Audio- und Videoinhalten verändern die Geschäftsmodelle.
Plattenläden gibt es heute nicht mehr: Online-Streaming mit Audio- und Videoinhalten verändern die Geschäftsmodelle.

Musik, Journalismus und Banken

In den Augen so mancher Internet-Experten steht der Banken-Sektor momentan an der Stelle an der die Musikindustrie im Jahr 2000 stand, als sich durch Napster & Co. der Musiktrend langsam aber sicher von der traditionellen „Plattenbörse“ in der Innenstand in Richtung Online-Kanal bewegte. Manche Analogien zum Bankensektor sind dabei nicht von der Hand zu weisen, wenn man sich die Anzahl der Filialnutzer in den Banken ansieht.

Am Ende hat sich in der Musikindustrie gezeigt, dass nur die Plattenfirmen den Trendwandel erfolgreich gemeistert haben, die das veränderte Kundenverhalten ernst genommen haben und sich auf die veränderte Nachfrage eingestellt haben.
Gleiches ereignet sich gerade in vielen anderen Feldern, wie dem Einzelhandel oder auch dem Journalismus. Wer sein Produkt in die digitale Welt zu transportieren, anzupassen und neu zu erfinden überlebt.

Freund oder Feind?

Nachdem das Verhältnis von Banken und Fintechs lange Zeit dem Image von Gejagtem und Jäger entsprach, steigt in den letzten Monaten sichtbar die Akzeptanz der jungen Unternehmen in der Finanzbranche. Eine ganze Reihe von Geldinstituten erkennen, welche Vorteile junge Fintech-Unternehmen den Kreditinstituten liefern können. So wollen die meisten Player am Markt keineswegs den Banken das Geschäft abgraben. Ein Beispiel dafür ist Google, die einen Richtungswechsel vom Banken-Konkurrent zum Banken-Supporter hingelegt haben. Im letzten Jahr schreckte Google die Bankenwelt noch mit Aussagen wie „Wie sich Google entwickelt hängt davon ab was Sie machen“ auf. In diesem Jahr warben Google-Manager bei Banken um Kooperationen um die Geldinstitute in die Digitale Welt zu begleiten.

Compeon sucht die Zusammenarbeit um Enabler für Kreditvergabe an den Mittelstand zu werden.
Compeon sucht die Zusammenarbeit um Enabler für Kreditvergabe an den Mittelstand zu werden.

Manche FinTechs wollen Enabler sein

Vielmehr gibt es unter den Startup-Fintechs viele Modelle, die komplementär zu den bisherigen Geschäftsmodellen der Banken funktionieren und den Banken am Ende sogar Chancen und einen effizienten Einstieg in neue Marktansätze bieten. Ein beispiel dafür ist zum Beispiel Compeon. Das Portal des Startups bietet Unternehmen die Möglichkeit, über das Internet Finanzierungsangebote von Kreditinstituten einzuholen und ist sogar auf eine Kooperation angewiesen, denn Compeon will selber keine Kredite vergeben. Ein klassischer „Enabler“.

„Viele deutsche Banken sind im Firmenkundengeschäft noch nicht im Zeitalter des Web 2.0 angekommen und profitieren von unserem Modell, da ihnen auf strukturierte Weise das momentan so spannende Neugeschäft mit Mittelständlern effizient zugeliefert wird. Compeon generiert für Kreditinstitute Ertragspotenziale sowie Kostenvorteile im Vertriebs-/Produktionsprozess und liefert wertvolle Marktinformationen.“, so Dr. Nico Peters, Co-Founder und Geschäftsführender Gesellschafter von Compeon.

mit dem main incubator treibt die Commerzbank die Entwicklung von FinTechs gezielt voran.
Mit dem “main incubator” treibt die Commerzbank die Entwicklung von FinTechs gezielt voran.

Bewegung von zwei Seiten

Der Bankensektor versucht nicht durch Kooperationen mit Fintech-Modellen langsam in die Szene einzutauchen – und zeigt dabei bemerkenswerte finanzielle Ambitionen. So hat die Commerzbank mit dem Main Incubator eine eigene Entwicklungswerkstatt für neue FinTech Innovationen aufgesetzt und die ersten größeren Akquisitionen dürften nicht mehr lange auf sich warten lassen. So war das im übrigen auch in der Musikindustrie.

Kurz: Fintechs sind Chancen und Risiken für den Kreditsektor. So folgt das momentane Verhalten der Banken einem Basisprinzip der kaufmännischen Lehre: Sich gegen Wettbewerber abgrenzen und das Geschäft in den Banken zu halten. Dennoch bieten komplementäre Geschäftsmodelle von Fintechs neue Möglichkeiten und Optimierungspotenzial, denen sich Kreditinstitute nicht versperren sollten, den FinTechs sind nicht nur Vertriebs-Enabler. Durch eine clevere Kombination aus Bank und FinTechs lassen sich regulatorisch Risiken minimieren und innovative Produkte anbieten. Die Kunden fordern es.

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