Digitales Bankgeheimnis 4.0 – ein neues Geschäftsfeld? Banken als Schutz vor der totalen Überwachung
Die chinesische Regierung plant mit der Einführung des sogenannten Sozialkreditsystems bis zum Jahr 2020 die totale, digitale Überwachung der Bevölkerung. Jeder Bürger bekommt einen Score-Wert, der Auskunft über sein Verhalten und seine politische Einstellung gibt. Der Score bestimmt, ob man verreisen kann, welchen Job man ausüben darf und vieles mehr. Welche Rolle könnten Banken einnehmen, um Bürger vor solchen Vorhaben zu schützen? Wie wäre es mit Banken für digitale Ethik? Sozusagen mit Bankgeheimnis 4.0!
von Ralf Keuper
Wessen Score-Wert in China eine bestimmte Schwelle unterschreitet, dem bleiben kaum noch Möglichkeiten, am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilzunehmen. Wer weniger als 599 Punkte (von 1000 möglichen) erreicht, wird als D-Bürger eingestuft, was zur Folge hat, dass die Person große Schwierigkeiten hat, einen Job zu finden oder mit der Bahn zu verreisen. Einige Beobachter halten es für wahrscheinlich, dass ähnliche Formen der Überwachung auch in den westlichen Ländern eingeführt werden. Die chinesischen Bürger sind mit der Überwachung – offiziellen Quellen nach zu urteilen – zufrieden. Einer Umfrage der Sinologin Genia Kosta nach bewerten 80 Prozent der 2.000 befragten Chinesen das Sozialkreditsystem positiv.In Der gute Bürger argumentiert Aleksandra Sowa, dass in den westlichen Gesellschaften, aller Empörung über das Sozialkreditsystem Chinas zum Trotz, schon längst ähnliche Verfahren im Einsatz sind – beispielhaft ist das Kreditscoring, wie es u.a. von der Schufa und anderen Wirtschaftsauskunfteien praktiziert wird. Das Algorithmic Decision Making (ADM) sei bereits Bestandteil unseres Alltags. Algorithmen böten – bei allen Risiken – ein gewisses Maß an Transparenz – auch oder gerade im Fall von Diskriminierungen, die ansonsten häufig unbemerkt bleiben. Sowa nimmt u.a. Bezug auf das Gutachten Technische und rechtliche. Betrachtungen algorithmischer Entscheidungsverfahren der Fachgruppe Rechtsinformatik der Gesellschaft für Informatik. Sowa schreibt:
Falls man möchte, dass die Technologie künftig das Leben der Menschen erleichtert, dann wird ein System notwendig, das auf wesentlich gerechterer Verteilung von Macht und Information beruht.”
Welche Rolle könnten Banken dabei übernehmen? Wie wäre es mit Banken für digitale Ethik? Diese Banken tragen im Auftrag ihrer Kunden dafür Sorge, dass die Algorithmen zu deren Wohl und nicht gegen sie arbeiten. Banken quasi als Algorithmic Angels/Algorithmic Guardians:
Algorithmic guardians shield you from intrusive surveillance. Your angel makes you either recognizable or anonymous when you choose to be. The guardian alters your appearance according to your wishes so that you can use different services with different sets of personal preferences and identities. You’re able to choose your own appearances and identity (in: We need Algorithmic Angels, TechCrunch).
Ein nicht zu unterschätzendes, neues Geschäftsfeld. Zentrales Element sind die Digitalen Identitäten der Kunden. Die Bank übernimmt den Schutz der Identitäten der Kunden und deren technischer Objekte/Geräte (Smart Home, IoT). Zum Kundenkreis zählen vor allem Unternehmen, die für den betriebsübergreifenden Datenaustausch Trusted Advisors benötigen. Zugang zu den Maschinen bekommen nur vertrauenswürdige Personen oder Geräte. Von Nutzen können hierbei Score-Werte für Maschinen, Personen oder Unternehmen sein. Diese Score-Werte sind nicht unabänderlich und letztgültig. Es muss die Möglichkeit bestehen, Widerspruch einzulegen und andere Quellen zur Bewertung der Vertrauenswürdigkeit hinzu zu ziehen.
Hierfür werden entsprechende, weitestgehend unabhängige Institutionen benötigt – wie Banken.”
Bankgeheimnis 4.0: Schon jetzt vorbereiten
Banken müssen dafür die technischen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen schaffen. Die Mitarbeiter ebenso wie die technischen Systeme sind in der Lage, Algorithmen zu verstehen und mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten.
Banken verfügen über einen Zugang zu Sicheren Digitalen Identitäten bzw. sie übernehmen deren Clearing, d.h. sie prüfen die Identität der Geschäftspartner, Kunden und Geräte, die mit dem Unternehmen in Kontakt treten wollen. Banken haben das Recht, Dritten gegenüber die Auskunft über ihre Kunden zu verweigern – quasi Bankgeheimnis 4.0.
Sie übernehmen die Vertretung ihrer Kunden nach außen: So können Banken im Auftrag ihrer Kunden (Sammel-)Anfragen starten, etwa wenn es um günstige Stromtarife geht. Die Identität des Kunden wird erst bei Vertragsschluss offengelegt. Bis dahin bleibt der Kunde anonym. Damit wird er nicht das Ziel von Tracking-Verfahren und ungebetener Werbung.
Insofern werden die Banken auch künftig für ihre eigentliche “Kernkompetenzen” bezahlt: Das Risikomanagement und Treuhandwesen. Damit wäre die digitale Transformation vollzogen – mit dem Bankgeheimnis 4.0.Ralf Keuper
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