„Für uns ist Instant Payment eine natürliche Weiterentwicklung“ – Santander Consumer Bank
Seit mehr als einem Jahr bietet die Santander Consumer Bank ihren Kunden Instant Payment an. Zu den Erfahrungen mit diesem neuen Angebot und den künftigen Chancen durch diese Echtzeit-Zahlungsmethode nimmt Stefan Schnock, Project Manager / Inhouse Consultant bei der Santander Consumer Bank, im Interview Stellung.
Herr Schnock, die Santander Consumer Bank bietet ihren Kunden Instant Payment, die „schnelle Überweisung“, an. Seit wann ist das möglich und wie wird das genutzt?
Die Santander Consumer Bank AG ist seit Juli 2019 Teilnehmer von SEPA Instant Payments. Wir haben mit diesem neuen Service in der Vergangenheit schon überaus positive Erfahrungen gemacht.Was müssen Kunden von Santander beachten, um eine Transaktion via SCT-Inst durchzuführen?
Im Grunde nichts, und gerade das zeichnet Instant Payment als besonders kundenfreundlich aus. Für uns ist die Echtzeit-Überweisung eine natürliche Weiterentwicklung der Standard-Überweisung. Wir wollen den bestmöglichen Service bieten, und das bedeutet auch, den Prozess für den Kunden so einfach wie möglich zu gestalten. Aus diesem Grund haben wir das Frontend im Online- und Mobile Banking nicht angepasst und prüfen jede Überweisung auf deren Echtzeitfähigkeit. Wenn möglich, führen wir so jede Überweisung als Echtzeit-Überweisung aus.
Rund 99,99 Prozent aller echtzeitfähigen Zahlungen werden erfolgreich ausgeführt.“
Was geschieht, wenn das Bankinstitut des Zahlungsempfängers diesen Service nicht anbietet?
Ist die Bank des Zahlungsempfängers noch nicht echtzeitfähig oder eine Echtzeit-Überweisung ist aus bestimmten Gründen ad hoc nicht erfolgreich, wird die Zahlung automatisch als Standardüberweisung ausgeführt. Wir garantieren dem Kunden daher keine Echtzeit-Überweisung, versprechen jedoch, eine Überweisung bestmöglich auszuführen. Auch ohne eine Garantie zeigt die Praxis, dass der Kunde sich auf diesen Service verlassen kann, da rund 99,99 Prozent aller echtzeitfähigen Zahlungen auch erfolgreich ausgeführt werden.
Wenn ein Kunde die SCT-Inst-Überweisung nicht wünscht, empfehlen Sie ihm eine Termin-Überweisung durchzuführen. Ein Anstieg der Terminüberweisungen wäre ein Indikator, dass die Kunden das nicht bevorzugen. Gibt es eine derartige Beobachtung?
Wir haben bewusst auf zusätzliche Gebühren für den Kunden verzichtet.“
Einige Banken sehen in SCT Inst ein Modell, um zusätzliche Erträge zu erlösen. Wie geht man bei der Santander Bank damit um?
Natürlich sind wir auch bei Santander konsequent darauf angewiesen, neue Ertragsquellen zu erschließen und nachhaltig Kosten zu senken. Aus diesem Grund haben wir einen Lösungsansatz gewählt, bei dem die Funktionalität ausschließlich in unserem Kernsystem bereitgestellt wird und weder Online- oder Mobile Banking noch weitere Anwendungen angepasst werden mussten. Da wir von vornherein auf tendenziell hohe Transaktionsvolumina abgezielt haben, hatten wir uns bewusst für eine EBICS-Anbindung und gegen die zusätzlichen Transaktionsstückkosten der SIA-Lösung entschieden.
Auf die Möglichkeit, Gebühren von Endkunden zu erheben, haben wir nach einer vorherigen Aufwandsschätzung bewusst verzichtet – aus heutiger Sicht eine sehr gute Entscheidung! Verglichen mit den Transaktionsvolumina von Instituten mit einem Stückpreis von 50 Cent pro Echtzeit-Überweisung hätten wir allein die Kosten für eine Gebührenerhebung erst in zehn Jahren amortisiert.
Gibt es bei der Santander Bank eine Deckelung für Echtzeit-Überweisungen, die unterhalb der aktuellen Betragsgrenze für Einzelzahlungen von 100.000 € pro Überweisung liegt?
Selbstverständlich gibt es aus Gründen der Risikominderung ein Überweisungslimit im Online- und Mobile-Banking. Ein zusätzliches Limit insbesondere für Echtzeit-Zahlungen wurde von uns bisher allerdings nicht als notwendig betrachtet.
Einige Banken erlauben kein SCT Inst bei Nutzung einer Banking App oder bei Überweisungen an bestimmte Banken. Wie wird das bei der Santander Bank gehandhabt?
Es ist allgemein bekannt, dass die Nutzung einer Banking-App ein höheres Risiko birgt, dass der Kunde zum Opfer von Phishing wird. Dabei ist aber unerheblich, ob die betrügerische Zahlung per Echtzeit- oder klassischer SEPA-Zahlung ausgeführt wird. Beide Zahlungswege durchlaufen die gleichen automatisierten Prüfungen zur Betrugs- und Geldwäscheprävention.
Die Bankkarte ist als Brückentechnologie bereits angezählt.“
Sehen Sie bei SCT Inst die Gefahr, den ertragsträchtigen Zahlungsverkehr über Karte zu „kannibalisieren“?
Jede Innovation birgt das Risiko, bestehende Strukturen zu gefährden. Konkurrierende Online-Zahlungssysteme waren auch nicht der Wunsch der Banken, aber man musste sich hier dem gewünschten Zahlungsverhalten der Kunden anpassen und Ertragsanteile an einen Intermediär abtreten, was man lieber vermieden hätte. Die Bankkarte ist als Brückentechnologie bereits angezählt; spannend zu beobachten wird sein, ob Banken und Netzbetreiber hier langfristig noch mitspielen dürfen oder der Handel günstigere Wege findet, den Check-out direkt mit dem Kunden und/oder einem dritten Dienstleister abzubilden.
Sehen sie in absehbarer Zeit Zusatzleistungen, die auf SCT Inst aufsetzen?
Dies ist eine spannende Frage und ich hoffe sehr, dass nicht allein andere externe Dienstleister im Kontext von Open Banking hier die Nase vorn haben werden. Als Santander nutzen wir Echtzeit-Überweisungen bereits zur Veredelung bestehender Produkte. So werden zum Beispiel schon Konsumentenkredite noch schneller dem Kunden zur Verfügung gestellt, in dem diese per Echtzeit-Überweisung ausgezahlt werden.
Nicht einmal 6,5 Prozent aller Überweisungen in Deutschland werden als Echtzeit-Überweisungen durchgeführt.“
Was schätzen Sie: Wie lange dauert es noch, bis SCT Inst in Deutschland zum „New Normal“ wird?
Ich befürchte: sehr lange. Ein Blick in die Statistik offenbart die Misere, in der wir feststecken. Nicht einmal 6,5 Prozent aller Überweisungen in Deutschland werden als Echtzeit-Überweisungen durchgeführt. Unser Verhältnis von ausgehenden zu eingehenden Transaktionen beträgt 30:1. Ich denke, diese Relation zeigt die Motivation von Privatkunden, aktiv Echtzeit-Zahlungen zu initiieren bzw. eventuell auch deren Bereitschaft, dafür eine zusätzliche Gebühr zu entrichten. Allein die deutsche Finanzwirtschaft hat einen hohen dreistelligen Millionenbetrag investiert, diesen Service zu ermöglichen. Und wofür? Für sehr überschaubare Erlöse, die wohl nur selten überhaupt die Betriebskosten decken. In diesem Modell hat keiner etwas von der schönen, neuen, schnellen Welt: Banken erwirtschaften keine Erlöse, und Kunden erhalten keinen verbesserten Service.
Werden die Banken durch SCT Inst beim Payment wieder in den Fahrersitz kommen?
Ich befürchte, der Kern dieser Frage ist symptomatisch für die größte Schwachstelle der nationalen Finanzwirtschaft: eine etwas realitätsfremde Assoziation des Begriffs „Innovation“. Bis zum 21. November 2017 war es für uns Banken völlig normal, dass die Durchführung einer Überweisung, also ein digitaler Prozess, bis zu 24 Stunden benötigt hat. Zum Vergleich: Ein großer Online-Händler schaffte es schon zu diesem Zeitpunkt, die Bestellung eines physischen Produkts noch am gleichen Tag zuzustellen, Stichwort Same Day Delivery. E-Mails, WhatsApp und die Omnipräsenz von Google und anderen gehören jeden Tag zur Lebenswirklichkeit unserer Kunden. Wer immer noch nicht verstanden hat, warum PayPal auch im Bereich der P2P-Zahlungen derart erfolgreich ist, hält im Jahr 2020 eine Überweisung in 2,3 Sekunden auch immer noch für eine bahnbrechende Innovation.
Herr Schnock, vielen Dank für das InterviewRudolf Linsenbarth
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/114097
Schreiben Sie einen Kommentar