Ein Abgesang aufs Bargeld? Selbst in Deutschland tut sich gerade etwas
Die Coronakrise entwickelt sich zu einem Pusher für bargeldlose Bezahlverfahren. So hat in Deutschland im aktuellen Jahr die Präferenz für Bargeld in einem Umfang zugenommen, wie es sonst gut eine Generation gedauert hätte. Dies ergab eine repräsentative Umfrage von Verbrauchern in 13 europäischen Ländern zu ihrer Einstellung rund um das Thema Bargeldnutzung, die im Auftrag der ING-Bank durchgeführt wurde. Doch das ist nicht nur bei uns so: Der Anteil der Befragten, der bestimmte Ausgabenarten üblicherweise bar bezahlt, sackt europaweit um 7 bis 14, in Deutschland sogar um 8 bis 19 Prozentpunkte ab. Dieser Einbruch gegenüber den Vorjahren liegt damit für Deutschland ungefähr in der Größenordnung, um die sich jüngere Verbraucher von älteren unterscheiden.
Ist das die Abkehr vom Bargeld? Nein, so weit sollte man nicht gehen. Denn auch wenn immer mehr Bürger auf Karte und vor allem virtuelle smartphone-basierte digitale Bezahlverfahren umsatteln, liegt der Anteil der Befragten, der diverse kleinere Ausgaben wie Mittagessen oder Tickets für den Nahverkehr bar zahlt, deutlich höher als bei den meisten unserer Nachbarn. Auch gaben lediglich ein Drittel der Deutschen an, durch die Coronakrise nicht mehr so selbstverständlich wie bisher zum Bargeld zu greifen. Europaweit waren dass immerhin 48 Prozent.Die Bargeldvorliebe ist eine Generationenfrage
Dabei bezahlen auch jüngere Deutsche inzwischen zu einem größeren Anteil mit Bargeld als ihre europäischen Altersgenossen, der Unterschied fällt aber deutlich geringer aus als bei dem älteren Teil der hiesigen Bevölkerung. Vor allem Deutsche in der Altersgruppe zwischen 25 und 34 Jahren zahlen am häufigsten mit Karte oder digitalen Möglichkeiten. Nur knapp jeder Fünfte (23 Prozent) von ihnen bezahlt den regelmäßigen Lebensmitteleinkauf bar – für ältere Konsumenten sind es trotz Corona noch rund 40 Prozent.
Immerhin geben noch sechs von zehn Deutschen bei kleineren Alltagskäufen Bargeld als ihre bevorzugte Zahlungsweise an. Niederländer, Franzosen und Schweden sind hier beispielsweise deutlich weiter. Dagegen möchte immerhin fast die Hälfte der befragten Verbraucher größere Ausgaben mit klassischem Einstecken der Karte und PIN zahlen. Überhaupt ist auffällig, wie weit verbreitet trotz der Möglichkeiten, fast überall kontaktlos zu bezahlen, immer noch die klassische Einschub-Variante der Kartenzahlung ist.
Insgesamt fällt auf, dass in allen Preisklassen der Bargeld-Befürworter-Wert in Deutschland prozentual höher liegt als im europäischen Durchschnitt. Während knapp vier Fünftel der über 65-Jährigen die Frage, ob sie regelmäßig Bargeld mit sich herumtragen, mit Ja beantworteten, waren dies unter den 18-24-Jährigen nur noch knapp 40 Prozent.
Fazit: Corona rüttelt am „Bargeld-Thron“
Auch während der Pandemie steht das Bargeld bei den Deutschen weiterhin hoch im Kurs. Der Unterschied zum europäischen Durchschnitt hat Bestand, wenn auch auf insgesamt niedrigerem Niveau als in den Jahren zuvor.
Das Festhalten vieler Konsumenten an Scheinen und Münzen gegenüber dem kontaktlosen Zahlen für kleinere Ausgaben scheint daher vor allem eine Gewöhnungsfrage zu sein.”
Aus der ING-Studie
Dennoch: Corona hat auch Deutschland aufgeschreckt. Die durch das Virus und die Maßnahmen zu seiner Eindämmung hervorgerufene Änderung im Zahlungsverhalten ist so groß wie die Unterschiede zwischen Generationen – quasi ein Zeitsprung um Jahrzehnte. Aber ob dieser Zeitsprung eine bleibende Veränderung bedeutet oder die Verbraucher nach überstandener Pandemie wieder zu ihren alten Gewohnheiten zurückkehren, muss die Zukunft erst noch zeigen.
Die vollständige Studie der ING-Bank kann ohne Angaben persönlicher Daten kostenlos heruntergeladen werden.tw
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/112975
Schreiben Sie einen Kommentar