Paypal goes Bitcoin: Wie der Global P(l)ayer für breite Akzeptanz von Kryptowährungen sorgt
Paypal hat sich entschlossen, einen Fuß in die Kryptowelt zu setzen. Kunden können über Paypal in Zukunft – zunächst nur in den USA, bei Vorliegen entsprechender rechtlicher Rahmenbedingungen bald auch in Europa – Kryptowährungen wie Bitcoin, Litecoin, Bitcoin Cash und Ethereum handeln. Das ist einerseits ein Schritt in die richtige Richtung, andererseits aber erst der Anfang und ein Türöffner für die ganze Krypto-Bewegung. Wird die Welt der Kryptowährungen jetzt massentauglich außerhalb der Technik-Blase? – Ein Kommentar von Tobias Weidemann, IT-Finanzmagazin.
Um den Bitcoin, immer noch wichtigster Vertreter der Währungen der Kryptowelt, war es zwischenzeitlich still geworden: Die Enthusiasten, die vor allem auf steigende Kurse im Interesse der Investmenttätigkeit setzten, haben reichlich Dämpfer einstecken müssen und nach dem Hoch in 2017/18 einsehen müssen, dass nicht nur die Börse keine Einbahnstraße ist, sondern dass das auch für digitale Währungen gilt.Einige Skandale und verschütt gegangene Reichtümer haben dazu beigetragen, dass sich die Anhänger der „wir haben es ja immer schon gewusst“-Fraktion bestätigt fühlten. Und so richtig als Zahlungsmittel angekommen sind die digitalen Währungen in der Vergangenheit ja nicht, dazu gibt es einfach zu viele andere preisgünstige Möglichkeiten, auch über Währungsgrenzen hinweg Rechnungen zu bezahlen.
Ein Stück weit könnte sich das jetzt ändern durch Paypal. Der Zahlungsdienst mit seinen 290 Millionen aktiven Kunden weltweit, von denen gut 21 Millionen aus Deutschland kommen, hat angekündigt, den Bitcoin- und Kryptohandel niederschwellig massentauglich zu machen. Man wolle eine Handelsmöglichkeit für zunächst Bitcoin, Litecoin, Bitcoin Cash und Ethereum schaffen, zunächst einmal nur in den USA.
Paypal verspricht Krypto-Handel ab sofort, Bezahlen ab 2021
Im kommenden Jahr sollen Kunden dann auch mit diesen Währungen bezahlen können. Dann können Paypal-Kunden ihre Kryptowährungsbestände als Finanzierungsquelle nutzen, um bei den 26 Millionen Händlern von Paypal weltweit zu bezahlen. Die Verbraucher werden in der Lage sein, ihr ausgewähltes Guthaben in Kryptowährung sofort in Fiat-Währung umzutauschen, mit der Gewissheit des Wertes und ohne zusätzliche Gebühren. Für Paypal-Händler fallen keine zusätzlichen Integrationen oder Gebühren an, da alle Transaktionen mit Fiat-Währung zu ihren aktuellen Kursen abgewickelt werden.
Der Service wird in den USA durch eine Partnerschaft mit der Paxos Trust Company, einem regulierten Anbieter von Kryptowährungsprodukten und -dienstleistungen, ermöglicht. Paypal hat dazu außerdem vom New York State Department of Financial Services (NYDFS) eine an Bedingungen geknüpfte Bit-Lizenz erhalten, die als erste ihrer Art gilt. Um die Funktionsweise und das System der Kryptowährungen auch all jenen zu vermitteln, die sich noch nicht intensiv damit befasst haben, will Paypal hierfür entsprechende Bildungsinhalte zur Verfügung stellen. Das ist auch unbedingt erforderlich, um das System der Blockchain und die dahinter stehenden Ideen zu verstehen (und für entsprechendes Vertrauen zu sorgen).
Unsere globale Reichweite, unser Know-how im Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs, unser zweiseitiges Netzwerk und unsere strengen Sicherheits- und Konformitätskontrollen bieten uns die Möglichkeit und die Verantwortung, das Verständnis, die Einlösung und die Interoperabilität dieser neuen Austauschinstrumente zu erleichtern.”
Dan Schulman, Präsident und CEO von Paypal
Dabei sei man bestrebt, mit Zentralbanken und Aufsichtsbehörden weltweit zusammenzuarbeiten, um Unterstützung anzubieten und einen sinnvollen Beitrag zur Gestaltung der Rolle zu leisten, die digitale Währungen in der Zukunft des globalen Finanzwesens und Handels spielen werden.
Institutionelle haben Interesse an Kryptowährungen
Wettbewerber wie Robin Hood Markets in den USA (einer der Low-Fee-Broker von Schlage Trade Republic), aber auch Bison, die Handels-App der Börse Stuttgart bei uns haben zwar schon auf beiden Seiten des Atlantiks dazu beigetragen, dass die Hürden (technisch ebenso wie in puncto Know-how) gesunken sind. Doch so richtig in der Gesellschaft angekommen ist all das noch nicht – und hier könnte das Engagement von Paypal den entscheidenden Durchbruch bringen. Gleichzeitig könnte aber auch das ohnehin vorhandene Interesse institutioneller Anleger mit einem hohen Maß an Sicherheit in Einklang gebracht werden.
Doch all das – insbesondere das Interesse der Institutionellen – setzt ein höheres Maß an Regulierung und mehr Sicherheit und Compliance voraus. Hier sind die Banken und die Finanzaufsichtsbehörden ebenso wie die Europäische Zentralbank zwar auf einem möglicherweise guten Weg – aber das weiß man halt noch nicht so genau, weil der Weg von der Evaluierung des Themas bis hin zu entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen noch sehr lang ist. Kurzum: Alles steht und fällt mit der Regulatorik – und mit dem Gleichgewicht zwischen Technikern und zukunftsaffinen Visionären, die viel wollen und wenig Bedenken haben und den etablierten Banken und Aufsichtsbehörden, die viele Bedenken haben und erst noch begeistert werden müssen.
Paypal bleibt nicht der einzige prominente Supporter
Doch es gibt noch andere, die all das kritisieren: ein paar der Dienstleister und Plattformen, die jetzt einen Teil ihrer USPs verschwinden sehen, bemängeln, dass all das ja eher eine halbgare Geschichte sei. Ein paar andere befürchten, dass der Erfolg Paypal zu Kopf steigen könnte – in einigen Ländern fängt man ja bereits mit Strafkosten an, wenn der Dienst nicht über längere Zeit genutzt wird. Und dann sind da noch – wir kennen das aus der Geschichte des Internets zur Genüge – diejenigen, die sich als Puristen sehen und irgendwie gar nicht damit klarkommen, dass jetzt jemand die Krypto-Idee verwässert, die ganze Masse sie nicht versteht und das ja ohnehin nicht mehr so wie früher ist. Denen mag man entgegenrufen: kommt klar!
Denn alles in allem dürfte der Schritt dazu beitragen, dass jetzt möglichst bald auch andere Unternehmen mit Krypto-basierten Diensten an den Start gehen. Das wurde auch Zeit und wird, wenn das Tauziehen um die rechtlichen Rahmenbedingungen erst beendet ist, auch eine Win-win-Situation mit sich bringen.”
Tobias Weidemann, IT-Finanzmagazin
So oder so ist Paypal zwar einer der prominenteren Player, dürfte aber sicher nicht der einzige bleiben, der an dem Thema dran ist. Die Paypal-Aktien honorieren den Schritt mit rund drei Prozent Kursgewinn in den letzten Tagen, der Bitcoin legte aufgrund der frohen Kunde um rund 10 Prozent zu. Es mag optimistisch als Ritterschlag gesehen werden, wenn ein großer Player auf den Krypto-Zug in dieser Weise aufspringt, es ist aber realistisch betrachtet zumindest ein gewisser Vertrauensbeweis. Wobei es unter dieser Prämisse besonders aussagekräftig ist, dass Paypal nicht mehr Mitglied in der Libra-Alliance ist. tw
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