Bitkom positioniert sich klar für den digitalen Euro
Für ihre Überlegungen zur möglichen Einführung eines digitalen Euro hat die EZB eine öffentliche Konsultation bezüglich der Chancen und Risiken einer solchen digitalen Währung ausgeschrieben, deren Frist morgen am 11. Januar 2021 endet. Jetzt hat sich auch der Digitalverband Bitkom mit seiner Stellungnahme positioniert und befürwortet klar die Einführung eines digitalen Euro, damit Europa beim Thema digitaler Währungen international nicht abgehängt wird.
Kurz vor Fristende hat der Digitalverband Bitkom seine Stellungnahme zur Konsultation der Europäischen Zentralbank bezügliche Chancen und Herausforderungen bei einer möglichen Einführung eines digitalen Euro eingereicht. Nach Ansicht vom Bitkom muss es jetzt vor allem darum gehen, zügig von der Theorie zur Praxis zu kommen. In China laufen bereits seit geraumer Zeit Tests mit einem digitalen Yuan, ein breiter Start ist für die Olympischen Winterspiele im kommenden Jahr in Peking geplant. Und die geplante Kryptowährung Diem aus dem Facebook-Konsortium, die zuvor unter dem Namen Libra firmierte, soll noch in diesem Jahr eingeführt werden.Wir sollten rasch zeitlich und räumlich begrenzte Pilotprojekte starten und mit diesen Erfahrungen die optimale technische Infrastruktur für einen digitalen Euro entwickeln. Europa darf bei digitalen Währungen nicht abgehängt werden. Wir müssen das Tempo erhöhen, wenn wir den Vorsprung aufholen wollen, den andere bereits haben.“
Patrick Hansen, Bereichsleiter Blockchain beim Bitkom
Der Verband Bitkom betont, dass ein digitaler Euro für alle zugänglich sein muss und zum Beispiel auch Offline-Zahlungen mit ihm ermöglicht werden sollten. Ein weiterer zentraler Aspekt der Betrachtungen ist, dass er mit der bestehenden Finanzinfrastruktur kompatibel sein muss und dass er als Ergänzung zum bestehenden Geldsystem zu verstehen ist.
Der digitale Euro soll den bestehenden Finanzsektor nicht ersetzen, sondern ergänzen. Das bedeutet zum Beispiel, dass die Ausgabe des digitalen Euro am effizientesten über Geschäftsbanken und andere Finanzintermediäre erfolgen sollte, die Erfahrungen im Umgang mit Endkonsumenten haben.“
Kevin Hackl, Referent Digital Banking & Financial Services beim Bitkom
Aus der Stellungnahme des Bitkom zur Konsultation der EZB
Im Rahmen der öffentlichen Konsultation der Europäischen Zentralbank hat der Branchenverband Bitkom seine Sicht in einem Positionspapier dargelegt. Die vollständige englische Fassung kann hier als PDF-Datei heruntergeladen werden. Nachstehend soll ein kurzer Überblick die Argumente vom Bitkom skizzieren.
Welche Rolle sehen Sie für Banken und Zahlungsinstitutionen bei der Bereitstellung eines digitalen Euros für die Endnutzer?
Alle geplanten Aktivitäten sollten ergänzend sein. Die Rolle der Banken als Bereitsteller von SEPA-Konten, Krediten usw. sollte unverändert bleiben. Ein indirektes/hybrides Modell für den Zugriff auf digitales Zentralbankgeld (CDBC) scheint am ehesten praktikabel. Die Infrastruktur für ein hybrides CDBC könnte entweder ein intermedierter Zugriff der Endkunden auf Zentralbankkonten oder ein hybrider digitaler Euro mit einer konten- oder tokenbasierten Infrastruktur sein. Die letztere Variante wäre zu bevorzugen, da sie am ehesten der derzeitigen Situation entspricht und eine Integration in bestehende Prozesse ermöglicht.
Welche zusätzlichen Serviceangebote, Funktionalitäten oder Einsatzfälle halten Sie für praktikabel? Sollten diese bei der Entwicklung eines digitalen Euro berücksichtigt werden?
Wie bisher sollten alle mit dem digitalen Euro verbundenen geldpolitischen Entscheidungen ausschließlich bei der EZB verbleiben , z.B. die Schaffung und Kontrolle von in Umlauf gebrachten Mengen von digitalem Euro.
Bei der Entwicklung eines digitalen Euro sollten die finanzielle Stabilität und Effizienz des bestehenden Geld- und Zahlungsverkehrs sowie die Souveränität des Euro und die Autonomie der EU-Wirtschaft im Mittelpunkt der EZB stehen. Der Schlüssel zum Erfolg ist die Definition des digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel und die Interoperabilität mit bestehenden Geldformen wie Bargeld und Geschäftsbankgeld. Die EZB muss jedoch berücksichtigen, dass der digitale Euro (CBDC) mit privat ausgegebenem digitalem Geld von Banken und Nichtbanken koexistieren muss.
Welche Anforderungen sollten Intermediäre erfüllen, um Unternehmen und Privatpersonen Dienstleistungen mit dem digitalen Euro anzubieten?
Intermediäre sollten alle Anforderungen und Verpflichtungen erfüllen, die für den Zugang zu Zahlungssystemen in der EU oder für die Funktion als Zahlungsdienstleister in der EU festgelegt wurden.
Welche Lösungen sind am besten geeignet, um Fälschungen und technische Fehler zu verhindern, damit jeder digitale Euro auch der ausgegebenen Menge der Zentralbank entspricht?
Derzeit erscheint das Konzept der Echtzeitprüfung / -abstimmung der praktikabelste Ansatz zu sein, um technische Fehler (z. B. doppelte Ausgaben) zu vermeiden, bei denen ein Administrator-ähnlicher Zugang der EZB zu den von den Intermediären betriebenen Systemen vermieden werden sollte. Nur die EZB kann neue Einheiten des digitalen Euro ausgeben, d.h. nur der von der EZB ausgegebene Betrag kann im Umlauf sein.
Welche technischen Lösungen könnten am ehesten eine bargeldähnliche Funktionalität ermöglichen?
Aus Verbrauchersicht sind Datenschutz und Anonymität von größter Bedeutung. Der Schwerpunkt sollte auf der Transaktionsanonymität liegen. Heutige AML- und KYC-Mechanismen stellen sicher, dass Banken ihre Kunden kennen, aber nicht wissen, wofür sie ihr Geld ausgeben. Mit einem digitalen Euro lassen sich ähnliche Mechanismen nachbilden.
Um eine reibungslose Funktion zu gewährleisten, müssen Mechanismen für die vorübergehende Offline-Nutzung vorhanden sein. Die temporäre Offline-Funktionalität sollte als Notfallmaßnahme dienen, gefolgt von einer sofortigen Prüfung im Online-Modus.
Eine andere Lösung für bargeldähnliche Funktionen besteht darin, eine hardwarebasierte “Speicherung” des digitalen Euro zu ermöglichen. Dies könnte eine Lösung für Backup-, Gefahren- und Offline-Situationen sein. Technische Lösungen sollten Transaktionsanonymität und zumindest vorübergehende Offline-Nutzungsoptionen bieten.
Wie sollte die Sicherung von Privatsphäre und Datenschutz bei der Nutzung des digitalen Euro sichergestellt werden?
Die Datenschutzvereinbarung für einen digitalen Euro könnte den gleichen Ansatz verfolgen wie für Bargeld, d.h. in Deutschland etwa für Transaktionen bis zu 10.000 EUR. Höhere Beträge sollten nur über einen Intermediär transferiert werden können.
Wie sollte die Zentralbank die Umlaufmenge begrenzen, damit nicht große Summen in digitalen Euro umgeschichtet werden?
Aus operativer Sicht müssen Funktionen implementiert werden, die es der EZB ermöglichen, die Menge eines im Umlauf befindlichen digitalen Euro zu verwalten. Grundsätze und klare Kompetenzunterschiede zwischen Zentralbanken und Geschäftsbanken, die derzeit bestehen, scheinen machbar zu sein und müssen beim Aufbau eines digitalen Euro übertragen werden.
Wie kann am besten sichergestellt werden, dass eine gestaffelte Vergütung die Benutzerfreundlichkeit eines digitalen Euro nicht negativ beeinflusst, einschließlich der Möglichkeit, ihn offline zu verwenden?
Ein nicht vergüteter digitaler Euro als reines Transfersystem hätte definitiv einige Vorteile in Bezug auf Kundenvertrauen und Benutzerfreundlichkeit.
Falls als Haltelimits für den digitalen Euro geben würde, wie könnten dann Zahlungseingänge garantiert werden?
Die Umwandlung von kommerziellem Geld zu digitalem Euro und umgekehrt sollte nahtlos und automatisiert durch Banken erfolgen. Intermediäre implementieren automatisierte Prozesse für eingehende digitale Euro, die den maximalen Bestand überschreiten.
Wie ließe sich ein digitaler Euro am besten in bestehende Lösungen/Produkte integrieren?
Das hängt von der Implementierung des hybriden CBDC ab. Wenn Intermediäre die volle Kontrolle über die CBDC-Konten ihrer Kunden bei der Zentralbank haben, können diese problemlos in vorhandene Zahlungslösungen integriert werden, um eine bequeme Benutzerfreundlichkeit für den Endbenutzer sicherzustellen. Der digitale Euro könnte auch auf einem physischen Token getragen werden, das vom Intermediär ausgegeben wird und offline verwendet werden kann. Mit dieser Lösung könnten auch Übergabezahlungen möglich sein.
Welche Funktionen für länderübergreifende Zahlungen sollte der digitale Euro haben?
Länderübergreifende CBDC-Anwendungsfälle können eher als langfristiges Ziel angesehen werden. Die EZB und andere Zentralbanken müssen globale Mindeststandards für die Interoperabilität vereinbaren. Darüber hinaus wird die Erleichterung von währungsübergreifenden Zahlungen eines CBDC vor denselben Herausforderungen stehen wie die traditionellen Währungen.
Sollte die Nutzung des digitalen Euros außerhalb vom Euroraum beschränkt werden und wenn ja, wie?
Das sollte nicht primär das Ziel sein, denn der digitale Euro könnte die Bedeutung des Euros weltweit stärken. Barrieren könnten auch später noch hinzugefügt werden, falls politische eine Beschränkung erforderlich werden sollte.
Welche Software- und Hardware-Lösungen könnten sich für einen digitalen Euro eignen?
Aus Verbrauchersicht sollten die Lösungen vom privaten Sektor etabliert werden gemäß Nachfrage und EZB-Normen – am besten nahtlos integriert mit bestehender Infrastruktur für traditionelles Geld. Software- und Hardwarelösungen können in Form von digitalen Geldbörsen, mobilen und webbasierten Bankdienstleistungen und sowie offline nutzbaren und von Intermediären ausgegebenen physischen Token vorliegen.
Welche Rolle kann ihre Organisation hinsichtlich Design und Einführung als effektives Zahlungsmittel spielen?
Bitkom ist Europas größter Digitalverband mit 1900 direkten Mitgliedern und steht für mehr als 2700 Unternehmen der Digitalwirtschaft. Wir legen besonderes Augenmerk auf Finanzinnovation, wo wir auf die Expertise unserer zahlreichen Mitgliedsunternehmen vertrauen: mehr als 15 Banken, 60 FinTechs und 40 Blockchain-Startups. Im April 2020 haben wir einen ersten Bericht zum digitalen Euro veröffentlicht ((ITFM?)) und das Thema danach in zahlreichen Meetings, Konferenzen und Arbeitsgruppen behandelt. Zudem setzen wir uns dafür ein, das politische, wirtschaftliche, akademische und gesellschaftliche Bewusstsein für das Thema des digitalen Euro weiter zu schärfen, und könnten die EZB bei jeder umfassenden Kommunikations- und Akzeptanzstrategie unterstützen.
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