Aufdecken von Versicherungsbetrug: Fraunhofer entwickelt System zur Manipulationserkennung
Nach Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft beläuft sich der jährliche Schaden allein durch Versicherungsbetrug auf 4 bis 5 Milliarden Euro – Tendenz steigend. In einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt entwickelt ein Team aus Juristen, Psychologen, Wirtschaftswissenschaftlern und Informatikern jetzt ein System zur Betrugsprävention.
Für das Projekt EWV (Erkennung von Wirtschaftskriminalität und Versicherungsbetrug) analysieren die Wissenschaftler unter Leitung Fraunhofer-Institutes das Verhalten von Betrügern und erarbeiten IT-gestützte Verfahren zur Erkennung von Manipulationen. Besonderes Augenmerk gilt im Projekt dabei der rechtskonformen Beweissicherung. Weitere Informationen zum Projekt finden sich im Internet unter www.sit.fraunhofer.de/ewv. Erste Betrugsfälle diskutiert das Projektteam auf einem Workshop mit Vertretern der Versicherungswirtschaft am 30. April in Dortmund. Einen Kern von EWV bilden die Verbesserung bestehender und die Entwicklung neuer Methoden und Systeme zur Unterstützung bei der Aufdeckung von Versicherungsbetrug. Beispielsweise sollen Verfahren zur Erkennung von Manipulationen in großen Bilddatenbeständen, zur Finanzdatenanalyse und zur Bestimmung der Autorenschaft bei Texten optimiert werden.Ziel des Projekts ist insbesondere die Bekämpfung von groß angelegten Betrugsversuchen, mit denen Unternehmen systematisch geschädigt werden können”
Projektleiter Dr. Martin Steinebach vom Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie SIT
Dr. Steinebach weiter, “Natürlich sind wir noch am Anfang des Projektes, daher können wir beispielsweise noch nichts über den Aufwand der Entwicklung sagen. Derzeit sammeln wir Fragestellungen und Herausforderungen, dann analysieren wir den Stand der Technik und erst danach werden wir eigene Lösungen erstellen.”
Großschadensfällen gezielt verarbeiten
Um auch die anfallenden Datenmengen bei Großschadensfällen verarbeiten zu können, werden Methoden aus dem Big Data Processing und der Big Data Analysis mit den Betrugserkennungsverfahren kombiniert. So können auch große Mengen von Beweisen verteilt und effizient analysiert werden. Die Entwicklungen erfordert ebenfalls eine juristische Betrachtung der zu verbessernden Analyseverfahren und Präventionsmaßnahmen und ihrer Auswirkung auf den einzelnen Bürger als Versicherungsnehmer.
Das Ziel: Nicht nur verhindern – sondern auch frühzeitig Beweise sichern
Ziel ist es, rechtskonforme forensische Maßnahmen zur Betrugsaufdeckung und Beweismittelsicherung zu konzipieren, die einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den legitimen Bedürfnissen nach einer Betrugsbekämpfung und den ebenso legitimen Interessen der Betroffenen nach Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte sicherstellen. Dafür ist zuerst zu klären, wie ein Geschädigter an Daten und Gegenstände zur Analyse gelangen kann. Neben eigenen Datenbeständen sind hier Ansprüche auf Dateneinsicht, beispielsweise im Rahmen einer umfassenden Offenbarungspflicht (eDiscovery) zu untersuchen.
Um potentiellen Endnutzern einen Eindruck von den durch EWV geschaffenen Möglichkeiten zu verschaffen, entsteht ein Demonstrator, der die implementierten Lösungen zusammenfasst. Durch ihn wird eine Evaluierung hinsichtlich Erkennungsleistung und Benutzbarkeit realisiert. Parallel werden aber auch Aspekte wie Datenschutz und Gerichtsverwertbarkeit betrachtet.
Fraunhofer SIT geht davon aus, dass am Ende eine Sammlung von Methoden entsteht, die zum Beispiel eine Versicherung direkt bei Eingang einer Schadensmeldung nutzen kann, um diese auf verdächtige Merkmale zu prüfen und so die Erkennung von Betrugsfälle verbessert und beschleunigt.
Mit 1,5 Millionen Euro gefördert
Das im Januar gestartete Projekt läuft bis Ende 2017 und wird mit insgesamt 1,5 Millionen Euro durch das BMBF gefördert. Sicher gut investiertes Geld. Beteiligt sind neben dem Fraunhofer SIT auch die MH Service GmbH, die Universität Kassel, die Universität Passau, die Fachhochschule Dortmund, das Institut Psychologie & Bedrohungsmanagement und als assoziierte Partner die Mannheimer Versicherung sowie das Finanzamt Gotha.
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