PayPal – Mit eigenem Stablecoin auf Libras Spuren! Gastkommentar von Oliver Geiseler, Partner bei Capco
Vor kurzem wurde bekannt, dass PayPal an einer eigenen Kryptowährung arbeitet. Der Schritt scheint nicht besonders überraschend. So wenig überraschend die Bestätigung von PayPal ist, so wenig verwundert es, dass keine lokale Bank an einer entsprechenden Initiative beteiligt ist – oder gar selbst ein vergleichbares Projekt vorantreibt. Erinnerungen an Bill Gates aus dem Jahr 1994 werden geweckt: „Banking is necessary, but banks are not“. Der Gastkommentar
von Oliver Geiseler, Partner bei Capco
Paypal macht also einen Stablecoin (mehr hier) – das war zu erwarten, denn PayPal bietet in ersten Märkten schon seit einigen Monaten Kauf, Verkauf und Besitz von etablierten Kryptos an. Der Schritt, eine eigene Währung zu launchen, ist nur konsequent, gilt es doch, die große Reichweite zu nutzen, um die eigene Fertigungstiefe auszuweiten.Die geplante Währung wird im ersten Schritt darauf abzielen, internationale P2P-Zahlungen weiter zu vereinfachen und den internationalen Geldtransfer zu revolutionieren.”
Das Potenzial einer grenzüberschreitenden Coin-Lösung lässt sich aktuell im mittelamerikanischen El Salvador beobachten: Überweisungsdienstleister MoneyGram und Western Union müssen laut Angaben von CNBC von jährlichen Verlusten von 400 Millionen US-Dollar ausgehen – unlängst hatte das Land im Zuge einer großangelegten PR-Kampagne Bitcoin Wallet-Lösungen ausgerollt. Neben den P2P-Zahlungen scheint auch das Potenzial für das Treasury nicht unerheblich. Auch Elon Musks Tesla hatte im letzten Jahr bereits mit der Bitcoin-Zahlung geliebäugelt und diese zwischenzeitlich implementiert.
Das Vorbild Meta
Die Planungen PayPals wecken Erinnerungen an Facebooks Libra-Pläne. Als First Mover zielt PayPal sicherlich darauf ab, agile FinTech-Konkurrenten wie etwa Block auf Distanz zu halten …
… letztlich wird man jedoch auch größtes Interesse daran haben, Social Media Gigant Meta aus dem Bereich Zahlungsverkehr fernzuhalten.”
Auch wenn gewisse Parallelen zum Libra-Projekt vorhanden sind, so gibt es doch ein paar signifikante Unterschiede. Bereits in der Stellungnahme zur Bestätigung fällt auf, dass PayPal offensichtlich aus den Schwierigkeiten von Meta gelernt hat. So soll der Stablecoin mit einer Bindung an den US Dollar nur in Abstimmung mit der Regulierung eingeführt werden. Das spektakuläre Projekt Libra, welches in Kooperation mit diversen Zahlungsverkehrsgrößen an den Start gehen sollte, war am heftigen Widerstand der Regulatoren gescheitert und kämpft nun unter dem Namen „Diem“ um eine Umsetzung in abgeschwächter Form.
Nicht zu vergessen ist auch, dass PayPal ein Geschäftsmodell vertritt, dass primär auf die Abwicklung von Finanzdienstleistungen und nicht auf die Monetarisierung von Kundendaten ausgelegt ist. Erfahrungen mit den hohen Anforderungen zur Identifikation ihrer Kunden (Know your customer – KYC) und den Vorgaben zur Vermeidung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung (Anti Financial Crime – AFC) werden helfen, hier zügiger eine Akzeptanz bei den unzähligen nationalen Regulatoren zu erreichen.
Hat der PayPal Coin eine langfristige Perspektive?
In vielen Ländern wird bereits an der Einführung digitaler Währungen, den sogenannten Central Bank Digital Currencies (CDBC), gearbeitet. Auch im Euro-Raum soll es den digitalen Euro geben. Aber während diese Initiativen noch einige Zeit brauchen werden und deren jeweilige, globale Reichweite nicht ganz abzusehen ist, ist PayPal nach vorne geprescht. Konkurrent Meta ist mit der omnipräsenten Lösung WhatsApp gar noch deutlich verbreiteter.
Es wird spannend sein, welche Use Cases über reine P2P-Zahlungen zu erwarten sind. Mithilfe sogenannter Smart Contracts könnte PayPal die Tür zu weiteren Decentralised Finance Lösungen aufstoßen.”
Bemerkenswert ist hierbei auch, dass US-Zentralbank-Chef Jerome Powell nur wenige Tage nach der Bestätigung von PayPals Überlegungen in einer öffentlichen Stellungnahme die Ko-Existenz von CDBC und privatwirtschaftlich etablierten Stablecoins für möglich erklärte.
Was tun hiesige Banken in diesem Bereich?
Erwartungsgemäß wenig. Es liegt dabei nicht an der technologischen Kompetenz der Häuser. Nahezu alle Banken haben das Know-how, Lösungen mit Hilfe der Distributed Ledger Technology (DLT) zu implementieren. Es laufen auch bereits vielfach Initiativen hierzu. Jedoch ist man primär damit beschäftigt, Kunden den Handel und die Verwahrung von Digital Assets zu ermöglichen.
Um aber eine digitale Währung erfolgreich zu etablieren, braucht es Reichweite und eine möglichst globale Präsenz. Hier sind Europas Wettbewerber sehr weit entfernt.”
Die Einführung von EPI (European Payments Initiative) kommt aufgrund unterschiedlicher Ausgangspunkte der einzelnen Länder und der damit einhergehenden Bewertung der einzubringenden Assets nicht voran.
Die Spielräume für innovative Projekte sind kaum gegeben, hinkt man in der Profitabilität den großen US-Amerikanischen Banken weit hinterher, was angesichts der unterschiedlichen Regulierungen nicht unbedingt verwundert. Möglichkeiten, die eigene Größe durch länderübergreifende Fusionen zu steigern, werden durch eine noch immer fehlende Bankenunion erschwert.
Fazit
Auch wenn die Einführung des PayPal Coins sicherlich nicht in den nächsten Wochen erfolgen wird – zu viele regulatorische Vorgaben sind noch zu klären – so bietet dieser dennoch die Chance, eine digitale Währung fernab der hochspekulativen Kryptowährungen von Bitcoin & Co. global zu etablieren.
Der Kundenbedarf hierfür ist schon lange da.”
Hiesige Banken werden hierbei – abgesehen von der Bereitstellung der Referenzkonten ihrer Kunden – keine Rolle spielen. Zwar gilt der Zahlungsverkehr bereits seit Jahren als für Banken verloren, die Innovationskraft der globalen Big- und FinTechs wecken jedoch ebenfalls Zweifel, ob im Bereich Decentralised Finance nennenswerte Potenziale für hiesige Banking-Player gehoben werden können.Oliver Geiseler, Partner bei Capco
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