Künstliche Intelligenz: Gamechanger im Forderungsmanagement?
Juliane Schmid, Director Product Engineering und Jakob Spitzer, Director Analytics bei EOS Technology Solutions erläutern den Mehrwert von Künstlicher Intelligenz im Forderungsmanagement. Dabei warnen sie ganz klar vor der Gefahr einer Überregulierung.
von Juliane Schmid, Director Product Engineering und Jakob Spitzer, Director Analytics bei EOS Technology Solutions
Daten ermöglichen es Finanzdienstleistern, die individuellen Situationen ihrer Kundinnen und Kunden besser zu verstehen. Dadurch können sie Forderungen gezielter und erfolgreicher beitreiben und für die langfristige Entschuldung von Verbrauchern sorgen. Dabei sind die auf den Einzelfall inhaltlich und förmlich zugeschnittene Kommunikation sowie die Informationsbereitstellung von wesentlicher Bedeutung. Und:
Künstliche Intelligenz (KI) kann das Verständnis der eigenen Daten auf eine ganz neue Ebene heben.”
Künstliche Intelligenz als Wertschöpfungsquelle
Kundinnen und Kunden reagieren unterschiedlich auf Zahlungsaufforderungen. Eine professionell gesteuerte und gepflegte KI- Architektur kann Tausende von Reaktionen algorithmisch analysieren und dabei wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Die Analyse ermöglicht es dem System, abschließend Tendenzen und Rückschlüsse über die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs einer bestimmten Maßnahme zu ziehen. Ob die Person angerufen oder per Mail kontaktiert werden soll, zu welcher Uhrzeit und mit welcher Tonalität die Kontaktaufnahme am besten erfolgt oder ob und wann jemand zahlen kann: All das lässt sich durch Daten der Vergangenheit mit hoher Präzision vorhersagen. Der Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme im Inkassoprozess fließt wiederum in künftige Entscheidungen ein, sodass sich das System ständig selbst optimiert. In einer cloudbasierten Umgebung können die Daten zudem viel effektiver miteinander verknüpft werden. Dadurch erfolgt ihre Bearbeitung noch schneller und die KI-unterstützten Methoden eröffnen viele neue Wege für die Kundeninteraktion und das Forderungsmanagement. Die SEB Bank in Schweden entlastet beispielsweise ihren IT-Support mit einer “intelligenten virtuellen Assistentin”. Und das finnische Softwareunternehmen Basware hat einen KI-basierten Assistenten entwickelt, um darüber Alltagsfragen in der Beschaffung beantworten zu lassen.
Datentransparenz und Self-Service-Angebote erhöhen Kundenzufriedenheit
Effiziente und gut verarbeitete Datenstrukturen bieten darüber hinaus Transparenz für die Verbraucher. So können diese beispielsweise ihren Forderungssaldo jederzeit online einsehen, Zahlungen leisten oder im Self-Service Ratenvereinbarungen abschließen bzw. anpassen. Vor allem jüngere Generationen erwarten die hohe und zeitlich uneingeschränkte Verfügbarkeit von Online-Diensten. Hinzu kommt, dass Finanzthemen meist sensibel sind und Verbraucherinnen und Verbraucher es in Teilen als schwer oder unangenehm empfinden, mit anderen Menschen über ihre Schulden zu sprechen. Self-Service-Angebote sowie technische Innovationen wie Chat- oder Voicebots, die eine Kommunikation ohne menschlichen Kontakt ermöglichen, bieten hier große Chancen im Customer-Relationship-Management.
Die Zukunft ist Real-Time
Autorin Juliane Schmid, EOSJuliane Schmid ist Director Product Engineering bei EOS Technology Solutions. In dieser Rolle verantwortet sie gemeinsam mit ihrem Team die Entwicklung des neuen KI-basierten Inkassosystems für den deutschen Markt. Dabei wird besonderer Fokus auf datenbasierte Entscheidungen, einen hohen Automatisierungsgrad sowie schnelle Adaptionsfähigkeit gelegt. Operative Erfahrungen im Forderungsmanagement sowie die konsequente Anwendung agiler Prinzipien in einem sich stark wandelnden digitalen Umfeld gehören dabei zu ihren Grundpfeilern.
Chat- und Voice-Bots sind an vielen Stellen fortgeschritten und können unkomplizierte Routineanfragen übernehmen und bearbeiten. In Echtzeit gesprochene Worte sind für sie allerdings noch schwer zu verarbeiten und der Kontext wird in den meisten Fällen noch nicht gut erkannt. Künftig werden die Bots jedoch in der Lage sein, beispielsweise beim Zuhören im Kundengespräch anhand von fortgeschrittener Kontexterkennung Kundenberater wertvolle Hinweise zu den möglichen Verhandlungsstrategien oder Lösungsoptionen zu geben. In fünf Jahren sind Bots viel selbstständiger und werden zudem eine extreme hohe Verfügbarkeit ermöglichen. Auch die zeitliche Begrenzung der Ansprechbarkeit wird zunehmend verschwinden und die Bots werden somit wirtschaftlicher. Dabei ist möglich, dass sie einfache Anfragen auf den Kundenplattformen übernehmen und menschliche Kundenberater nur noch eingreifen, wenn der Chat- oder Voicebot nicht weiterhelfen kann. So nehmen die Bots den Mitarbeitenden kleinteilige Aufgaben ab und sorgen für Entlastung. Wenn sie bei komplexeren Anfragen an Grenzen stoßen, müssen sie jedoch eine sinnvolle Alternative bieten oder an eine reale Person übergeben. Diesen Aspekt gilt es direkt in der Entwicklung zu berücksichtigen, um die Zufriedenheit aller Beteiligten sicherzustellen.
Essenziell für den Erfolg von KI in der Datenverarbeitung sind die eigenen unternehmensinternen Prozesse, die auf die Verwendung von Echtzeitdaten und das Lernen aus deren Analyse ausgerichtet sind. Unternehmen können außerdem verstärkt auf externe Datenanalysen von Drittanbietern zugreifen, um damit die eigenen Erkenntnisse anzureichern. Wichtig ist, dass diese Verflechtung von Prozessen im Kontext der Datendemokratisierung verstanden wird. Daten werden in den kommenden fünf Jahren weiter verbreitet und noch leichter zugänglich sein. Um Daten und deren Erkenntnisse im vollen Umfang ausschöpfen zu können, sollten Unternehmen ihre Data Literacy erweitern.
Hierfür gilt es, die Verwendung von Daten nicht nur als in Systeme eingespeiste Informationsstücke zu verstehen, sondern als Ansporn zur Prozessverbesserung.”
Entsprechend ist allen Mitarbeitenden der niederschwellige Zugriff auf relevante Datenpunkte zu ermöglichen.
Es droht eine Überregulierung: Datenschutz im gesunden Maße ist gefragt
Essenziell für den verantwortungsvollen Umgang mit Daten und die Gewährleistung des Datenschutzes ist, dass die gesammelten Daten anonymisiert oder pseudonymisiert verarbeitet werden.”
Für die Pseudonymisierung gibt es bereits fortgeschrittene technische Lösungen. Damit wird sichergestellt, dass beispielsweise in Trainingsdatensätzen für KI-Lösungen durch eine effiziente Nutzung von Hashes oder Maskierungen kein Personenbezug mehr besteht und gleichzeitig die Daten ihre wertvolle Aussagekraft behalten. Hier kann eine effiziente Cloud-Architektur das Sicherheitsniveau auf Basis eines Zero-Trust Ansatzes weiter erhöhen. Wichtig zu beachten ist, dass KI-Systeme im vollen Umfang steuerbar sind – sie können zu jeder Zeit angepasst oder ihre Fehler im System schnell identifiziert und behoben werden. So bleibt die KI unter Kontrolle und es gelingt Finanzunternehmen, Daten rechtskonform, kundenfreundlich und effektiv zur sinnvollen Ergänzung ihres Geschäftsmodells zu machen.Juliane Schmid und Jakob Spitzer, EOS
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