GAA-Sprengungen: Banken wollen Schutz verstärken; künftige Ministerin fordert Verkleben
Niedersachsens designierte Justizministerin hat angekündigt, gegen die häufigen Angriffe auf Geldautomaten vorzugehen. Von einer “besorgniserregenden Entwicklung” ist die Rede. Auch Sicherheitsbehörden und Banken wollen gegensteuern und unterzeichnen gemeinsame Erklärung.
Das ist ein Kriminalitätsphänomen, das es in anderen Ländern fast gar nicht mehr gibt, weil die Geldautomaten entsprechend präpariert sind: Versucht jemand den Automaten zu sprengen, verklebt das Geld und wird damit unbrauchbar.”
Kathrin Wahlmann, designierte Justizministerin (SPD) ggü “Neuen Osnabrücker Zeitung”
Sie erwarte von den Banken, dass sie ihre Automaten entsprechend nachrüsten, betonte Wahlmann. “Solange das nicht passiert, werden die Sicherheitsbehörden und die Justiz weiter mit Automatensprengungen zu tun haben, nur weil Banken ein paar Tausend Euro für Klebesysteme sparen wollen”, sagte die Richterin. Dass die Banken in Deutschland diese Techniken bisher nicht einsetzten, sei “unverantwortlich”, da bei Sprengungen in gemischten Wohn- und Geschäftshäusern auch über den Banken lebende Menschen gefährdet oder sogar verletzt würden.
Die Deutsche Kreditwirtschaft weist darauf hin, dass es beim Schutz vor Geldautomatensprengungen keine pauschal wirksamen Präventionsmaßnahmen gibt. Welche Vorkehrungen in welcher
Kombination getroffen werden, hängt stets von der aktuellen Risiko- und Gefährdungssituation des jeweiligen Standortes ab. Insbesondere der Einsatz von Festsprengstoff hat eine besorgniserregende
Entwicklung genommen. Die rücksichtslosen Täter nehmen mit ihren brachialen Angriffen inzwischen billigend in Kauf, dass sie auch Leib und Leben von unbeteiligten Menschen gefährden
Banken sehen Handlungsmöglichkeiten
Der Einsatz von Verklebungstechnik zählt zum umfassenden Katalog möglicher Sicherungsmaßnahmen bei der GAA-Prävention, so die Deutsche Kreditwirtschaft (Webseite) auf Anfrage von IT Finanzmagazin. Diese Systeme würden zwar nicht die Sprengung selbst verhindern, erschweren allerdings die Beuteverwertung und können damit den Anreiz zur Sprengung vermindern. Bevor Banken und Sparkassen in Deutschland Geldautomaten mit Verklebungstechnik einsetzen, sind derzeit aber noch offene Positionen (z. B. Arbeits- und Gesundheitsschutz, Umtauschpraxis, Zertifizierung) zu klären.
Grundsätzlich wollen Banken und Sparkassen in Deutschland ihre Schutzmaßnahmen gegen die Sprengung von GAA wegen der gestiegenen Zahl von Attacken verstärken. Das geht aus dem Entwurf einer gemeinsamen Erklärung des “Runden Tisches Geldautomatensprengungen” unter Federführung des Bundesinnenministeriums hervor.
“Das Kriminalitätsphänomen der Sprengung von Geldautomaten hat in jüngerer Zeit eine besorgniserregende Entwicklung genommen”, heißt es in der Erklärung, die am Dienstag unterschrieben werden sollte. Zuvor hatte das Handelsblatt (hier) darüber berichtet.
Im Jahr 2020 wurden demnach 414 GAA-Sprengungen verzeichnet, ein Jahr später waren es 392. Dies seien die beiden höchsten Fallzahlen seit dem Beginn der statistischen Erfassung durch das Bundeskriminalamt (BKA) im Jahr 2005. Die vorläufigen Zahlen für das erste Halbjahr 2022 ließen einen neuen Jahreshöchststand erwarten. Ein möglicher Grund dafür ist demnach, dass ein großer Teil der Täter aus den Niederlanden nach Deutschland kommt, nachdem dort umfangreiche Präventionsmaßnahmen umgesetzt wurden.
“Die zunehmende Sprengung mit Explosivstoffen birgt neben erheblichen Sachschäden besonders hohe Gefahren für Leib und Leben unbeteiligter Personen”, heißt es in dem Papier. So wurden beispielsweise jüngst bei einer Automatensprengung in Neuss zwei Anwohner leicht verletzt.
Präventionsmaßnahmen kombinieren
Die Kreditwirtschaft setzt sich dem Papier zufolge dafür ein, eine Kombination verschiedener Präventionsmaßnahmen je nach Standort und Risikoanalyse zu priorisieren und umzusetzen. Dazu zählt etwa, in der Zeit von 23 Uhr bis 6 Uhr keinen Zugang mehr zu GAA in den Vorräumen von Filialen zu gewähren. Als weitere Maßnahmen werden Einbruchmeldeanlagen im Selbstbedienungs-Foyer und Videoüberwachung von Geldautomaten und Foyer genannt.
Die Reduktion des Bargeldhöchstbestandes könne zudem eine wirksame Präventionsmaßnahme darstellen. Dazu zählten auch sogenannte Einfärbesysteme. Im Alarmfall würde das in den Geldkassetten enthaltene Geld eingefärbt und so weitgehend unbrauchbar gemacht.
Standorte, bei denen im Fall einer Sprengung ein besonders hohes Gefährdungspotential für unbeteiligte Dritte besteht, sollen nach Möglichkeit vermieden werden, “wenn die Risiken nicht durch geeignete Maßnahmen angemessen reduziert werden können”, heißt es in dem Papier.
An dem “Runden Tisch Geldautomatensprengungen” beteiligten sich Vertreter der Deutschen Kreditwirtschaft, der Bundesbank, des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, des Bundeskriminalamts (BKA) und weiterer Sicherheitsbehörden.dpa
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