Die Fidor Bank zieht die Notbremse: Verkauf gescheitert, Betrieb wird eingestellt
Bei der Fidor Bank gehen bald die Lichter aus. Damit endet ein Kapitel des Zukunfts-Banking in Deutschland, das so hoffnungsvoll begann. Denn die Fidor Bank startete 2009 in einer Zeit, als man Communities und FinTechs noch nicht so nannte, sondern vom Mitmach-Banking sprach. Die letzten Jahre waren dagegen eher geprägt von schlechten Nachrichten, einem wenig visionären Besitzer in Form der französischen BPCE und der Abwicklung auf Raten.
Hinter der Bank standen Matthias Kröner, der schon in den 90er Jahren die Direkt Anlage Bank als erste Direktbank in Deutschland überhaupt groß machte, und Martin Kölsch, Privatkundenvorstand der Hypovereinsbank (damals noch Bayerische Hypo- und Vereinsbank). Beide hatten eine Vision, waren ihrer Zeit möglicherweise etwas voraus, schafften es aber verdammt gut, auf Konferenzen und Branchentreffs zu vermitteln, wohin die Reise für einen Teil der Bankkunden gehen könnte. Und sie hatten Erfolg, insbesondere bei einer Kundenzielgruppe der Early Adopter und Digitalaffinen.Damals wurden zahlreiche Community-Features erfunden, wie sie heute auch Grundlage in zahlreichen Digitalbanken und FinTechs von Bunq bis Vivid, von Scalable Capital bis Tomorrowbank sind. Man tauschte sich über Geldanlage aus, unterstützte sich gegenseitig in Foren und mit Musterdepots und entwickelte „gemeinsam“ neue Features. In Anführungszeichen deshalb, weil die Fidor Bank selbst natürlich hier das letzte Wort hatte, doch über lange Zeit wurde die Community gehört.
Mit der BPCE-Übernahme begann der Bedeutungsverlust der Fidor Bank
Übernommen hat bereits 2016 die französische BPCE als Großbank, die sich dem Vernehmen nach damals eher das Know-how einer digitalen Bank und eines FinTechs einkaufen wollte und auch andere etablierte Banken ein gutes Stück weiter in der Digitalisierung gebracht hätte. Draus gemacht hat man indes wenig – Personen aus dem Insiderkreis berichten, dass im Laufe der Zeit immer weniger klar wurde, welche Strategie die Fidor Bank einschlagen soll. Auch Matthias Kröner urteilte im IT-Finanzmagazin seinerzeit:
Unterm Strich haben hier zwei unterschiedliche Unternehmenskulturen nicht optimal zusammen gefunden. Wir haben dadurch nicht die Effizienz und die Flughöhe erreicht, die wir uns alle erhofft hatten.”
Matthias Kröner, damals CEO Fidor Bank
Eine wichtige Säule war über die Jahre das White Label-Geschäft, das die Bank für Produkte anderer Unternehmen ausführte, etwa für den Mobilfunkanbieter O2. Doch auch der wechselte schon 2020 zum Dienstleister Comdirect (auch hier blieb man nur für rund zwei Jahre) und so machte die Fidor vor allem im Ausland (etwa im Nahen Osten) Furore mit ihren FinTech-Services und Lösungen.
Neben dem Endkundengeschäft haben wir gerade in den letzten Jahren das B2B-Geschäft massiv vorangetrieben und erfreuen uns insbesondere in der MENA-Region und in Asien starker Nachfrage. In Singapur etwa sind wir Mitgründer einer API-Plattform, die FinTechs und Banken die Zusammenarbeit erleichtert.”
Matthias Kröner, damals CEO Fidor Bank
Im Endkundengeschäft entwickelte man sich in den letzten Jahren dagegen in vielerlei Hinsicht irgendwie vorbei am Kunden – die Bank sorgte hauptsächlich noch für Schlagzeilen, wenn es um suboptimale Workflows (dann meist bei Twitter, wo der Support aber schon seit 2020 eher rar wurde) oder die Übernahme an einen weiteren Partner ging. Diese misslang trotz mehrfacher Ankündigung – CEO Matthias Kröner hatte da schon länger das Unternehmen verlassen. Lediglich die Softwaretochter Fidor Solutions, die in den letzten Jahren immer wichtiger für das wirtschaftliche Ergebnis der Bank geworden war, ging an Sopra Steria – sicherlich ein guter Move für alle Beteiligten.
Nur ein Teil der Fidor Bank wird nach der Abwicklung bleiben
Ende 2022 wurde klar, dass die Übernahmeverhandlungen mit verschiedenen Interessenten gescheitert sind und die BPCE gab bekannt, man wolle die Fidor Bank bis spätestens Ende 2023 abwickeln und den Betrieb einstellen. Die Rede war damals von kumuliert dreistelligen Millionenverlusten. Inzwischen ist klar: Soviel Zeit haben die Kunden wohl nicht, denn die Kündigung erfolgt mit zwei Monaten Vorlauf – ob das bei zurückzuzahlenden Krediten ebenso knapp bemessen ist, ist nicht bekannt, bei den Guthaben ist es aber tatstächlich dieser überschaubare Zeitraum.
Jetzt hat das Unternehmen nach einigen Vorab-Mails an die Kunden auch ihre Website umgestellt. Dass hier eine Zugstrecke, auf der schon die Gleise abgebaut sind, zu sehen ist, hat fast etwas Tragisch-Symbolisches. Denn längst abgefahren scheint der Zug für die Münchner tatsächlich. In einer Zeit, in der mehr denn je digitales Banking für viele Kunden außerhalb einer Fan-Bubble zum Standard geworden ist, hat es die Bank nicht geschafft, ihre Ideen in kundengerechte Produkte zu bringen, obwohl sie allerbeste Voraussetzungen dafür hatte.tw
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