Bundesbanker Burkhard Balz zum Bezahlen von damals, heute und morgen
Bei einem Vortrag im Geldmuseum der Deutschen Bundesbank anlässlich der Ausstellung „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ des Historischen Museums Frankfurt sprach Bundesbankvorstand Burkhard Balz über die interessante Geschichte des Bezahlens und gab einen Ausblick auf das Bezahlen von morgen. Dabei betonte er vor allem den Aspekt Vertrauen als Grundlage für die Akzeptanz eines Zahlungssystems. Eine Zusammenfassung seiner Rede, die Sie hier vollständig nachlesen können.
von Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank
Der deutsche Dichter Wilhelm Busch schrieb einmal: „Mit dem Bezahlen wird man das meiste Geld los“. Das kann sicher jeder von uns nachvollziehen, denn das Geld wandert beim Bezahlen vom Käufer einer Ware zum Verkäufer. Dabei wird der Käufer zweifelsohne sein Geld los, erhält dafür zugleich aber einen Gegenwert.Zu einem Verlust des Geldes ganz anderer Art kommt es immer dann, wenn es durch Inflation seinen Wert verliert. Der Verlust besteht hierbei darin, dass man mit seinem Geld immer weniger Güter kaufen kann. Man verliert also nicht das Geld selbst, jedoch die damit einhergehende Kaufkraft.
Vertrauen ist Grundbedingung für das Bezahlen
Durch die Hyperinflation von 1923 war das Vertrauen der Deutschen in die Mark nachhaltig erschüttert. Nur durch eine umfassende Währungsreform konnte es letztlich wiederhergestellt werden. Damals wie heute ist es unabdingbar, dass die Menschen ihrem Geld und den damit befassten Institutionen vertrauen können.
Geld umfasst dabei neben Bargeld in Form von Münzen oder Banknoten heute vor allem auch das Buchgeld auf den Konten der Banken. Die Menschen im Euroraum haben großes Vertrauen in den Euro. Sie nutzen Bargeld und Buchgeld selbstverständlich zum Bezahlen. Dieses Vertrauen basiert auf einer umfassenden staatlichen Geldordnung, die aus den Fehlern der vergangenen Jahrhunderte gelernt hat.
Die Sicherung des Geldwertes ist in die Hände des unabhängigen Europäischen Systems der Zentralbanken, kurz ESZB, gelegt worden. Auch die Herausgabe von Banknoten und Münzen wird vom ESZB kontrolliert. Um das Vertrauen ins Buchgeld zu sichern, braucht es zudem ein stabiles Bankensystem. Deshalb werden Banken und ihr Geschäft staatlich beaufsichtigt und reguliert.
Bezahlen heute und morgen
Neben bargeldlosen Zahlungen mit Karte sind mittlerweile auch andere bargeldlose Bezahlverfahren in Deutschland weit verbreitet. Diesen Verfahren liegt in der Regel weiterhin das Bankkonto zu Grunde, so dass es sich überwiegend um neue Zugangswege zum bekannten Buchgeld handelt. Hierzu zählen spezielle Internetbezahlverfahren wie beispielsweise PayPal. Sie kommen bereits bei über einem Drittel aller Zahlungsvorgänge im Internet zum Einsatz.
Das bargeldlose Zahlen ist sehr viel einfacher, bequemer und schneller geworden. Allerdings haben auch die Möglichkeiten des unbefugten Zugriffs auf das Buchgeld zugenommen. Effektive Verfahren zur Kontrolle des Zugriffs sind daher neben sicheren Zahlungsverkehrssystemen zu einem wesentlichen Faktor für die Akzeptanz und das Vertrauen in Buchgeld geworden.
Neben Bargeld und Buchgeld tritt nun das sogenannte „digitale Geld“. Bislang handelt sich dabei vor allem um Krypto-Token, die überwiegend von privaten Unternehmen oder Initiativen herausgegeben werden. Als prominente Vertreter wären hier Bitcoin oder Ethereum zu nennen. Krypto-Token befinden sich nicht auf Bankkonten, sondern liegen verteilt im weltweiten Netz auf einzelnen Computern. Die Nutzerinnen und Nutzer können direkt miteinander Zahlungen von Computer zu Computer austauschen. Die etablierten Banken- und Zahlungssysteme werden hierfür nicht mehr benötigt.
Mit der Nutzung digitaler Token könnten daher viele Bestätigungen und Abstimmungsprozesse im Zahlungsverkehr beschleunigt werden oder sogar entfallen. Vor allem der grenzüberschreitende Zahlungsverkehr könnte in der Abwicklung potenziell schneller und kostengünstiger werden.
Doch die bisher bereitgestellten Krypto-Token konnten sich im Zahlungsverkehr nicht durchsetzen. Dies liegt zum einen daran, dass die Transaktionen in diesen Netzwerken sehr ineffizient abgewickelt werden.
Die Produktion der Krypto-Token verursacht einen sehr hohen Energieverbrauch. Zum anderen – und das ist meines Erachtens entscheidend – fehlt den Krypto-Token eine vertrauensschaffende Ordnung. Es gibt keinen verantwortlichen Herausgeber, der für die Wertstabilität einsteht.”
Krypto-Token unterliegen starken Wertschwankungen, sodass sie als Zahlungsmittel und Recheneinheit nur bedingt geeignet sind. Sie dienen daher überwiegend als Spekulationsobjekt.
Dabei ist durchaus ein Bedarf für „digitales Geld“ gegeben. Neue technische Innovationen wie etwa „Smart Contracts“ machen es möglich, komplexe Geschäftsprozesse in der Wirtschaft über digitale Verträge zu steuern und somit ganz neue Dienstleistungen und Produkte zu generieren. In Zukunft könnte das Auto zum Beispiel direkt mit der Zapfsäule kommunizieren, um die getankten Liter digital abzurechnen.
Dafür wird Geld benötigt, das in digitalen Netzwerken umlaufen und dessen Verwendung entsprechend programmiert werden kann. Natürlich muss ein solch digitales Geld wertstabil und sicher sein, damit es akzeptiert wird.
Es sollte erstens von einem glaubwürdigen Emittenten ausgegeben werden und zweitens in den regulatorischen Rahmen der bestehenden Geldordnung eingebettet werden. Nur dann bleibt eine verlässliche und rechtssichere Übertragung von einer Geldform in die andere gewährleistet. Schon Papiergeld konnte sich erst dann nachhaltig durchsetzen, als es staatlich reguliert wurde.”
Vor diesem Hintergrund gilt digitales Geld, das entweder von den staatlich kontrollierten Geschäftsbanken oder direkt von der Zentralbank selbst ausgegeben wird, als die vielversprechendste Lösung. Zusammen mit den nationalen Zentralbanken des Euroraums prüft die Europäische Zentralbank daher die Einführung eines digitalen Euro.
Im Herbst 2023 endet die momentan laufende Untersuchungsphase, in der das Eurosystem vor allem die mögliche technische und funktionale Ausgestaltung eines digitalen Euro analysiert. Im Anschluss wird das Eurosystem entscheiden, ob es in eine dreijährige Realisierungsphase eintritt. Mit dem digitalen Euro bezahlen könnte man jedenfalls voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2026.
Falls der digitale Euro kommt, würde es sich um ein elektronisches Gegenstück und eine Ergänzung zum Bargeld handeln. Den Menschen stünde mit dem digitalen Euro eine weitere Zahlungsmöglichkeit zur Auswahl.
Von einer Zentralbank emittiertes digitales Geld wäre ein Stabilitätsanker für das Zahlungs- und Währungssystem. Ein digitaler Euro würde außerdem die geldpolitische Souveränität des Euroraums stärken und den Wettbewerb sowie die Effizienz im europäischen Zahlungsverkehr fördern.”
Darüber hinaus könnte die Infrastruktur des digitalen Euro auch als Plattform für Innovationen dienen. Der digitale Euro könnte zum „Fortschrittsmotor“ werden und den digitalen Wandel der europäischen Wirtschaft vorantreiben. Natürlich müssen neben den vielfältigen Chancen auch etwaige Risiken in den Blick genommen werden, etwa für die Finanzstabilität.
Zum Erfolg wird der digitale Euro nur, wenn Wirtschaft und Gesellschaft ihn auch annehmen und nutzen. Daher sollte er allen gesellschaftlichen Gruppen einfach und sicher zugänglich sein. Zudem sollte er möglichst überall einsetzbar sein, etwa an der Supermarktkasse, im Restaurant oder bei Online-Käufen. Aber auch bei Zahlungen zwischen Privatleuten oder beim Zahlungsverkehr mit staatlichen Stellen.”
Wie das Bezahlen mit einem digitalen Euro ganz konkret einmal aussehen könnte, wird momentan noch untersucht. In jedem Fall wäre die Einführung eines digitalen Euro eine echte Innovation, die das Bezahlen mit Zentralbankgeld ins digitale Zeitalter überführt.
Die vollständige Rede von Burkhard Balz finden Sie hier.pp
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