Der digitale Euro soll gesetzliches Zahlungsmittel werden – das sind die Pläne der EU
Lange war über die Ausgestaltung des digitalen Euro spekuliert worden, jetzt ist ein Gesetzentwurf der Europäischen Kommission in Sicht, der beschreibt, in welcher Weise der digitale Euro zum gesetzlichen Zahlungsmittel werden könnte. Doch viele Fragen sind noch ungeklärt – insbesondere auch, welchen Mehrwert, der nicht auch auf anderem Wege realisierbar wäre, eine solche zusätzliche Variante unserer Währung haben könnte. Das sind die Hintergründe der Pläne, über die als Erstes das Handelsblatt berichtete.
Interessant ist vor allem eine Aussage des Gesetzentwurfs. Darin heißt es, Bargeld allein könne „die Wirtschaft der EU in der digitalen Ära nicht unterstützen“. Geplant ist, dass der digitale Euro als Zentralbankgeld in Erscheinung tritt und gesetzliches Zahlungsmittel ist, das von Unternehmen als gesetzlich bindendes Zahlungsmittel akzeptiert werden müsse. Eine bemerkenswerte Aussage angesichts der Tatsache, dass in Deutschland noch immer in vielen Geschäften Schilder mit der Aufschrift „nur Bargeld“ oder „Kartenzahlung erst ab 10 Euro“ zu finden sind.Noch immer erfolgen in Deutschland 40 Prozent der Umsätze mit Bargeld (also ebenfalls einem Zentralbankgeld), in anderen Ländern ist die Quote schon deutlich niedriger zu Gunsten bargeldloser Bezahllösungen. Ob es daher wirklich dazu kommt, dass wir überall verbindlich an der Ladenkasse und im E-Commerce mit dem digitalen Euro bezahlen können, bleibt offen, angestrebt ist es demnach aber. Der Gesetzentwurf, der jetzt seitens der EU-Kommission verhandelt wird, deckt sich offenbar weitestgehend mit den bereits geäußerten Vorschlägen der EZB.
Das Besondere an dem neuen digitalen Zahlungsmittel ist aber, dass es – so war es schon erwartet worden – als digitales (und weitgehend ausfallsicheres) Zentralbankgeld ausgegeben wird. Das hat damit zu tun, dass die Infrastruktur nicht von jeder Geschäftsbank realisiert werden kann. Ob es verschiedene Tranchen oder Aggregatzustände der Währung (etwa auch für gewerbliche Zwecke und Machine-to-Machine-Payment) geben wird, ist bislang nicht bekannt.
Zentralbankgeld vs. (Geschäfts-)Banken und Sparkassen
In dem Gesetzesvorschlag der EU-Kommission wird jedoch betont, dass der digitale Euro nicht in das Geschäftsmodell der Banken eingreifen soll. Für das gesamte operative Geschäft mit dem digitalen Euro, also den Kundenkontakt, sollen demnach die Geschäftsbanken zuständig sein. Als ein Zugeständnis an die Banken und Sparkassen sollen diese dem Entwurf nach „Digital-Euro-Konten“ für die Kunden führen und „Digital-Euro-Zahlungsdienste“ anbieten können. Welche das konkret sein werden und ob diese – damit sind wir wieder beim Thema – einen Mehrwert für den Kunden bieten, der nicht ohnehin schon vorhanden ist, bleibt abzuwarten.
Denn es wäre ja nicht so als hätten wir nicht schon die SEPA-Überweisung, Instant-Payment-Lösungen oder auch nationale Lösungen wie das Girocard-System auf der einen und internationale (wenn auch US-geprägte) Lösungen von Mastercard und Visa bis Paypal.
Ein weiteres Zahlungssystem, das Gleiches leistet und in Konkurrenz zu europäischen Marktteilnehmern treten würde, ist überflüssig.”
Positionspapier des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV)
Weder EZB noch Europäische Kommission haben bisher plausibel erklären können, worin der konkrete Mehrwert des digitalen Euros für die Bürger besteht.”
Markus Ferber, CSU-Finanzexperte und EU-Abgeordneter
Deutlich entspannter sehen das Thema die Privatbanken, die in einem BdB-Positionspapier den digitalen Euro Anfang des Jahres als „nächsten wichtigen Schritt in der Evolution des Geldes“ bezeichneten. Für die Kunden bedeute die zusätzliche Convenience einen Mehrwert aufgrund „der innovativen technischen Möglichkeiten, die eine digitale Währung verspricht“.
Ausblick: Digitaler Euro frühestens 2026
Wenn der EZB-Rat, die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament ihr Okay geben, könnte Europa in drei oder vier Jahren den digitalen Euro haben – doch dazu muss der EZB-Rat erst einmal veranlassen, dass das Projekt des digitalen Euro in die nächste Phase startet. Ein weiterer Zankapfel ist dabei noch die Höhe der Beträge, die jeder Deutsche an E-Euro haben kann. Die Genobanken hatten bereits Befürchtungen geäußert, dass vor allem kleinere Institute finanziell in Schieflage geraten, wenn zu viele Kunden zu viel Geld digital verfügbar haben.
Ist das gerechtfertigt? Unklar – aber bekannt ist eine Untersuchung seitens des BVR, wonach bei einer Obergrenze von 3000 Euro – das ist das derzeit angedachte Maximalbetrag – gerade einmal 56 der 700 Institute noch die gesetzlich vorgeschriebenen Liquiditätspuffer bereitstellen würden. Denn so müssten sich die Institute anderweitig um ihre Liquidität kümmern, da Kundeneinlagen zwar als Liquidität der Bank gelten, die Guthaben in digitalem Euro aber als Verbindlichkeit gegenüber der EZB bewertet werden müssten. Ob tatsächlich alle Kunden, die das könnten, auch auf entsprechende Maximalbeträge setzen würden, auch und gerade unter den Kundinnen und Kunden der Filialbanken / Genobanken. Die gelten gemeinhin als konservativer und weniger technikverliebt als diejenigen, die auf Digital- und Direktbanken setzen.
Welche Alternativen es zum digitalen Euro gibt
Dass die EU hier ohne ein wirkliches Alleinstellungsmerkmal zu benennen auf digitales Zentralbankgeld setzt, hat aber wohl auch mit dem Fomo-Gedanken (Fear of missing out) zu tun – „wenn wir’s nicht tun, tut’s wer anders“ gewissermaßen. Denn man befürchtet, dass ansonsten die digitalen Währungen anderer Staaten oder nichtstaatliche Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum den Job übernehmen und an die Stelle des E-Euro treten könnten. Ob es wirklich so riskant wäre, an dieser Stelle nicht zu handeln, lässt sich mit Sicherheit erst im Nachhinein beurteilen.
Doch gerade für die Banken und Sparkassen, aber auch die Kreditkartenunternehmen steht viel Marge auf dem Spiel, wenn sich kostenloses Zentralbankgeld in digitaler Form durchsetzt, denn sie verlangen eine entsprechende Marge von den Händlern (und somit über Umwege auch von den Privatkunden). Profitieren könnte ggf. der Handel, wenn er einerseits auf das gewohnte Bargeldhandling verzichten würde und zudem günstiger als mit Girocard, Kreditkarte und Co. seine Zahlungen abwickeln könnte.tw
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