STRATEGIE18. März 2024

Digitaler Euro – Geld, ein Tilgungsversprechen

Das Wesen des Geldes hat sich im Laufe der Zeit vom reinen Tauschmittel zu einem Tilgungsversprechen entwickelt. Ein gemeinsames Verständnis des Geldbegriffs ist zwingend erforderlich, um die Abgrenzung verschiedener Geldformen wie Bargeld, Giralgeld und Digitaler Euro nachvollziehen zu können.

von Rudolf Linsenbarth

Das Tilgungsversprechen ist die Grundlage des Geldes. Ist es das auch beim digitalen Euro?
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Auf die Frage, was ist Geld, bekommt man auch von der EZB den Verweis auf die folgenden drei Funktionen von Geld:

1. Tauschmittel
2. Recheneinheit/Wertmaßstab
3. Wertaufbewahrungsmittel

Diese Eigenschaften erfüllen aber auch andere Objekte wie Gold, die trotzdem kein Geld sind.

Eine Welt ohne Geld

Autor Rudolf Linsenbarth
Rudolf LinsenbarthRudolf Linsenbarth be­schäf­tigt sich mit Mobile Payment, NFC, Kundenbindung und digitaler Identität. Er ist seit über 15 Jahren in den Bereichen Banken, Consulting, IT und Handel tätig. Lin­sen­barth ist profilierter Fachautor und Praktiker im Finanzbereich und kommentiert bei Twitter (@holimuk) die aktuellen Entwicklungen. Alle Beiträge schreibt Linsenbarth im eigenen Namen.
Betrachten wir eine imaginäre Welt ohne Geld. Wenn zwei Partner ihre Produkte und Dienstleistungen im Tausch gegeneinander anbieten, müssen diese jeweils für beide Seiten von Interesse sein und in einem „wertgleichen“ Maß zur Verfügung stehen. Ansonsten kommt das Tauschgeschäft nicht zustande.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es keinen „Match“ gibt, ist hierbei größer als umgekehrt. Das Tauschgeschäft kann aber trotzdem vollzogen werden, wenn ein Partner für die Gegenlieferung eine Zeitverzögerung akzeptiert. Dazu gibt nun die andere Seite ein Schuldtilgungsversprechen ab.

Durch eine symbolische Vergegenständlichung des Tilgungsversprechens, z.B. in Form eines Schuldscheins, kann dieser selbst zur Ware werden und am Tauschhandel teilnehmen. Der Empfang von Ware und die Übergabe des Tilgungsversprechens ist ein vollendeter Tausch, bei der nur eine der beiden Seiten ein real existierendes Wirtschaftsgut liefert.

Aus Tausch wird Kauf

Zur Vereinfachung dieses Prozesses kommen die Banken ins Spiel. Sie übernehmen die folgenden Aufgaben:

  • Durchführung von Bonitätsprüfungen über das Leistungspotenzial der Schuldner, ein Tilgungsversprechen einlösen zu können
  • Quantitative Bewertung von Tilgungsversprechen durch Bereitstellung eines geeigneten Wertmaßstabes in Form einer Währung
  • Symbolische Vergegenständlichung der Tilgungsversprechen in Form von Bargeld oder Giralgeld

Diese von Banken zur Verfügung gestellten universellen Tilgungsversprechen bezeichnen wir als Geld. Mit dem Einsatz von Geld wird aus dem Tausch ein Kauf. Die daraus resultierende Gelddefinition lautet:

Währungsgeld ist die Gesamtheit aller quantitativ bewerteten und symbolisch vergegenständlichten Tilgungsversprechen von Banken.”

Dietrich Eckardt im Buch Was ist Geld?

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Geld ist also ein Versprechen, dass uns jemand, im Austausch dafür, eine werthaltige Sachleistung schuldet. Es ist damit ein Schuldschein, den wir gleichzeitig als Tauschmittel einsetzen können, womit es einen Gutschein-Charakter erhält. Diese Dualität gleichzeitig Schuld- und Gutschein zu sein, macht das Verständnis für Geld so schwierig.

Wir haben hier aber kein Henne-Ei-Problem, nach dem Motto was war zuerst da, der Gutschein oder der Schuldschein. Geld ist immer zuerst ein Schuldschein, den wir aber beliebig weiter reichen können und genau dadurch wird es zum Gutschein. Mit dem Besitz von Geld werden wir zum Gläubiger des Emittenten, also der Bank.

Die Verkäufer können das erhaltene Geld dafür einsetzen, um ein anderes Tauschgeschäft durch Bezahlung Schuld befreiend zu vollenden. Sie haben aber auch die Möglichkeit, ein zuvor gemachtes Tilgungsversprechen einzulösen. Das kann zum Beispiel ein Bankkredit oder eine Steuerschuld sein. Mit der Tilgung der Schuld wird das Geld dann wieder dem Kreislauf entzogen.

Exkurs Bitcoin und Geld
Folgt man der Geld­de­fi­ni­ti­on die­ses Ar­ti­kels, kann man kon­se­quen­ter­wei­se den Bit­co­in nicht als Geld be­zeich­nen. Der Bit­co­in ist kein Til­gungs­ver­spre­chen und es gibt auch kei­nen Ge­währs­trä­ger. Bit­co­in ist ein Tausch­gut, dem ein Wert im Maß­stab un­se­res Wäh­rungs­gel­des zu­ge­schrie­ben wird. Ob­wohl Bit­co­in, durch sei­ne Ver­ge­gen­ständ­li­chung in der Block­chain, sehr ein­fach über­trag­bar ist und von vie­len, trotz sei­ner Vo­la­ti­li­tät, als Spei­cher zur Wert­auf­be­wah­rung ver­wen­det wird, taugt er nicht als Geld­er­satz un­se­rer Wirtschaft.

Ich weiß, dass ich mir mit dieser Aussage in großen Teilen der Bitcoin Community keine Freunde mache. Ich will den Bitcoin damit nicht schlechtreden. Bitcoin ist eben nur kein Geld!

Zum Akt der „Geldschöpfung“ durch Banken, im Rahmen der Kreditgewährung, gehört auch die „Vernichtung“ des Geldes nach der Tilgung dieser Schuld. Hierbei hat sich die folgende Arbeitsteilung etabliert.

  • Geschäftsbanken emittieren Giralgeld für Menschen, Unternehmen und andere Geschäftsbanken. Die Sicherheit von Giralgeld hängt an der Fähigkeit einer Geschäftsbank, das Leistungspotenzial ihrer Schuldner, für die das Geld geschaffen wird, richtig einzuschätzen.
  • Zentralbanken sind die Erzeuger des Bargeldes.1) Neben dem Bargeld gibt es auch Zentralbankgeld als Buchgeld.
    Dieses steht aber nur den Geschäftsbanken zur Verfügung, da nur sie ein Konto bei der Zentralbank eröffnen können.2) Für das Zentralbankgeld ist der Staat, als Eigentümer der Zentralbank, der Gewährsträger.

    1) Genau genommen sind die Zentralbanken nur die Erschaffer der Geldscheine. Das Münzgeld wird direkt vom Staat erzeugt und die Zentralbanken müssen es ihm abkaufen.

    2) Es gibt auch Zentralbankkonten für Privatpersonen, aber nur für die Mitarbeiter der Zentralbanken.

Die Quintessenz aus meinem vorherigen Artikel „das Bargeld verschwindet“ ist, dass wir Bürger in Zukunft möglicherweise nicht mehr über Zentralbankgeld verfügen. Ob und für wen das Verschwinden von Bargeld in den Händen der Menschen ein Problem darstellen könnte, werde ich in dem nachfolgenden Artikel beleuchten.Rudolf Linsenbarth

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