Abschaltung zum Jahresende: Stehen Paydirekt und Giropay vor dem Aus?
Vor neun Jahren wurde mit großem Medienrummel und reichlich Werbebudget, das teilweise sogar über die Händler an die Kunden weitergegeben wurde, Paydirekt aus der Taufe gehoben. Das Bezahlverfahren der deutschen Banken und Sparkassen sollte den US-Digitalkonzernen wie Paypal, Apple und Google Paroli bieten und ein Gegengewicht zu den digitalen Lösungen der Kreditkartengesellschaften bilden. Jetzt wird bekannt, dass das wenig benutzte Bezahlverfahren wohl vor dem Aus steht.
Demnach soll noch in dieser Woche in den einschlägigen Gremien eine Entscheidung über die Einstellung des wenig erfolgreichen Bezahlverfahrens fallen, in das die Banken und Sparkassen über die letzten Jahre einen dreistelligen Millionenbetrag investiert haben. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf mit dem Sachverhalt vertrauten Kreisen.Paydirekt und das erst 2021 Jahren damit verschmolzene Giropay-Verfahren könnten demnach zu Ende des Jahres eingestellt werden, nachdem die Argumente der Kreditwirtschaft, die Zahlungsdaten wären hier sicherer als bei den US-Konkurrenten und würden nicht an Dritte weiterverkauft, bei den Kunden kaum gefruchtet haben. Laut einer Sprecherin des Bezahldienstes gibt es diebezüglich „Abstimmungen auf Gesellschafterebene zur Zukunft von Giropay respektive der Paydirekt GmbH als Betreibergesellschaft“. Man wolle jedoch erst über die „finalen Entscheidungen“ informieren.
Trotz großer Investitionen nicht erfolgreich
Unterm Strich kamen Paydirekt und Giropay nur auf einen einstelligen Prozentsatz beim Marktanteil – egal wie man es rechnete. Nennenswert Geld verdient wurde damit unterm Strich nie. Viele Kunden nahmen gerade in den ersten Jahren die Werbezuschüsse, die Händler in Form von 10-Euro-Gutscheinen für die Zahlungsabwicklung über Paydirekt verteilten, gerne mit, nutzten das Verfahren dann aber nicht weiter. Auch die zwischenzeitlich durch einige Banken durchgeführte (nahezu-) “Zwangsanmeldung” (die Sparkassen nannten das seinerzeit “Komfortregistrierung”) für Konten führte erwartungsgemäß nicht zu einer intensiveren Nutzung des wenig beliebten Bezahlverfahrens. Auch die Auszeichnung als “Innovator des Jahres” 2019 konnte das Projekt nicht retten.
Auch wenn seitens der Kreditwirtschaft eigentlich (zunächst nahezu) alle Bankensysteme – von Sparkassen über die Genossenschaftsbanken bis hin zu den Privatbanken – bei Paydirekt mitgemischt haben, gelang es selbst nach der Fusion nicht, mehr als 23 Millionen Transaktionen im Jahr im Wert von 1,6 Milliarden Euro abzuwickeln (2022), wie Finanzszene damals ausrechnete. Seitdem lagen die Transaktionszahlen noch niedriger.
Wird bei EPI / Wero alles anders laufen?
Zuletzt waren offenbar Unternehmensberater von Roland Berger in dem Projekt involviert, die nun bestenfalls noch die verbleibenden Assets abwickeln können. Mit ähnlich großen Hoffnungen startete seinerzeit das Projekt Verimi als gemeinsame sichere Login- bzw. Single-Sign-On-Plattform. Auch hier hat sich die deutsche Wirtschaft wohl vergeblich gegen Mitbewerber aus den USA gestemmt – und gegen Mitbewerber wie Google und Facebook.
Ob es nun der European Payments Initiative (EPI) und dem angekündigten Digital-Wallet-Dienst Wero gelingen kann, der dieser Tage an den Start geht, gegen die Marktmacht von Paypal und Co. anzukommen, bleibt abzuwarten. Zweifel sind allerdings alles andere als abwegig – zumal an der EPI nur einige Banken beteiligt sind, während Paydirekt immerhin die Phalanx der gesamten deutschen Kreditwirtschaft hinter sich wusste. Immerhin weiß man zwischenzeitlich die Sparkassen, Volksbanken und die Deutsche Bank an Bord. Ohne IBAN und in weniger als zehn Sekunden sollen die Kunden der beteiligten Banken dann über ihre eigene Banking-App Geld untereinander versenden können. Auch das Einkaufen im Internet und später im Supermarkt soll mittelfristig über „Wero“ unterstützt werden. Ob dieses Mal alles anders wird?
Wer übrigens die gesamte Geschichte von Paydirekt und Co. noch einmal nachlesen will, bitte hier entlang. Das IT-Finanzmagazin hat nahezu in der gesamten Zeit seines Bestehens das Projekt gleichermaßen kritisch und wohlwollend begleitet. tw
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/211396
Schreiben Sie einen Kommentar