Wo sind Nutzen und Mehrwert? Studie des BVR hegt Zweifel am digitalen Euro
Ob der digitale Euro überhaupt Realität wird, ist noch alles andere als sicher. Doch der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) hat durch PaySys Consultancy eine Studie zum digitalen Euro erstellen lassen. In der Studie wird das Fazit gezogen, dass den Verbrauchern bereits heute eine Vielzahl von Zahlungsmitteln zur Verfügung steht, so dass ein neues Produkt wie der digitale Euro über einen echten USP oder Mehrwert verfügen müsste. Doch „ein signifikanter Mehrwert des digitalen Euro als Zahlungsmittel ist bisher nicht erkennbar“, so die Initiatoren der Studie, die gleichzeitig feststellen, dass die aktuellen Vorschläge der EZB und der EU-Kommission komplex und wenig vorteilhaft seien. Die Erhöhung der Zahl der Teilnehmer am Zahlungsverkehr und die technische Umstellung sind die kritischen Punkte.
Praxischeck für den digitalen Euro: Eine vom Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) in Auftrag gegebene und von PaySys Consultancy durchgeführte Studie „Der digitale Euro aus Sicht der Verbraucher, des Handels und der Industrie“ untersucht die bisher vorliegenden Vorstellungen der Europäischen Zentralbank (EZB) und den Regulierungsvorschlag der EU-Kommission, wie ein digitaler Euro aussehen muss. Kern der bisherigen politischen Vorschläge ist, dass der digitale Euro nicht nur als Zahlungsmittel in Ergänzung zum Bargeld, sondern als zusätzliches Zahlungsmittel neben dem bestehenden Zahlungsverkehr ausgestaltet werden soll. Dabei geht es um die Konsequenzen für die verschiedenen Marktteilnehmer, um einen möglichen Mehrwert für die Verbraucher und nicht zuletzt um die Praxistauglichkeit und Handhabung. Bestehen Widersprüche oder bauen die Ideen schlüssig aufeinander auf – und decken die Vorschläge alle Fragen ab, die für eine Umsetzung geklärt werden müssen?Kompliziert, nicht alltagstauglich: So setzt sich der digitale Euro nicht durch
Die PaySys-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass der digitale Euro, wenn er nach den aktuellen Vorschlägen ausgestaltet würde, kaum einen Mehrwert für Verbraucher und Handel bieten würde. Im Gegenteil: Die Autoren der Studie bezweifeln, dass die Verbraucher und der Handel das Produkt aufgrund seiner hohen Komplexität überhaupt verstehen, geschweige denn nutzen würden. So stiege beispielsweise die Zahl der am Zahlungsverkehr beteiligten Parteien von derzeit vier (Zahler, Zahlungsempfänger und deren jeweilige Zahlungsdienstleister) auf bis zu acht an, was zu einer Verkomplizierung und Verlangsamung der Abwicklungsprozesse führe.
Die Komplexität des digitalen Euro in dieser Ausprägung würde auch im Widerspruch zu einer Senkung der Kosten und damit zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Europas stehen. Die Autoren gehen auch davon aus, dass die technische Umstellung für den Handel und die Marktpartner mit erheblichen Belastungen verbunden wäre. Denn diese hätten keinen Einfluss auf das “Ob” und “Wann” der Umstellung. Das angedachte Entgeltmodell mit Obergrenzen unterhalb der Marktpreise hätte nach Ansicht der Autoren zudem eine Verdrängung effizienter europäischer Zahlungssysteme und damit eine nachhaltige Schwächung der europäischen Souveränität zur Folge.
Der digitale Euro in der bislang angedachten Ausgestaltung wäre eher ein Konkurrenzprodukt für existierende bargeldlose Zahlungsarten und weniger ein innovativer Ersatz für das herkömmliche Zentralbankprodukt Bargeld, dessen Nutzung derzeit rückläufig ist.”
Malte Krüger von der Technischen Hochschule Aschaffenburg
Der Professor, der zu den Autoren der Studie gehört, ergänzt, es seien derzeit noch viele Fragen offen und Widersprüche zwischen den einschlägigen Dokumenten des Eurosystems und dem Regulierungsvorschlag der EU-Kommission festzustellen. Offene Fragen gebe es insbesondere zur Ausgestaltung des Kompensationsmodells, der Regelung von Haftungsfragen, der Ausgestaltung des offline digitalen Euro, der Höhe der Haltelimits und der Gestaltung einer angedachten digitalen Euro-Karte. „Kritisch zu sehen ist zudem die Fokussierung auf das Smartphone als Zahlungsmittel“, erläutert Krüger weiter.
Für BVR-Vorstandsmitglied Tanja Müller-Ziegler braucht es einen digitalen Euro mit Mehrwerten für Verbraucher und Unternehmen. Die PaySys-Studie zeige aber, dass die bisherigen Vorschläge des Eurosystems und der EU-Kommission, eine staatlich betriebene Parallelwelt zum bestehenden und bewährten privatwirtschaftlichen Zahlungsverkehrssystem zu schaffen, der falsche Weg seien.
Im Mittelpunkt aller Überlegungen sollte der Nutzen für die Anwender liegen, einschließlich der Punkte Anonymität, Stabilität und Datenschutz. Auch in dieser Hinsicht sind viele Fragen offen. Die Bankpraxis muss bei der Konzeption eines digitalen Euro deutlich stärker einbezogen werden; wir bieten hier weiterhin unsere intensive Mitarbeit an.”
Tanja Müller-Ziegler, BVR-Vorstandsmitglied
Die komplette PaySys-Studie „Der digitale Euro aus Sicht des Verbrauchers, des Handels und der Industrie“ kann als kostenloses PDF ohne Angabe persönlicher Daten heruntergeladen werden. Methodisch wurden hierfür über systematischen Desk Research die bis Juni 2024 veröffentlichten Dokumente und Regulierungsvorschläge des Eurosystems und der EU-Kommission ausgewertet und auf Konsistenz sowie Umsetzbarkeit im europäischen Finanzmarkt, insbesondere aus Sicht des Handels und der Verbraucher, analysiert.tw
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