Helaba, BayernLB und dwpbank: Freiräume für „change the bank“ schaffen
Die Helaba, BayernLB und dwpbank haben gerade die Zusammenarbeit mit FI-TS verlängert beziehungsweise sie deutlich erweitert. Wir wollten wissen, was sich dahinter verbirgt und sprachen mit Dr. Walter Kirchmann, Vorsitzender der Geschäftsführung von FI-TS, über aktuelle und zukünftige Entwicklungen beim IT-Outsourcing.
Herr Dr. Kirchmann, drei große Banken – Helaba, BayernLB und die dwpbank – haben sich langfristig an FI-TS gebunden. Was bringt Banken dazu, ihre IT so lange und so vollständig aus der Hand zu geben?
Alle drei Kunden haben eine lange, teilweise mehr als 20-jährige Outsourcing-Beziehung mit FI-TS und sind sehr zufrieden mit unseren Leistungen. Dabei ist es uns stets gelungen, die für unsere Kunden kritischen Erfolgsfaktoren – eine hohe Betriebsqualität, die Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen und gleichzeitig eine kontinuierliche Verbesserung der Kosteneffizienz – in Einklang zu bringen.
Ferner fokussieren sich unsere Kunden immer mehr auf die IT-Kernkompetenzen einer Bank, also den „change the bank“ mit besonderem Blick auf die Anwendungsentwicklung, und geben die Kompetenz für „run the bank“ beziehungsweise die IT-Infrastruktur an ihren Outsourcing-Partner. Im Falle der dwpbank ist es uns gelungen, den Kunden davon zu überzeugen, seine bisherigen Leistungsbeziehungen mit drei IT-Infrastrukturprovidern plus den Anwendungsbetrieb bei uns zu konzentrieren. Die dwpbank reduziert dadurch deutlich die Komplexität, insbesondere in der aufsichtsrechtlich relevanten Providersteuerung.
Was sind denn generell die größten Herausforderungen beim IT-Outsourcing in diesen Größenordnungen?
Die Herausforderungen in einer Outsourcing-Beziehung sind je nach Phase sehr unterschiedlich. Während der Transition am Anfang gilt es in Zusammenarbeit mit dem Kunden und gegebenenfalls mit dem abgebenden Provider den Betrieb des Rechenzentrums unter voller Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs sicher umzuziehen. Auch wenn wir dies schon oft praktiziert haben und dafür auf ein erprobtes Vorgehensmodell zurückgreifen, gleicht kein Projekt dem anderen. In der anschließenden Transformation wird die Umgebung des Kunden sukzessive auf den Zielbetrieb, der Grundlage für die Kostenkalkulation war, umgebaut. Die konsequente Umsetzung der technischen Blaupausen und dabei gleichzeitig die Akzeptanz des Kunden zu erhalten, ist hier entscheidend für den Erfolg. Im anschließenden eingeschwungenen Zustand erwarten die Kunden dann von ihrem Outsourcing-Provider, dass er sie proaktiv dabei unterstützt, den „total cost of ownership“ zu begrenzen, technische Innovationen bedarfsorientiert einzuführen und aufsichtsrechtliche Regelungen einzuhalten. Spätestens nach vier Jahren sprechen wir dann mit dem Kunden über ein Benchmarking der Leistungen und in einigen Fällen auch schon wieder über eine Vertragsverlängerung.
Was passiert eigentlich mit den Bank-IT-Mitarbeitern? Übernimmt FI-TS alle?
Grundsätzlich ist die Übernahme der Mitarbeiter von Kunden ein wesentlicher Aspekt im Outsourcing-Projekt. Denn diese Kollegen kennen die IT unseres Kunden quasi wie ihre Westentasche. Von dieser IT-Expertise profitierten wir bisher immer und binden diese Mitarbeiter gerne an uns. Die erfahrenen IT-Profis stellen eine große Bereicherung dar, denen wir spannende Aufgaben und Möglichkeiten zur persönlichen und fachlichen Weiterentwicklung bieten.
Mit der Übernahme von versierten IT-Mitarbeitern haben wir in den letzten Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht wie etwa bei der LBBW, der dwpbank oder aktuell bei der LBS-IT.”
Einige Mitarbeiter verbleiben aber bei der Bank, wenn die Institute eigene Abteilungen für die Provider-Steuerung aufbauen und gegenüber den Fachabteilungen eher beratende Tätigkeiten etwa auf dem Weg der Digitalisierung erbringen.
Insourcing und Outsourcing wechseln sich als Strategie regelmäßig ab. Warum geht der Trend derzeit verstärkt ins Outsourcing?
Unsere Erfahrungen der letzten Jahre lassen erkennen, dass IT-Outsourcing in absehbarer Zeit noch weiter zunehmen wird. Einen wirklichen Trend zum Insourcing kann und konnte ich in der Vergangenheit nicht erkennen, allenfalls Insourcing als Reaktion auf ein gescheitertes Outsourcing-Projekt. Aktuell fokussieren sich die Institute im Zuge des digitalen Wandels beispielsweise auf ihre bankfachlichen Kompetenzen. Sie haben zudem erkannt, dass eine individuell betriebene IT-Landschaft zu teuer ist. Um noch signifikante Kostensenkungen etwa mit automatisierten und standardisierten Prozessen zu erzielen, suchen sie die Zusammenarbeit mit versierten Partnern. Auf dem Weg von einer individuellen zu einer standardisierten IT erwarten Banken und Versicherer dann auch, dass IT-Dienstleister Möglichkeiten finden, Kosten einzusparen. Eine solche Möglichkeit bieten etwa gemeinsam genutzte Services auf Basis eines regulierungskonformen Cloud-Angebots.
Betrifft das die ganze IT? Oder behalten die Banken gerne bestimmte Bereiche in Eigenregie? Und wo ist das sinnvoll?
Wir erkennen, dass Banken Bereiche ihrer IT auslagern, wo sie sich selbst durch die Zusammenarbeit mit einem branchen- und regulierungserfahrenen IT-Partner langfristig Vorteile sichern können. Weiter lassen sich die Fragen aber nicht verallgemeinern. Denn einen Branchentrend, dem alle Banken beim IT-Outsourcing folgen, gibt es nicht. Einige Banken wie auch die LBBW und die dwpbank haben sich für einen sehr hohen Leistungsschnitt bis hin zum Anwendungs-Betrieb entschieden.
Nun schlagen zurzeit große europäische beziehungsweise globale Konzerne auf, die Rechenzentren in Deutschland eröffnen und damit auch Banken und Versicherer ins Visier nehmen. Wie werden Sie sich differenzieren?
Die großen weltweit agierenden Konzerne haben bereits Maßnahmen ergriffen, um der Relevanz der Themen wie Datenschutz und Datensicherheit in Deutschland gerecht zu werden. Vor diesem Hintergrund bauen sie hier Rechenzentren auf oder suchen sich nationale Kooperationspartner, um neue Kunden zu gewinnen. Wir erkennen aber auch, dass sich die Multibranchen-Provider zuletzt aufgrund der steigenden regulatorischen Anforderungen aus dem hochreguliertem Bankensektor zurückgezogen haben, während wir unseren Wachstumskurs fortsetzen.
Als branchenversierter IT-Dienstleister besitzen wir eine über 20-jährige Erfahrung mit IT-Outsourcing bei Banken, Versicherern und Finanzdienstleistern. Gerade die aktuellen Vertragsabschlüsse bestätigen unseren Kurs. Mit den Themen IT in Verbindung mit Regulierung, sowohl für Banken als auch Versicherer, beherrschen wir die richtigen Schwerpunkte. Unsere Kunden profitieren davon, dass wir sicher im Umgang mit regulatorischen Vorgaben sind und über ein profundes Wissen für aufsichtsrechtliche Prüfungen verfügen.
Sehen Sie denn beim IT-Outsourcing für Banken noch neue Potenziale? Und wenn ja, welche?
Aus unserer Sicht ist das Potenzial bei Banken, vielmehr aber noch bei Versicherern, noch nicht ausgeschöpft. Da ist zum einen die Erhöhung des Leistungsschnittes zu nennen, die Potenzial bietet. Aber auch das Thema Cloud Computing birgt noch große Chancen in der Finanzwirtschaft. Hier dominiert zurzeit noch das Private-Cloud-Modell, so dass die Skaleneffekte wie sinkende Kosten nur in Teilen zum Tragen kommen. Ein Lösungsansatz ist etwa eine auf die Branchenbedürfnisse abgestimmte und mandantenfähige Community-Cloud, aus der Banken gemeinsam standardisierte Services beziehen.
Ein weiteres Thema ist Cyber Security. Die Bedrohungsszenarien haben sich verschärft und die Aufsichtsbehörden werden in naher Zukunft massiv dies in Prüfungen zum Schwerpunkt machen. Banken und Versicherer werden daher erheblich mehr in die IT-Sicherheit investieren müssen. Große IT-Dienstleister verfügen im Kampf gegen Cyber-Kriminelle über die notwendigen personellen Ressourcen und die passende IT-Infrastruktur, um die hochsensiblen Daten der Finanzbranche zu schützen.
In all diese Bereiche investieren wir, damit Banken in Deutschland auf Basis einer modernen und sicheren IT-Infrastruktur ihre Geschäftsmodelle angesichts der großen Herausforderungen zukunftssicher gestalten können.
Herr Dr. Kirchmann, vielen Dank für den Einblick!aj
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/28396
Schreiben Sie einen Kommentar