Auf dem Weg in ein bargeldloses Deutschland? – Warum Deutschland im Zahlungsverkehr noch immer analog ist
Zukunftsvisionen zu digitalen Bezahlverfahren gibt es viele. Einige Experten prophezeien, dass wir in einigen Jahren nur noch über Siri, Alexa oder Alice per Sprachsteuerung bezahlen werden. Wiederum andere glauben an ein gänzliches Verschwinden des Bargeldes oder an den alltäglichen Gebrauch von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum. Blicken wir jedoch auf das Hier und Jetzt, wird deutlich, dass der Durchschnittsdeutsche generell von digitalen Bezahlmethoden noch weit entfernt ist. Der Bankenverband thematisierte erst kürzlich in einem Positionspapier den Rückstand von Europa in Bezug auf digitales Bezahlen und definierte Maßnahmen, die das Angebot an Zahlungsverfahren für Verbraucher in Europa verbessern sollen. Schließlich sei dies der Grund für das Festhalten am Bargeld. Jedoch gibt es durchaus weitere Aspekte, die Deutschland im Zahlungsverkehr analog bleiben lassen.
von Yannick Decaumont, Managing Director, Paymill
Der Datenschutz stellt eines der größten Hindernisse in der Durchsetzung von digitalen Bezahlverfahren in Deutschland dar. Zum einen liegt dieses Problem begründet in der generellen Skepsis, die die deutsche Öffentlichkeit gegenüber neuen Technologien aufbringt. Auch wenn wir momentan auf dem Weg sind, uns für Innovationen zu öffnen, gibt es ein weiteres Problem:Bisherige digitale Payment-Methoden mahnen zur Vorsicht. An dieser Stelle sei das Beispiel Payback Pay genannt.”
Seit Mitte letzten Jahres lassen sich in ausgewählten Payback-Partnershops Einkäufe über die Payback App via Lastschriftverfahren bezahlen. An sich eine gute Sache, gäbe es nicht die einschüchternden AGBs, welche es dem Unternehmen erlauben, die Daten ihrer Kunden einzusehen und auszuwerten. Payback Pay ist nur ein Beispiel, auch bei vielen anderen digitalen Bezahlmethoden sind Erklärungen verankert, die es dem Anbieter erlauben, das Kaufverhalten sowie die Bewegungen ihrer Kunden über die Ortungsfunktion zu tracken.
Somit ist es nicht verwunderlich, dass die ohnehin schon skeptischen Deutschen bei digitalem Bezahlen die sicherere Variante Bargeld bevorzugen. Es fehlt die Grundlage für ein vertrauensvolles Zusammenkommen zwischen Konsumenten und Anbietern.”
Widerstand der Institutionen
Ein Blick auf das bargeldlose europäische Best-Case Beispiel Schweden, gibt ebenso Aufschluss über Deutschlands Nachholbedarf. Ganz im Gegenteil zur schwedischen Reichsbank, dessen Vizepräsident fest davon überzeugt ist, dass die Evolution auch auf dem Feld der Zahlungssysteme voranschreite, hält die Bundesbank in Deutschland am Bargeld fest.
Doch nicht nur die Bundesbank leistet Widerstand, auch die einzelnen Finanzinstitutionen öffnen sich nur langsam der Digitalisierung. An dieser Stelle sei wieder das Beispiel Mobile Banking genannt.
Das Entscheidungskriterium bei einem Konsumenten für Mobile Banking ist häufig die Einfachheit, die diese Bezahlmethode mit sich bringt. Doch was nützt dies, wenn die eigene Hausbank keine bzw. eine unbefriedigende App für Mobile-Banking anbietet?”
Die Hürde ist zu groß, wenn der Kunde erst einmal den Kreditkartenanbieter wechseln muss. Ohne flächendeckende Angebote wird digitales Bezahlen nicht alltagstauglich.
Damit in Zukunft nutzerfreundliche und wirklich anwendbare Angebote entstehen können, sollten konventionelle Bankbetriebe auf Innovation setzen – durch FinTechs oder interne Innovationsabteilungen.
Der Impuls für die Kundinnen und Kunden in Deutschland muss auch und in erster Linie von ihrem gewohnten Bankdienstleister ausgehen.”
Nur so entsteht kein Vertrauensverlust auf Seiten der Kunden bei ihrem notwendigen Weg ins digitale Bezahlen.aj
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