Provisionsabgabeverbot: Ist Moneymeets jetzt in Schwierigkeiten? Interview mit Johannes Cremer
Eine Moneymeets-Kundenmail offenbarte das Drama: “Diesen Kunden dürfen wir mit Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelung keine Rückerstattungen von Versicherungsprovisionen mehr auszahlen.” Oder anders: Das bisherige Geschäftsmodell muss ein anderes werden. Ein sogenannter Pivot. Wir wollen von Johannes Cremer (Geschäftsführer und Gründer von Moneymeets) wissen, wie es dazu kam – und was nun aus dem Unternehmen wird. Schließlich setzte er sich stark für eine neue, offene Regelung ein (Interview Juli 2015).
Herr Cremer, ist das Moneymeets-Geschäftsmodell jetzt in Gefahr?
Nein, unser Geschäftsmodell ist durch die neue gesetzliche Regelung nur am Rande betroffen.”
Denn als eines der führenden unabhängigen Portale für privates Finanzmanagement aggregieren wir die Finanzinformationen unserer Nutzer und stellen ihnen alle Informationen über ihre Konten, Depots und Versicherungen in einer digitalen Finanzübersicht zur Verfügung. Darauf aufbauend hat der Kunde weitere Möglichkeiten zur Analyse sowie zur Optimierung von Preis und Qualität seiner Verträge.
Durch das neue Provisionsabgabeverbot entfällt also lediglich ein Teil der preislichen Optimierungsmöglichkeiten für Endkunden bei moneymeets.”
Daneben stellen wir fest, dass es ein wachsendes Interesse an unserer Plattformtechnologie seitens Produzenten und Intermediären aus der Finanzindustrie gibt. Anbieter ohne eigene „Financial Home“-Lösung können je nach Wunsch einzelne Module der moneymeets-Plattform nutzen. Dies spart ihnen Entwicklungskosten in Millionenhöhe und beschleunigt die Time-to-Market. Aus Unternehmenssicht nehmen wir diese Nachfrageentwicklung als Bestätigung für unsere Anstrengungen der letzten Jahre wahr, in intelligente, zukunftsweisende Technik zu investieren.
Wie kam es zu der Regelung?
Am 11. November 2016 hatte das Oberlandesgericht (OLG) Köln entschieden, dass moneymeets weiterhin Provisionen von Versicherungsunternehmen offenlegen und mit seinen Kunden teilen darf. Damit wurde nicht nur unsere Geschäftspraxis bestätigt, auch große Teile der Fachöffentlichkeit waren sich sicher, dass damit das Ende des Provisionsabgabeverbots, einer Uralt-Verordnung aus den 1930er Jahren, eingeläutet worden sei. Zusätzlich wurde erwartet, dass die europäische Versicherungsrichtlinie IDD „Eins zu Eins“ in nationales Recht umgesetzt werden solle. Da diese keine Aussagen zum Provisionsabgabeverbot enthält, lag ein Auslaufen dieser deutschen Sonderregelung zum 30. Juni 2017 nahe. Die Zeit war endlich reif für eine zukunftsweisende, verbraucherzentrierte Rechtsetzung, die auch der Versicherungsindustrie den Weg in eine transparente digitale Zukunft ebnen würde.
Das klingt aber eher danach, dass die Provisionsabgabe zwar eine Grauzone war – aber trotzdem gültig?
Richtig – umso überraschter waren nicht nur wir, als das Provisionsabgabeverbot, das den mit der IDD intendierten Zielen hinsichtlich Wettbewerb, Transparenz und Verbraucherschutz eklatant widerspricht, nur wenige Tage nach der Urteilsverkündung im Referententwurf zur IDD-Umsetzung erneut auftauchte.”
In der folgenden Diskussion argumentierten wir auf Basis der Urteilsbegründungen sowie mit Unterstützung renommierter Versicherungsrechtler, dass das Provisionsabgabeverbot auch im neuen Gesetzesgewand in die Dienstleistungsfreiheit eingreifen, die Wettbewerbsfreiheit beschränken und den Grundsätzen des Auftragsrechtes im BGB widersprechen würde.
Also haben Sie widersprochen?
Leider vergeblich. Der Gesetzgeber hat auf Druck der Versicherungsindustrie und der Vermittlerlobby anders entschieden. Dabei wäre auch vor dem Hintergrund der Stärkung des Verbraucherschutzes eine Abschaffung des Provisionsabgabeverbots längst überfällig. Das Verbot verhindert einen Wettbewerb um Provisionen zum Nutzen der Verbraucher, der von günstigeren Preisen und besseren Leistungen profitieren würde. Und Verbraucher haben nach wie vor ein hohes Risiko, nicht das für sie passendste, sondern das für Vermittler lukrativste Versicherungsprodukt zu erwerben, was – wie viele aus schmerzhafter Erfahrung wissen – neben unnötigen Kosten häufig auch zu gefährlichen Lücken im Versicherungsschutz führt.
Nur ein Mehr an Wettbewerb und Transparenz würde für mehr Verbraucherschutz sorgen.”
Wie geht es nun weiter?
Genau hier setzen wir mit unserer Qualitätsstrategie an. Seit unserer Zulassung als Versicherungsmakler gemäß § 34d Abs. 1 Gewerbeordnung analysieren wir das Versicherungs-Portfolio unserer Kunden und optimieren auf seinen Wunsch hin seine Verträge.
Analysiert haben Sie ja vorher auch schon. Nicht?
Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck an neuen, intelligenten Anwendungen, die unsere Kunden in Kürze unter anderem auch eine eigenständige Überprüfung und Verbesserung ihrer bestehenden Versicherungen hinsichtlich Preis und Qualität ermöglichen werden. Hierzu entwickeln wir eine einheitliche Qualitätsmesszahl zur Analyse der AVBs der Versicherungen unserer Kunden. Die Analyse bezieht sich selbst auf ältere Tarife, so dass wir die Qualität der heutigen Versicherungssituation eines Kunden sehr gut darstellen können. Auf Basis aller heute im Markt verfügbaren Tarife empfehlen wir dann den Versicherungstarif, dessen Leistungsbedingungen den Bedürfnissen eines Kunden am besten entsprechen.
Wir werden damit das erste Unternehmen sein, das Endkunden eine intelligente und dabei völlig transparente Versicherungsberatung in digitalisierter Form anbieten kann.”
Herr Cremer, vielen Dank für die Erklärung!aj
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