Interview: Apps müssen mehr können als nur Zahlungsverkehr – Ralf Hönicke, Diebold Nixdorf
Kunden wünschen sich eine App, die weit mehr als den reinen Zahlungsverkehr abdeckt, sagt Diebold Nixdorf. Shoppen und Zahlen sei das Motto. Ralf Hönicke (General Manager für Software bei Diebold Nixdorf für die DACH-Region) zu dem Wunsch der Konsumenten, Ökosystem-Plattformen und dem Ende der individuellen Banken-Apps.
Herr Hönicke, wie lange dauert es, bis in Deutschland mobil bezahlt wird?
Genau so lange, bis eine durchgängige NFC-Lösung für beide mobilen Betriebssysteme realisiert wurde und eine hinreichende Anzahl an Händlern alternative Bezahlmethoden mit exzellenter Bedienerfreundlichkeit auf Smartphones integrieren und anbieten. Das setzt wiederum voraus, dass Konsumenten den Mehrwert, den mobile Technologie heute bieten kann, auch einfordern: einfache und durchgängige Kundenprozesse von der Informationsbeschaffung über Beratung bis hin zum Kauf und zur Bezahltransaktion, inklusive Loyalty-Programmen, Coupons und so weiter.Gerade in Deutschland haben wir eine lange Tradition des „mobilen Bezahlens“ in Kartenform. Wenn eine Smartphone-App die Funktionalitäten der Karte lediglich in digitale Form überträgt, dann ist das kein Mehrwert.”
„Eine App für alle Fälle“ wäre hier die Lösung – eine sogenannte Lifestyle-App, in der viele der alltäglichen Szenarien integriert sind. Und genau dieses Konzept setzen wir bei Diebold Nixdorf derzeit um.
Und wann hat Ihrer Meinung nach dann das Bargeld ausgedient?
Auch künftig wird es kein „entweder-oder“, sondern weiterhin ein „sowohl-als auch“ geben. Jedes Zahlungsmittel und jeder Zahlungsweg wird jeweils in bestimmten Situationen präferiert. Der Bezahler ist schon immer ‚hybrid‘ gewesen.”
Alle anderen Zahlungsmittel teilen sich die Marktanteile – und jedes neu hinzukommende nimmt den bestehenden ein paar Prozent weg, ersetzt es aber nicht. Das einzige, was in Deutschland verschwunden ist, ist der Scheck. In Deutschland sinkt der Anteil an Bargeldzahlungen sehr langsam. Das mag an Sicherheitsbedenken liegen: Deutsche misstrauen dem Schutz ihrer digitalen Daten – durchaus zu recht, wie immer wieder bekannt werdende Hackerangriffe zeigen. Zudem sehen viele Deutsche die detaillierte Nachverfolgbarkeit digitaler Zahlungen kritisch – sie wollen kein gläserner Mensch werden und zahlen bewusst mit dem nicht-nachvollziehbaren Cash. Andererseits ist die Bereitstellung der Bargeldinfrastruktur kostspielig. Daher entwickeln wir bei Diebold Nixdorf kontinuierlich neue Konzepte und setzen diese immer effizienter um, beispielsweise im Rahmen eines kompletten Outsourcings aller Bargeldprozesse – Cash-as-a-Service.
Welche Zukunft haben reine Payment-Apps?
Das Nutzerverhalten zeigt uns bereits heute, dass isolierte Funktionalität dem Anspruch von Konsumenten nach Durchgängigkeit in Kundenprozessen nie genügen wird. Bezahlen muss ein integrierter und intuitiver Vorgang bleiben.
Kunden wollen am liebsten alles in einer App – und sie muss in die Lebenswelt der Nutzer passen, also eine Lifestyle-App.”
Sie muss verschiedene Händler, Branchen und Zahlungswege in einer App vereinen – wir nennen das Connected Commerce, wir verbinden damit die digitale und physische Welt des Handels und des Bankings und bringen damit Händler, Banken und Kunden zusammen.
Welcher Mehrwert fehlt momentan noch?
Mehrwert ist fast alles, was über die reine Zahlungsfunktion hinausgeht. Im Idealfall muss der Nutzer nur eine einzige App installieren und kann über sie alles abwickeln, vom Einkauf der unterschiedlichsten Dinge über die Bezahlung und am besten auch gleich noch die Terminvereinbarung der Lieferung.
Es fehlt bei heutigen Payment-Apps die Einbettung in ein digitales Ökosystem. Dazu gehören unter anderem ein Personal-Finance-Management mit Bankkontenaggregation, Mobile-Cash-Funktionen, Bargeldein- und auszahlungen an Händlerkassen, Karten-Management, Mobile Shopping, Vergleichsportale und Couponing. Also all das, wo das Thema Geld und Bezahlen eine Rolle spielt – allerdings eine im Hintergrund.
Welche Rolle möchte denn dann Diebold Nixdorf beim künftigen mobilen Bezahlen spielen?
Diebold Nixdorf hat jahrzehntelange Erfahrung in beiden Welten – im Einzelhandel und bei Banken. Payment war schon immer einer von mehreren Schwerpunkten – und diese Expertise kommt uns weiterhin zugute.
In Zukunft geht es nicht nur ums Bezahlen, sondern ums Einkaufen. Da hängt das Bezahlen sozusagen hinten dran. Als Kunde will man ja nicht in erster Linie bezahlen, sondern ein Produkt oder eine Dienstleistung kaufen.”
Das Bezahlen wird dabei immer intuitiver und leichter. Wir haben die Kernkompetenz, die Veränderungsfähigkeit. Und wir entwickeln Innovationen, um die neuen Perspektiven im digitalen Ökosystem zu gestalten, die sowohl den Handel als auch das Banking verändern werden. Wir bieten eine universelle und leicht zu bedienende App an – und legen dabei besonderen Wert auf Sicherheit.
Sie sprachen von einer neuen Lifestyle-App. Was machen Sie da nun anders als andere?
Wir haben eine Ökosystem-Plattform entwickelt. Zusätzlich zum herkömmlichen Online-Banking beispielsweise kann ich hier meine Einnahmen und Ausgaben konsistent über mehrere Konten analysieren, kartenlose Bargeldabhebungen am Geldautomaten initiieren, Bargeldein- und auszahlungen an Händlerkassen durchführen, Karten verwalten, mobil shoppen und Coupons nutzen sowie Angebote vergleichen.
Das heißt, Sie wollen die Apps der einzelnen Banken und Sparkassen überflüssig machen?
Umfragen zeigen, dass die klassische Banking-App das Vertrauen der Bankkunden für Bankgeschäfte hat. Das ist auch gut so, allerdings sind die herkömmlichen Banking-Apps derzeit Kosten ohne Umsatzpotenzial. Das können wir gemeinsam mit dieser Ökosystem-App ändern.
Länder wie Dänemark zeigen, dass sich eine zentrale und von allen verwendete App – dort die der Danske Bank – durchsetzt und Standards setzt. Apps einzelner Anbieter werden immer Stückwerk im Markt bedeuten – der Kunde bittet quasi händeringend um eine einheitliche Plattform. Das kann ein einzelnes Geldinstitut nicht bieten.
Wenn sich die Banken zusammentun, dann kann etwas Gutes herauskommen – doch sie dürfen sich nicht zu lange Zeit lassen. Denn wenn die Marktposition besetzt ist, dann wird es schwer bis unmöglich sein, diese zurückzuerobern.”
Herr Hönicke, vielen Dank für das Gespräch.aj
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