Banken müssen sich wieder am Kunden orientieren – Kommentar von Christian Brüseke (Avoka)
Die klassische Hausbank hat ihre Anziehungskraft verloren. Damit sie im Wettbewerb um den Kunden weiterhin besteht, muss vor allem die Customer Experience verbessert werden. Der Erfolg einer Bank entscheidet sich heute immer stärker am Thema „Customer Experience” und hier ist die Position der deutschen Banken stark ausbaufähig – um es positiv zu formulieren. Christian Brüseke (General Manager der Avoka in Deutschland) kommentiert die Banken-Kunden-Beziehung.
von Christian Brüseke, Avoka
Viele Verantwortliche scheinen noch nicht realisiert zu haben, worum es eigentlich geht:Wer glaubt, dass mit der Customer Experience seines Instituts alles in Ordnung sei, weil die Kundenzahlen seit Jahren stabil sind, hat die neue Marktdynamik nicht durchschaut.”
Es ist ein Fakt, dass Kunden noch immer häufig den Aufwand scheuen, mit ihrem Konto zu einer anderen Bank umzuziehen. Man hat seine Daueraufträge und Lastschriften angelegt und der Gedanke, jeden Buchungspartner zu informieren, schreckt ab. Auch wenn ein Kontenumzug in den vergangenen Jahren einfacher geworden ist, so ist er aber definitiv noch nicht einfach genug. Wird dieser Aspekt in den kommenden Monaten jedoch weiter verbessert, so müssen die klassischen Finanzinstitute eventuell mit einer steigenden Abwanderung ihrer Kunden rechnen.
Denn: Die Bindung an ein Institut über das Girokonto hinaus wird immer geringer.”
Kunden, die ein Finanz- oder Versicherungsprodukt abschließen wollen, orientieren sich heute online, nutzen Vergleichsportale, befragen Foren und buchen schließlich bei dem aus ihrer Sicht günstigsten Anbieter. Wobei günstig nicht in erster Linie finanziell gemeint ist, immer wichtiger wird das „Onboarding”, also der geführte Prozess bis zum Abschluss.
Nicht selten wird heute eine Transaktion angestoßen und nach wenigen Klicks abgebrochen, weil vielleicht das Eingabeformular nervt oder die Antwortzeiten zu lang sind.”
Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander
Nur mit einer außergewöhnlichen Customer Experience können Banken dieser Entwicklung entgegenwirken und den potenziellen Wechsel ihrer Kunden zur Konkurrenz verhindern. Leider klaffen Anspruch und Wirklichkeit hier aber auseinander: Die Banken stellen immer neue Anwendungen online zur Verfügung, lösen damit aber beim Kunden keine Begeisterung aus. Der Grund ist ganz simpel:
Die Anwendungen werden so designt, dass sie zwar optimal in die Abläufe der Bank und ihre IT-Systeme passen – aber leider nicht zum Anspruchsdenken der Kunden.”
Anstatt die Entwicklung aus Kundensicht anzugehen, werden die Anwendungen von der Bank her gedacht. Und genau das machen die zurzeit aufstrebenden FinTechs besser: Der hier aktuell zu beobachtende Erfolg erklärt sich vor allem damit, dass sie den Entwicklungsprozess wieder anfangen, vom Kunden aus zu entwickeln und seine Forderungen in den Mittelpunkt stellen.
Kunden brechen Prozesse bei traditionellen Banken oft ab, weil die Abläufe, Formulare und Fragen aus Bankensicht designt wurden und dementsprechend als unübersichtlich und mühsam empfunden werden. Wenn ein potenzieller Kunde hier frustriert zum vorzeitigen Ende und bei einem FinTech mit weniger Aufwand und durchdachter Benutzerführung zum gewünschten Ziel kommt, liegt klar auf der Hand, für welchen Anbieter er sich am Ende entscheiden wird. Ein Beispiel: Während bei klassischen Bankgeschäften oft noch eine Identifizierung in einer Filiale oder über ein Fossil-Verfahren wie PostIdent nötig ist, reicht es bei der Eröffnung eines Kontos bei N26, seinen Ausweis vor die Handy-Kamera zu halten. Damit kann eine Konteneröffnung oder Transaktion direkt vom Sofa aus abgeschlossen werden.
Erst wenn Bruchstellen in einem Prozess offenliegen, kann gezielt an der Optimierung gearbeitet werden.
Viele Banken messen heute in ihren Systemen hohe Abbruchraten, wissen aber oft gar nicht, wo genau ein Problem liegt und an welcher Stelle angesetzt werden müsste, um es zu beheben.”
FinTech-Kooperationen als Frischzellenkur
In einer bestehenden Organisation Denkstrukturen zu verändern, ist extrem aufwändig und langwierig. Ein Ausweg können Kooperationen mit FinTech-Start-ups sein. FinTechs bieten in den meisten Fällen einen innovativeren und vor allem kundenorientierteren Ansatz.”
In einer bestehenden Organisation Denkstrukturen zu verändern, ist extrem aufwändig und langwierig. Ein Ausweg können Kooperationen mit FinTech-Start-ups sein. FinTechs bieten in den meisten Fällen einen innovativeren und vor allem kundenorientierteren Ansatz.”
Es handelt sich oftmals um Unternehmen, die von jungen Menschen geführt werden, die mit Smartphone und Tablet aufgewachsen sind und daher Produkte entwickeln, die ihrer eigenen und damit der aktuellen Kundenmentalität entsprechen. Das sind die viel zitierten „Millennials”. Tradition meets Moderne – ein Ansatz, der für beide Seiten Vorteile verspricht.aj
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