Banking: Letztlich nur “spezielles Datenmanagement”?
Das Kerngeschäft der Banken ist die Informationsverarbeitung. Die Produkte der Banken sind nichts anderes als Information. Der Absatz der Produkte erfolgt immer seltener über Filialen oder durch Kundenberater. Mit dem Smartphone lassen sich die meisten Bankgeschäfte orts- und zeitunabhängig erledigen. Wenn es also im Prinzip nur um die Weiterverarbeitung von Daten in Informationen und um deren Bewertung und Darstellung geht – ist das Banking dann letztlich nichts anderes als “spezielles Datenmanagement”?
von Ralf Keuper
Banking, so der Wirtschaftsredakteur und Autor Dr. Norbert Häring, wandelt sich immer mehr in Richtung Datenmanagement. Nur dort, wo persönliche Beziehungen und Kenntnisse von Bedeutung sind, ist das Banking mehr als nur Daten- bzw. Informationsverarbeitung. (Vgl. dazu: “Banking ist im Wesentlichen spezielles Datenmanagement” – Interview mit Dr. Norbert Häring).Wenn es sich so verhält, dann ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Technologiekonzerne den Banking-Part in ihr Datenmanagement integrieren.
Im dem Buch Die Wirtschaftswelt der Zukunft wird der Gründer des FinTech-Startups Standard Treasury mit den Worten zitiert:
Was tun Banken? Sie speichern Wert, sie bewegen Wert, sie bepreisen Risiken. Das sind alles Funktionen eines Datenunternehmens. Wenn sie es wollten, könnten die Leute von Google diese drei Aufgaben besser als die meisten Banken erledigen.”
Zu einer ähnlichen Bewertung kommt Viktor Mayer-Schönberger. In einem Interview mit der ZEIT monierte er, dass die Banken es über die Jahrzehnte versäumt hätten, aus den riesigen Datenmengen einen Mehrwert für ihre Kunden zu erzeugen. Das machen nun andere.
In den 1980er Jahren forderte der damalige Deutsche Bank – Vorstand Eckart van Hooven die Banken dazu auf, sich in
gigantische Kommunikationsunternehmen zu wandeln, deren wesentliche Funktion es ist, zuverlässige Daten zu kommunizieren und damit Auskunft zu geben über alles, was den Umgang mit Geld betrifft (in: Gewerbe im Wechsel (manager magazin 9/1984)
Davon sind die Banken heute weit entfernt. Die Chance wurde vertan. Dennoch bleibt der Auftrag: Wenn Banken ihre Stellung auch nur ansatzweise behaupten wollen, dann müssen sie in der Lage sein, die Auskünfte zu geben, von denen van Hooven sprach, d.h. sie müssen nicht nur Daten über den Umgang mit Geld, sondern auch über den Umgang mit den personenbezogenen Daten der Kunden und deren Digitale Identitäten geben.
Eher sieht es danach aus, als würde das Banking als weitere Funktion in die Industrie 4.0 und den Handel/E-Commerce integriert.”
Allerdings könnten die Regulierung und das Kartellrecht den Banken zu Hilfe kommen. Der Unmut gegenüber der Marktmacht von Google & Co. nimmt – nicht nur in Europa – spürbar zu. Der Bedarf nach vertrauenswürdigen, weitestgehend unabhängigen Instanzen/Institutionen, die als Vermittler/Datenmanager zwischen den Parteien auftreten, dürfte wachsen. Das wäre dann eine Chance für die bestehenden Banken aber mehr noch für neue bankähnliche Organisationen auf Blockchain-Basis. Eventuell erleben wir eine Renaissance des Genossenschaftswesens – so etwas wie eine Bank für Maschinendaten e.G. So abwegig ist das nicht (mehr). Damit kämen der regionale und persönliche Bezug zurück. Banking wäre dann mehr als nur “spezielles Datenmanagement”.Ralf Keuper
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