Small Talk statt Big Data: Inspirationen aus anderen Branchen – 50. Bankenfachtagung von Diebold Nixdorf
„Vom lokalen zum digitalen Champion“ – unter diesem Motto stand die 50. Bankenfachtagung von Diebold Nixdorf in Rottach-Egern. Mehr als 150 Vertreter von Banken und Sparkassen diskutierten über den richtigen Weg zur Bank der Zukunft und ließen sich auch von sehr spannenden Best Practices anderer Branchen inspirieren.
von Anja Kühner
Claus Böbel ist umtriebig, launisch und direkt. „Es geht nicht darum, das Produkt zu verbessern – auch andere machen gute Produkte“, verglich der unterfränkische Metzger seine Bratwurst mit Bankprodukten – und redete den gut 150 anwesenden Bankern während der anlässlich der zweitägigen Bankenfachtagung organisierten „Rottacher Gespräche“ massiv ins Gewissen: „Viel mehr geht es darum, dass der Kunde das Produkt erlebt.“Böbel führt seinen traditionellen Familienbetrieb ins digitale Zeitalter, erwirtschaftet inzwischen die Hälfte seines Umsatzes per Webshop, baute ein Erlebnishotel rund ums Thema Wurst – und vor allem: „Ich habe als einziger von einstmals sechs Metzgern im Ort überlebt.“
Erfolgsrezept: Small Talk statt Big Data und bei Unsicherheit über den richtigen Weg den Dialog mit den Kunden suchen – ob im Laden oder per Social Media.”
Den Bankenvertretern riet Böbel zu mehr Ausprobieren:
Bei einem Neustart auf der grünen Wiese kommen „schnell zweistellige Millionenbeträge“ an Anschubinvestitionen zusammen, gab Arjan van der Eijk zu. Er ist für Change-Projekte wie den Aufbau neuer Geschäftsmodelle beim Energieversorger Innogy verantwortlich und erzählte von dem neuen Angebot „Baby-Raumklima“ und Innovationskultur, die „weit weg in Berlin einfacher sei als in der Nähe des Vorstands in Essen“.Einfach mal machen – dann sehen Sie, was funktioniert. Und in zehn Jahren sehen alle sowieso nur noch die Sachen, die funktioniert haben.“
Wegen des hohen Investitionsbedarfs beim Aufbau einer Plattform als Grundlage für ein digitales Ökosystem empfahl Antonia Kaiser, Geschäftsführerin von ICS IT und Consulting: „Die Anfangsinvestition ist groß und lässt sich daher sinnvollerweise besser in einer Gruppe bewältigen. Auch wir haben die eine oder andere Nachschussrunde gefahren.“
Twinten – ein neues Wort für den Schweizer Duden
Wovon die Banken in Deutschland noch träumen, das hat das Team von Twint-Chef Markus Kilb in der Schweiz geschafft: „Twinten ist dabei, in den Duden aufgenommen zu werden“, erzählte er. Zum Markteintritt von Google Pay und Apple Pay war das Ende der Mobile-Payment-Lösung bereits vorausgesagt worden. Das Gegenteil ist eingetreten: Allein in 2019 konnte Twint die Anzahl der Transaktionen versechsfachen, im Dezember wird die sechsmillionste Transaktion erwartet. „Bis 2024 werden fünf von sechs erwachsenen Schweizern ein Twint-Konto und wir werden 20 Millionen Transaktionen pro Jahr abwickeln“, hat sich Kilb vorgenommen. Sein Erfolgsrezept liegt in der Kooperation:
Zu unseren Aktionären zählen alle größeren Schweizer Banken, dazu die Akquirer und Issuer von Kreditkarten – nur so haben wir die schnelle Akzeptanzverbreitung geschafft.“
Markus Kilb, Twint-Chef
Um auch mobiles Bezahlen jenseits der Schweizer Grenzen zu ermöglichen, hat Twint die European Mobile Payment Association initiiert, der unter anderem auch der schwedische Marktführer Swish angehört. „Wir unterliegen als Schweizer zwar nicht der EU-Regulierung, aber nur durch Kooperation können wir unseren Kunden irgendwann die gewünschte Reichweite bieten“, so Kilb.GAA schützen: KI erkennt Gasflaschen und Brecheisen und löst schon vor dem Anschlag Alarm aus
Doch unabhängig vom Erfolg digitaler Bezahlverfahren wird das Bargeld in absehbarer Zeit nicht aussterben. Zur Bargeldversorgung sind weiterhin Geldautomaten nötig – und solange es sie gibt, werden Gangster sie angreifen. Jochen Gag, Geschäftsführer der FI Solutions Plus, hat sich daher mit einem vierköpfigen Team auf die Fahnen geschrieben, Überfälle auf Geldautomaten mittels Künstlicher Intelligenz (KI) zu erkennen und sich „möglichst vor die Tatausführung zu setzen“. Ein halbes Jahr lang trainierte sein Team eine selbstlernende Bilderkennungssoftware, die von Überwachungskameras in SB-Zonen aufgenommenen Bilder analysiert. Daher ließ er bei einem Händler alle verfügbaren Gasflaschen fotografieren. „Es gibt in Europa keine Gasflasche, die wir nicht kennen.“ Die Fotos wurden anschließend bearbeitet: perspektivisch gekippt, gedreht, verrauscht, dann händisch kategorisiert. Inzwischen erkennt sie innerhalb von vier Sekunden Gasflaschen und Brecheisen – zwei von acht bei Angriffen auf Geldautomaten typischerweise eingesetzte Gerätschaften – und schlägt Alarm. Dann entscheidet ein Wachschützer, ob die Polizei alarmiert wird.
Künstliche Intelligenz kann die Sicherheit enorm erhöhen und im besten Fall sogar die Tat verhindern. Wer Agilität lernen möchte, der sollte sich an der Organisierten Kriminalität orientieren.“
Jochen Gag, Geschäftsführer der FI Solutions PlusDenn kaum waren die Gangster auf die ersten Geldautomaten mit Vernebelungstechnik getroffen, die sie ihre Angriffe erfolglos abbrechen ließ, brachten sie bei weiteren Überfällen Entlüftungsschläuche und Pumpen mit – und kamen wieder an die Geldkassetten.
Neue Sicherheitskonzepte bei Diebold-Nixdorf
Auch bei der neuen Geldautomaten-Generation DN Series von Diebold Nixdorf (Website) dreht sich vieles um innovative Sicherheitskonzepte. Mehrschichtige, modular einsetzbare Sicherheitsfeatures schützen gegen physische Bedrohungen und Cyber-Angriffe. Vielfältige Überwachungsoptionen zum Schutz der Systeme und Anwender, Biometrie und ein verbesserter Schutz gegen Sprengattacken gehören unbedingt dazu.
Zudem nutzt die DN Series intelligente Verfahren zum Lernen und initiiert Analysen. „Über Mustererkennung analysieren wir heute mehr als 100 Sensoren innerhalb eines Geräts, und aus der Erfahrung lernen dann alle anderen Nutzer unseres Netzwerks“, erklärte Dr. Ulrich Näher, Senior Vice President Systems von Diebold Nixdorf, anlässlich eines Pressegesprächs zur Bankenfachtagung.
Gelernt habe Diebold Nixdorf für die DN Series auch von den besten Praxisbeispielen anderer Branchen: „Beim Bildschirmdesign haben wir uns die Smartphones angeschaut, beim Service die Aufzugsindustrie und im Supply Chain Management die Autoindustrie.“
Genau diese branchenfremden Vorbilder empfahl auch Thomas Dankwart – und damit auch ein völlig neues Selbstverständnis für die Mitarbeiter von Banken. Der jahrzehntelange Sparkässler und heutige Business Angel beschrieb es als
Anja Kühner„ich bin kein Berater, ich bin Wunscherfüller und Reiseleiter für die Kunden.“
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