FINTECH11. März 2016

Barzahlen.de: Vom Banken-Angreifer zum Banken-Dienstleister – um das Filial-Problem zu lösen

Florian Swoboda, dem Gründer und Geschäftsführer der Cash Payment SolutionsCash Payment Solutions
Florian Swoboda, Gründer und Geschäftsführer der Cash Payment Solutions Cash Payment Solutions

Genau heute vor drei Jahren (am 11. März 2013) startete Barzahlen.de. Das Unternehmen hat durch die Finanzierung von Rewe und Grenke Bank einen spannenden Start hingelegt, Auszeichnungen erhalten – und wandelt sich gerade vom Banken-Angreifer zum Lösungsanbieter für das Filialproblem der Direkt- und Retailbanken. Wir fragen bei Florian Swoboda, dem Gründer und Geschäftsführer der Cash Payment Solutions – dem Betreiber von Barzahlen.de, nach.

Herr Swoboda, auch wenn wir schon über Barzahlen.de berichtet haben: Wie würden Sie Barzahlen.de in einem Satz beschreiben?

Barzahlen.de ist Deutschlands größte, unabhängige Zahlungsinfrastruktur, die es Kunden im Einzelhandel bei REWE, PENNY, dm, real,- und vielen weiteren ermöglicht, Bargeld abzuheben, auf das Girokonto einzuzahlen und Rechnungen aus verschiedenen Lebensbereichen wie Online-Einkäufe oder Stromrechnungen zu zahlen.

Durch Ihre Kooperation mit number26 stehen Sie auf der Seite der Bank-Angreifer. Bekommen Sie deshalb viel Gegenwind von Banken?

Im Gegenteil. Wir stoßen auf großes Interesse an einer Kooperation. Wir bieten die Infrastruktur, die wir geschaffen haben, partnerschaftlich Banken zur Nutzung an. So können Banken Ihr Netzwerk an „Bankautomaten“ um 10.000 Filialen erweitern. Ohne hohe Fixkosten.

Das heißt, Sie sehen sich nicht in der Rolle des Angreifers?

Wie ich sagte: Jede Bank kann genauso unser Kunde werden wie Number26. Aktuell ist Number26 einer der größten Angreifer auf das Privatkundengeschäft der Banken und das nicht zuletzt, weil sie neue Wege gehen. Sie sind die ersten in Deutschland, die Barzahlen.de für Abhebungen vom Girokonto und Einzahlungen darauf nutzen. Wir erleben sehr viel positives Nutzerfeedback und sind überzeugt, dass sich einfache Bankgeschäfte wie die Bargeldabhebung immer mehr in den Einzelhandel verlagern werden, weil die dort bestehenden Infrastrukturen ideal dafür genutzt werden können und dabei noch extrem kundenfreundlich sind.

Wir sehen uns aber als Partner der Banken und nicht als jemand, der diese angreifen möchte.”

Für wie Bank-kompatibel halten Sie das, was Sie leisten?

Banken stehen vor der Herausforderung, dass sich das klassische Filialgeschäft nicht mehr rechnet. Daher bauen alle großen Banken Filialen ab. Laut KfW soll es bis 2020 ein Drittel weniger Filialen geben und mit unseren 10.000 Filialen haben wir jetzt schon das drittgrößte Filialnetz verglichen mit allen Banken in Deutschland. Dieses können Banken partnerschaftlich nutzen, statt sehr teuer eigene Filialen zu unterhalten. So können wir gemeinsam die Bargeldversorgung für Bankkunden gewährleisten. Warum den Prozess der Ein- und Auszahlung nicht dahin auslagern, wo sowieso den ganzen Tag mit Bargeld hantiert wird: im Einzelhandel. Dort werden nach wie vor, und diese Zahl hat sich in den letzten 10 Jahren nicht merklich verändert, 80 % aller Transaktionen in bar gezahlt.

Cash Payment Solutions
Cash Payment Solutions

Ich frage deshalb so, weil mir zugetragen wurde, dass sich mittlerweile eine Bank für Barzahlen.de interessiert. Können Sie schon sagen welche? Und wann es losgeht?

Das ist richtig. Wir sind derzeit mit mehreren Banken in Gesprächen und zum Teil schon in der technischen Umsetzung. Der Start wird noch in diesem Jahr sein.”

Und der Bank geht es darum, dass eigene Filialnetz auszudünnen und durch Barzahlen.de zu ersetzen? Quasi die Geldautomaten und Cash-(Re)Cycler einzusparen?

Bei Filialbanken ist das ein Argument, ja. Sie müssen jedoch bedenken, dass es auch viele Banken ganz ohne eigenes Filialnetz gibt. Direktbanken zahlen für jede Abhebung ihrer Kunden an einem Geldautomaten einer Fremdbank Gebühren. Auch dies ist mit Barzahlen.de deutlich günstiger zu lösen.

Finden Sie den Vergleich zwischen einer Kassiererin, die eine Barzahlen.de-Abwicklung an der Rewe-Kasse macht und der Leistung eines Bankangestellten in einer Bankfiliale nicht etwas weit hergeholt?

Natürlich kann das Kassenpersonal in unseren Partnerfilialen nicht alle Services leisten, die ein Bankangestellter in der Filiale leistet. Es geht um die ganz einfachen Abläufe: Einzahlungen, Auszahlungen und Rechnungszahlungen. Um Letzteres noch einmal klar zu erläutern: Noch immer zahlt mehr als die Hälfte der Deutschen ihre Rechnungen per Papierüberweisungsträger, der zur Bank gebracht wird. In vielen Industrien gibt es zahlreiche Kunden, die sogar monatliche Rechnungen bar bezahlen. Dies können wir kostengünstiger für die Bank und dabei durch längere Öffnungszeiten und kürzere Anfahrtswege auch kundenfreundlicher anbieten. Und die Bank hat die Chance, das Servicelevel in ihren Filialen zu erhöhen und sich auf die gewinnbringenden Produkte und ihre Beratungskompetenz zu konzentrieren.

Nun wird die Kassenschlange ja sicher nicht kürzer, indem Kunden mit ihren Ein- und Auszahlungen zum Supermarkt gehen. Wie wollen Sie die Belastung für die anderen Kunden niedrig halten?

Barzahlen bei rea.lCash Payment Solutions
Barzahlen bei real. Cash Payment Solutions

Der Barzahlen.de-Prozess weicht dabei nicht vom aktuell gängigen Kassierprozess ab. Es wird ein Barcode gescannt, zusammen mit anderen Produkten die der Kunde kaufen möchte. Am Ende bezahlt der Kunde oder es wird Geld ausgezahlt. Dies entspricht genau den aktuellen Prozessen an der Kasse und verlangsamt die Kassierzeit daher nicht maßgeblich. Der Einzelhandel, der täglich Millionen Kunden bedient, hat die entsprechenden Prozesse, dies zu leisten.

Sie haben für Ihre Idee bereits einige Preise bekommen – aber ist es nicht eigentlich rückwärtsgewandt, ein Bargeld-basiertes Produkt für seine Innovationskraft im „digitalen Banking“ auszuzeichnen?

Ich denke, es geht den Verantwortlichen für den „Digital Banking Award“ beim Handelsblatt, auf den Sie anspielen, vor allem um Prozessoptimierung und einen Mehrwert für Banken sowie für Privatkunden. Zudem harmoniert Barzahlen.de sehr gut mit den digitalen Bestrebungen der Banken:

Der Barcode, den der Kunde für die Durchführung der Transaktion benötigt, wird direkt in der Bank-App generiert.”

Über absehbare Zeit wird das Bargeld abgeschafft, weil es enorm teuer und aufwendig ist. Haben Sie da wirklich keine Sorgen um Ihr Geschäftsmodell oder haben Sie schon eine Idee, wie Sie sich dann verändern werden?

Wir halten es da mit dem Finanzminister und der Deutschen Bundesbank, die sich entgegen aller PR-Bestrebungen der Bargeld-Gegner deutlich für einen Erhalt des Bargeldes ausgesprochen haben. Eine Bargeldabschaffung in den nächsten Jahrzehnten ist schlicht unrealistisch und für den Verbraucher – aufgrund der Möglichkeit von Negativzinsen – auch nicht wünschenswert. Wenn Sie den deutschen Einzelhandel fragen, ist Bargeld auch das kostengünstigste Zahlungsmittel. Die Studien über die Kosten des Bargeldes sind größtenteils von Kreditkartenanbietern initiiert.

Sowohl Rewe als auch die Grenke Bank sind Ihre Investoren. Heißt das, dass Sie für immer an Rewe gebunden sind? Oder anders gefragt: Wie viel Spielraum haben Sie durch Grenke und Rewe in Ihren unternehmerischen Entscheidungen?

Wir sind komplett frei in unseren unternehmerischen Entscheidungen. Sowohl REWE als auch die Grenke Bank sind strategische Partner und nehmen keinen Einfluss auf das operative Geschäft. Auf Einzelhandelsseite ist uns eine große Diversifizierung mit vielen Partnern wichtig, da wir Kunden die Nutzung von Barzahlen.de so bequem wie möglich machen möchten. Und die Grenke Bank sieht das enorme Potential von Barzahlen.de im Bankenbereich und unterstützt uns in unserer Entwicklung in diesem Sektor.

Barzahlen.de gibt es nun – ich glaube – schon drei Jahre. Und Sie haben 10.000 Kontaktstellen. Was wollen Sie in drei Jahren erreicht haben?

Richtig, wir feiern am 11. März 2016 unser 3-Jähriges. In den vergangenen drei Jahren haben wir pro Tag zehn Filialen eröffnet. Diese Entwicklung möchten wir fortsetzen, und zwar nicht nur in Deutschland, sondern auch international.

Zudem gilt es, Branchen wie zum Beispiel den Bankenbereich umfassend zu erschließen.”

Vielen herzlichen Dank Herr Swoboda, für die guten und spannenden Infos!aj

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