Basel-III-Verschiebung: IT-Entscheider sollten jetzt Infrastruktur modernisieren
Die Fristverlängerung für die Basel-III-Regeln gibt IT-Entscheidern mehr Zeit: Es bietet sich an, statt einzelnen Parametern jetzt gleich die komplette Risikosoftware zu modernisieren – am besten eignet sich dafür ein modularer Lösungsansatz.
von Patrick Stäuble, CEO Teylor
Die Europäische Kommission hat die Umsetzung der internationalen Basel-III-Bankenregeln erneut verschoben. Demnach sollen die strengeren Eigenkapitalregeln erst ab dem Jahr 2025 greifen. Das verschafft Rechenzentren mehr Zeit, um die neuen Regelungen umzusetzen. Die neue Frist gibt IT-Entscheidern außerdem die Möglichkeit, gleich ihre gesamte strategische Ausrichtung zu überdenken.Im Kern geht es bei Basel-III um eine Verschärfung der Eigenkapitalanforderungen bei der Kreditvergabe. Dadurch steigen die Eigenkapitalkosten für Kredite. Die Basel-Regulierungen sind jedoch längst nicht der einzige Faktor, der sich negativ auf die Kreditvergabe europäischer Banken auswirkt. Banken sind vor allem durch veraltete Technologien und Prozesse eingeschränkt. Zusätzlich senkt das Niedrigzinsumfeld die Profitabilität der Kreditvergabe. Derzeit liegt die durchschnittliche Eigenkapitalrendite von KMU-Krediten 4,3 Prozent unter den Eigenkapitalkosten.
Herausforderungen digitaler Kreditlösungen
Am Niedrigzinsumfeld und am regulatorischen Umfeld wird sich voraussichtlich in den nächsten Jahren nicht viel ändern. Deshalb sind IT-Entscheider gefragt, ihre Systeme zu digitalisieren. Nur so können Banken ihre Kosten senken und im zunehmenden Wettbewerb um Firmenkunden bestehen. Dabei stehen Sie vor allem drei Herausforderungen gegenüber:
Erstens basieren die IT-Systeme vieler Banken auf Jahrzehnte alter Technologie. Vor allem größere Banken können jedoch nicht einfach ihre kompletten Systeme ersetzen. Das wäre kostspielig, würde Jahre in Anspruch nehmen und wäre mit hohen strategischen und operativen Risiken verbunden.
Zweitens muss jede IT-Initiative sicherstellen, dass laufende operative Prozesse nicht gestört werden.
Während der Implementierung neuer Software muss der reibungslose Ablauf der Kreditvergabe weiterhin gewährleistet sein.”
Drittens dürfen keine Datensilos entstehen, denn voneinander isolierte Systeme würden zu neuen Ineffizienzen und Kosten führen. Stattdessen muss die Interoperabilität bestehender und neuer Systeme gewährleistet sein.
Modularer Lösungsansatz
Die genannten Herausforderungen lassen sich am besten mit einem modularen Erneuerungsansatz lösen. Die Generalüberholung eines IT-Systems ist in der Praxis ohnehin nicht realistisch, vor allem nicht bei mittelgroßen und großen Banken.
Statt also existierende Systeme zu ändern oder zu ersetzen, integrieren Banken digitale Softwaremodule, die im Tandem mit existierenden Systemen funktionieren.”
Ein weiterer Vorteil der modularen Strategie ist, dass Banken gemäß einem Baukastensystem einzelne Teile ihrer Kreditprozesse digitalisieren können. Dadurch minimieren sie IT-Risiken und können ihre eigenen Prioritäten setzen. Die Basel-III-Regulierungen werden beispielsweise Änderungen an existierenden Risikosystemen erfordern. Die Verschiebung der Frist gibt IT-Entscheidern nun die Möglichkeit, nicht nur die Risikoparameter existierender Systeme zu ändern, sondern gleich ihre gesamte Risikosoftware mittels eines digitalen Risikomoduls zu modernisieren.
Technologie-agnostisch und flexibel
Autor Patrick Stäuble, TeylorPatrick Stäuble ist Gründer und Geschäftsführer von Teylor (Webseite). Vorher war er in verschiedenen Rollen in der Finanzindustrie tätig, zuletzt als Produktmanager und Head of Business Development bei Numbrs Personal Finance in Zürich. Bevor der gebürtige Schweizer seine Karriere im FinTech-Bereich begann, nahm er für die Schweizer Armee an einem Auslandseinsatz der NATO-Mission im Kosovo teil. Bereits während seines VWL-Studium an der Universität Zürich gründete er mit StudentTranslate sein erstes erfolgreiches Startup.
Im Idealfall ist die modulare Lösung technologie-agnostisch und kann gemäß den individuellen Bedürfnissen der Bank für existierende Systeme oder bereits verwendete Cloud-Lösungen angepasst werden. Dazu enthalten moderne Softwarelösungen Self-Service-Tools, mit denen die IT-Teams der Bank eigenständig Teile der Plattform konfigurieren, updaten oder ändern können. Dadurch können Banken schnell, kostengünstig und in Eigenregie Änderungen am System vornehmen. Wenn Self-Service-Tools DSGVO-konform sind, können Banken damit auch eigenständig Prozesse zur Datenabwicklung aufsetzen.
Module Systeme sollten außerdem dazu in der Lage sein, mittels REST oder XML APIs, Enterprise Service Bus oder anderen Tools integriert zu werden. Dabei können einzelne Module entweder auf Teile des Kreditprozesses angewandt werden, zum Beispiel das Onboarding, die Risikoanalyse oder das CRM, oder prozessübergreifend zum Einsatz kommen. Ein Beispiel für ein prozessübergreifendes Tool wäre eine OCR-Lösung, mit der eingescannte Jahresabschlüsse oder Kontodaten automatisiert ausgelesen werden. Ein solches OCR-Modul kann für verschiedene Prozesse des Kreditzyklus angewandt werden, oder auch außerhalb des Kreditprozesses, zum Beispiel zur Automatisierung von buchhalterischen Vorgängen.
Skalierbarkeit und Datenschutz
Digitale Kreditprozesse müssen zudem cloud-nativ und skalierbar sein – sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht.”
Digitale Kreditprozesse müssen zudem cloud-nativ und skalierbar sein – sowohl aus technischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht.”
Letztendlich hängt die technische Skalierbarkeit des Systems von der Skalierbarkeit des Codes ab. Moderne Lösungen erstellen einen Backlog sämtlicher Änderungen und ermöglichen, dass Code schnell und einfach über verschiedene Anwendungen hinweg kopiert und wiederverwertet werden kann.
Die Datenverschlüsselung muss den Standards der Bankenaufsicht BaFin entsprechen und Daten müssen für jeden Kunden und für unterschiedliche Umgebungen getrennt gespeichert werden. Das ermöglicht einen rollenbasierten Zugang, wobei zum Beispiel IT-Teams keinen direkten Zugang zu Kundendaten haben.
Vermeidung von Datensilos
Wenn Datensilos entstehen, wird das existierende System unnötig aufgebläht. Kreditsachbearbeiter sind dann zwischen zwei Parallelwelten gefangen, und es entsteht möglicherweise Mehraufwand, weil Daten aus zwei separaten Systemen gegengeprüft oder doppelt eingetragen werden müssen.
Modulare Kreditsoftware muss deshalb dazu in der Lage sein, nahtlos in bestehende ERP-Systeme und CRM-Systeme wie SAP oder Salesforce integriert zu werden.”
Darüber hinaus muss auch die Integration in Data Warehouses und Data Lakes gewährleistet sein.
Neben der Einbettung in bestehende Kreditprozesse sollte Kreditsoftware auch in die Datenprozesse der gesamten Organisation eingebunden werden. Zum Beispiel sollte sie Business Intelligence Daten zur Verfügung stellen, um datenbasierte Entscheidungsprozesse zu ermöglichen – sowohl in der Kreditabteilung als auch abteilungsübergreifend. Dazu muss das System anonymisierte Daten zur Verfügung stellen, um die Datensicherheit und den Datenschutz weiterhin zu gewährleisten.
Klar ist, dass die Zukunftsfähigkeit einer Bank unmittelbar von ihrer Innovationsfähigkeit abhängt.”
Wenn Risikosysteme ohnehin angepasst werden müssen, warum dann nicht gleich zum großen Modernisierungsschub ausholen? Die Zeit für Banken läuft, mit oder ohne Basel-III!Patrick Stäuble, Teylor
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