Blockchain-Praxis: EY startet erste Digitalversicherung für Transporte – nächste Stufe der Plattform-Ökonomie
Erst AXA mit einer Blockchain-Versicherung für Flugverspätungen (mehr…), jetzt die Wirtschaftsprüfer von EY gemeinsam mit den Blockchain-Doktoren von Guardtime: auf Basis von Microsofts Global-Cloud-Technologie Azure startet nach mehr als 20 Monaten Probezeit die weltweit erste Blockchain-Plattform für Transportversicherer. Über die Plattform können sich Versicherungen, Makler und Kunden registrieren, um die Policen für den Transportmarkt abzuschließen. EY betrachtet die neue Plattform als Startschuss für eine mögliche Expansion in andere Branchen. Man wolle herausfinden, ob sich die jetzt gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse mit der neuen Technologie auch auf andere Spezialversicherungen und später auch in anderen Bereichen einsetzen lassen.
von Florian Bongartz
Etablierte Marktteilnehmer sollten die Entwicklung von EY genau beobachten. Denn die neue Plattform verspricht nicht nur einen schnellen und einfachen Zugang, sondern vor allem Sicherheit und mehr Transparenz – Aspekte, mit denen Versicherer nicht immer punkten können. Viel gefährlicher an der Plattformstruktur ist jedoch, dass die Abschlüsse jetzt auf einem digitalen Marktplatz stattfinden. Versicherungen drohen also, den Kontakt zum Kunden zu verlieren.Es war immer klar, dass die Blockchain das Potenzial hat, das gesamte Versicherungswesen zu transformieren.“
Oliver Netz, Partner bei EY
Diese Entwicklung zeigt, wie wichtig es für die Branche ist, sich rechtzeitig um Partner für die digitale Transformation zu kümmern. Bei der EY-Blockchain ist sogar ein ganzes Netzwerk entstanden. Dabei sind neben den Technologieanbietern Guardtime und Microsoft auch der Schweizer Rückversicherer MS Amlin sowie XL Catlin, Makler Willis Towers Watson, die Datenspezialisten der Nonprofit-Organisation Acord sowie auf Kundenseite die dänische Unternehmensgruppe A.P. Møller-Maersk A/S.
Seit 1996 führt Maersk die Liste der weltgrößten Containerschiffsreedereien an. Die Logistiker sind in 130 Ländern aktiv und erwirtschaften einen Umsatz von rund 35 Mrd. USD (2016). Von der Blockchain verspricht sich das Unternehmen vor allem kürzere Wege zur Police.Plattformdienste für schnellere Prozesse
Tatsächlich ist das Versicherungsgeschäft für die Transporteure nicht ganz einfach. In der Regel schließt der Transporteur über Makler oder Assekurateure die erforderlichen Policen ab. Das Problem: Gerade bei internationalen Transporten fallen dabei sehr viele unterschiedliche Formulare an. In manchen Ländern müssen für einen einzigen Container schon bis zu zwanzig Seiten Papier vorgelegt werden.
Versicherungsgeschäfte sind bislang viel zu langwierig und umständlich. Der Abstand zwischen Risiko und Kapital ist einfach zu groß.“
Lars Henneberg, A.P. Head of Risk and Insurance A.P. Møller-Maersk A/SHinzu kommt, dass zum Zeitpunkt des Transports beziehungsweise eines möglichen Schadensfalls nur selten alle Papiere vorliegen. Im Ernstfall müssen sämtliche Details zu den Containern sowie deren genaue Anzahl und die Standorte weitgehend manuell recherchiert werden. Erst dann können die Versicherer entstandene Schäden regulieren. Ein erheblicher Zeitaufwand, der sich durch den Blockchain-Einsatz erheblich reduzieren lässt.
Compliance-Vorsprung durch Blockchain?
Alle Beteiligten können über die Blockchain ihre zuvor getrennt gespeicherten Daten und Prozesse zusammenführen. Das führt zu größtmöglicher Transparenz und einer schnelleren Bearbeitung, weil erforderliche Unterlagen nicht erst zwischen den handelnden Personen umständlich hin und her gesendet werden müssen. Da die Transportsparte zudem häufig mit befristeten Verträgen und einem hohen Maß an manuellen Abläufen zu tun hat, bieten sich Smart Contracts in der Blockchain geradezu an, um die Verfahren zu beschleunigen.
Der Einsatz von Technologie zur Verschlankung und Automatisierung unserer Interaktionen mit dem Versicherungsmarkt hat für uns oberste Priorität.“
Lars Henneberg, A.P. Head of Risk and Insurance A.P. Møller-Maersk A/S
EY nennt einen weiteren Vorteil: Bessere Compliance. Unter Umständen können die Unternehmen gesetzliche Regelungen etwa im Bereich Risikomanagement nur mit unangemessen hohem Aufwand erfüllen. Das gilt auch für Versicherer, die im Zweifelsfall mehr Kapital vorhalten müssen, um die eingegangenen Risiken zu decken. Durch die Blockchain ließen sich diese Risiken besser fassen und dadurch eventuell auch die Kapitalausstattung verbessern, so EY-Partner Oliver Netz.fb
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