BPM-Trend: Verlagert die Verantwortung für Prozessmanagement in die Fachbereiche!
Prozessmanagement ist kein Selbstzweck. Um die erwarteten Effekte wie Effizienz, Kundenorientierung und die Erfüllung regulatorischer Anforderungen zu erreichen, muss es in den verschiedenen Fachbereichen verantwortet und tatsächlich gelebt werden. Entsprechend müssen die einzelnen Fachbereiche eingebunden sein, denn dort sitzt die Fachkompetenz und die Kundenverantwortung. Heutige BPM-Tools unterstützen mit ihren nutzerfreundlichen Benutzeroberflächen, Reporting- und Dashboard-Funktionen diesen Trend.
von Enrico Lutz und Klaus Lehmann, Cofinpro
Die Prozessmodellierung mit BPM-Tools dient vielfältigen Zielen wie der Erfüllung regulatorischer Vorschriften, der Schaffung von Transparenz oder als Grundlage für eine fortlaufende Optimierung der Geschäftsabläufe.Der Einsatz eines BPM-Tools endet also nicht mit der Migration einer textbasierten Schriftlich fixierten Ordnung (SfO). Richtig eingesetzt, können BPM-Tools die Rentabilität eines Kreditinstitutes positiv beeinflussen:
Dann, wenn BPM-Tools zum Instrument des Prozessmanagements werden und so zur Optimierung und Automatisierung genutzt werden.”
Dieses Potenzial wollen Banken zunehmend nutzen.
Im klassischen Modell erarbeitet das zentrale Prozessmanagement im Auftrag der Geschäftsleitung Veränderungsinitiativen, da aus einem zentralen Blickwinkel Veränderungsbedarf identifiziert wurde (z. B. Kostendruck oder Prüfungsfeststellungen). Die Fachbereiche nehmen dabei nicht zwingend eine ausführende und verantwortende Rolle ein, sondern sind eher davon getrieben, ihre Prozesse zu verteidigen.
Enrico Lutz ist Expert Consultant bei der Cofinpro (Website) und Experte im Umfeld Prozessexzellenz in der Finanzbranche. Als Wirtschaftsingenieur bringt er branchenübergreifende Erfahrung im Einsatz von Prozessmanagementtools mit.
Diese bisherige Rollenverteilung zwischen zentralem Prozessmanagement und den Fachbereichen verändert sich zunehmend zugunsten einer Führungs- und Initiativrolle der Fachbereiche und Profitcenter – schließlich liegt dort auch die Verantwortung für den Prozess aus End-to-End-Sicht. Das bedeutet, die Prozessverantwortlichen (PV) in den Fachbereichen werden zu Gestaltern im Prozessmanagement und damit kommen sie in die tatsächliche (operative) Prozessverantwortung. Dies verändert auch die Rolle des zentralen Prozessmanagements: Es ist der Hüter der Prozessmanagementorganisation, sorgt für eine einheitliche methodische Basis im Prozessmanagement und unterstützt die Prozessverantwortlichen in ihren Aufgaben. Die Fachverantwortlichen (FV) und Koordinatoren, die sich z. B. um regulatorische Aspekte kümmern, sorgen in diesem Modell für einheitliche Regeln bei übergreifenden Themen (z. B. einheitliche Legitimationsprüfung).
Im Zentrum der Organisation stehen die End-to-End Prozesse mit ihren Prozessverantwortlichen, über die die wirtschaftliche Performance der einzelnen Prozesse gesteuert wird. Dies ist eine entscheidende Voraussetzung, um sinnvolle Optimierungsmaßnahmen zu identifizieren, zu entwickeln und umzusetzen.
Aufbau eines dezentralen Prozessmanagements:
Anpassung der Prozesskultur
Die Aufgabe der Prozessverantwortlichen ist die Steigerung des Kundennutzens und der Kundenzufriedenheit. Dies erfordert eine kontinuierliche Abstimmung mit den anderen Prozessbeteiligten, d.h. den Fachverantwortlichen, Koordinatoren und Prozessmanagern, um alle unternehmerischen Interessen angemessen zu berücksichtigen.
Um diese Rolle ausfüllen zu können, müssen die Prozessverantwortlichen anteilig unternehmerische Verantwortung übernehmen, über genügend „Durchsetzungskraft“ in der Organisation verfügen und eine entsprechende Prozesskultur schaffen bzw. vorfinden. Ihre Leistung – und die Zusammenarbeit mit anderen Stakeholdern – darf nicht nur am Geschäftsvolumen gemessen werden, sondern muss auch Kosten, Qualität, Zeit und vor allem Kundenzufriedenheit berücksichtigen. Dieser Kulturwandel ist Voraussetzung für Prozessmanagement als Erfolgsfaktor.
Für eine erfolgreiche Umsetzung sind daher gegebenenfalls organisatorische Anpassungen erforderlich.”
Insbesondere müssen die Prozessverantwortlichen trotz ihrer Fach- und Führungsverantwortung in die Lage versetzt werden, ihre unternehmerische Aufgabe wahrzunehmen. Neben der Rolle der Prozessverantwortlichen muss dann auch die Rolle der Fachverantwortlichen in ihrer Querschnittsfunktion im Prozessmanagement klar definiert sein, da die Prozessverantwortlichen nur in Verbindung mit den Fachverantwortlichen die Fachlichkeit über alle Bereiche eines End-to-End-Prozesses wirksam abdecken können.
Klaus Lehmann ist Senior Manager bei der Cofinpro (Website) und Experte im Umfeld Prozessexzellenz in der Finanzbranche. Er hat umfangreiches Know-how im Prozessmanagement und im Themengebiet Governance, Risk & Compliance, welches er bei Kreditinstituten in verschiedenen Leitungsfunktionen und als externer Berater in der Finanzbranche erworben hat.
Fachbereiche mit neuen Aufgaben und Möglichkeiten
Anpassungen im Prozessmanagement sind auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung notwendig. Neue technische Möglichkeiten stellen den Fachbereichen zunehmend Tools zur Verfügung, die prozessunterstützend und -beschleunigend wirken. Insbesondere No-Code- und Low-Code-Technologien in den Tools ermöglichen eine sinnvolle Verlagerung der Verantwortung für die dezentrale Prozessoptimierung. Mit Blick in die Zukunft bieten sich auch zahlreiche KI-Anwendungen an, die in den Fachbereichen gezielt zur Steigerung der Prozesseffizienz eingesetzt werden können.
Die Anpassungen im Prozessmanagement sind langfristig angelegt, erfordern aber auch eine kontinuierliche aktive Unterstützung durch das Management. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Prozessverantwortlichen zu richten, die in erster Linie eine unternehmerische Verantwortung tragen, während sich der Auftrag zur Etablierung der Prozessverantwortung an die gesamte Führungsebene des Instituts richtet.
Fazit
Um Kosten, Qualität und Geschwindigkeit im Griff zu behalten, ist ein integriertes Prozessmanagement erforderlich. Dabei kommt der Ausgestaltung der Rolle des Prozessverantwortlichen eine besondere Bedeutung zu. Je nach vorhandener Organisationsstruktur und Zielsetzung muss auch das BPM-Tool diese dezentralen Anwender angemessen unterstützen.
Studie zum Download
Jede Organisation hat unterschiedliche fachliche und funktionale Anforderungen an ihr BPM-Tool. Cofinpro bietet einen herstellerneutralen Marktüberblick als Entscheidungshilfe an. Die im „BPM-Marktüberblick 2024“ analysierten Tools sind: ADONIS, Aeneis, BIC Platform, ibo, Process360 Live Platform und TopEase. Die Studie steht hier kostenfrei zum Download zur Verfügung. Enrico Lutz, Klaus Lehmann, Cofinpro
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