Facebook und Libra: Alle Details zu Zuckerbergs digitaler Weltwährung
Jetzt hat Facebook offiziell Details zur geplanten Kryptowährung Libra bekanntgegeben. Man plane eine weltweite Digitalwährung mit niedrigen Transaktionsgebühren, die das Bezahlen und Transferieren von Geld so einfach wie möglich machen soll. Auch der Starttermin wurde genannt. Gemeinsam mit 27 Unternehmen will Facebook eine Bezahlvariante implementieren, die den Banken und FinTechs gleichermaßen das Leben schwer machen könnte. Doch das Unternehmen ist auch auf Gegenwind seitens der Regulierungsbehörden vorbereitet.
Dass Facebook eine Kryptowährung plant, war ja bereits bekanntgeworden – wir berichteten. Nun hat das Unternehmen um Mark Zuckerberg noch einige Details bekanntgegeben, die aufhorchen lassen: Libra wird erwartungsgemäß auf der Blockchain basieren, anders als Bitcoin und Co. aber eine Stablecoin sein, die sich an einem Korb von Währungen orientiert – anfangs an US-Dollar, Euro und Britischem Pfund).
Neue Libra-Coins, das betont das Unternehmen, werden nicht von Dritten geschürft werden können, auch um die Umwelt nicht durch unnötig hohe Stromkosten zu belasten. Spannend auch ein Detail zur Verbreitung: Man erklärt, dass man in den Emerging Markets durchaus Präsenz zeigen wolle, der chinesische Markt wird allerdings derzeit explizit ausgeklammert – hier haben offenbar JD.com und Alibaba ihr Terrain entsprechend abgesteckt.
Finanzdienstleistungen geplant – Kampfansage an die FinTechs
Das Unternehmen plant über die Tochterfirma Calibra Finanzdienstleistungen, etwa eine Calibra Wallet. Diese steht einerseits in den Messengern des Unternehmens (neben dem Facebook Messenger auch in Whatsapp und Instagram) zur Verfügung, kann aber zudem auch als Stand-alone-App unter iOS und Android verwendet werden. Somit also eine Kampfansage an alle anderen Mobile-Payment-Anwendungen, insbesondere auch an Google Pay und Apple Pay, aber nicht zuletzt auch an PayPal und die Kreditkartenanbieter.
Die Anwendungen, die sich Facebook hier vorstellt, beschreibt das Unternehmen zwar noch nicht allzu konkret, nennt aber einige Beispiele:
Mit der Zeit hoffen wir, zusätzliche Dienstleistungen für Menschen und Unternehmen anbieten zu können, wie etwa die Bezahlung von Rechnungen per Knopfdruck, den Kauf einer Tasse Kaffee mit dem Scannen eines Codes oder das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln, ohne Bargeld oder einen Metropass.“
Aus Facebooks Blogbeitrag zum Libra-Projekt
Gleichzeitig beruhigt das Unternehmen auch die Skeptiker, die befürchten, dass es im Kontext mit Libra zu Sicherheitsproblemen kommen könnte:
Wir verwenden alle Betrugsbekämpfungsprozesse, wie sie die Banken und Kreditkarten verwenden, und automatisierte Systeme haben, die die Aktivitäten proaktiv überwachen, um betrügerisches Verhalten zu erkennen und zu verhindern. Wir bieten auch einen speziellen Live-Support, um zu helfen, wenn Sie Ihr Telefon oder Ihr Passwort verlieren – und wenn jemand betrügerisch Zugang zu Ihrem Konto erhält und Sie dadurch Libra verlieren, bieten wir Ihnen eine Rückerstattung an.“
Erklärung von Facebook zu den Sicherheitsvorkehrungen bei Libra
Insbesondere an die strengen Bedürfnisse im europäischen Markt wendet man sich beim Thema Datenschutz und Privatsphäre. Verbraucher könnten beim Einsatz der Libra-Wallet Pseudonyme verwenden und mehrere Zugänge nach Belieben nutzen. In einer Erklärung des Unternehmens dazu hieß es: „Transaktionen enthalten keine Verbindung zur Identität der Nutzer in der realen Welt“.
28 Unternehmen sind schon dabei, 100 sollen es bis zum Start werden
Man werde (von Ausnahmen abgsehen) keine Kontoinformationen oder Finanzdaten an Facebook oder Dritte weitergeben. Insbesondere sollen Kontoinformationen und Finanzdaten der Calibra-Kunden nicht zur Verbesserung der Werbeausrichtung auf der Facebook-Produktfamilie verwendet werden. „Die begrenzten Fälle, in denen diese Daten weitergegeben werden können, spiegeln unser Bedürfnis wider, Menschen sicher zu halten, die Gesetze einzuhalten und den Menschen, die Calibra verwenden, grundlegende Funktionen zur Verfügung zu stellen. Calibra verwendet Facebook-Daten, um die gesetzlichen Bestimmungen einzuhalten, die Konten der Kunden zu schützen, Risiken zu minimieren und kriminelle Aktivitäten zu verhindern.“
Sicherheit, Privatsphäre und Benutzerfreundlichkeit sind die drei Elemente, die das Unternehmen in den Vordergrund stellt. Nicht minder spannend sind die inzwischen 28 Unternehmen, die zum Start der Libra-Association, die ihren Sitz im schweizerischen Genf haben wird, angehören: Neben den bereits bekannten Visa und Mastercard, PayPal und Uber werden dies unter anderem der Paymentanbieter Stripe, das Hotelbuchungsportal Booking.com, aber auch Ebay, Vodafone und Spotify sein. Insgesamt will man auf hundert Unterstützer kommen, bis der Dienst in der ersten Jahreshälfte 2020 an den Start geht. Dabei gilt die Regel: Unternehmen, die Gründungsmitglied der Libra Association sein wollen, müssen einen Marktwert von mindestens einer Milliarde Dollar oder mehr als 20 Millionen Kunden haben.
Libra: Facebooks Griff nach wirtschaftlicher Macht
Facebook selbst will übrigens in der Libra Association keine Sonderrolle spielen. Auch die Frage, in welchem Verhältnis Währungen und Wertpapiere wie Anleihen in dem Reservefonds gehalten werden, wird Aufgabe der Association sein. Bemerkenswert ist aber das Selbstbewusstsein, mit dem Facebook an das Projekt herangeht:
Ich denke, dass jede neue Währung viel Zeit brauchen wird, um so groß zu werden wie eine existierende nationale Währung einer großen Volkswirtschaft. Zumindest in den nächsten zehn Jahren werden wir alle noch unsere Gehälter bekommen und Steuern zahlen in der Währung der Länder, in denen wir leben.“
David Marcus, Libra-Verantwortlicher bei Facebook
Insgesamt zeigt die Präsentation des neuen Projekts das Selbstverständnis Facebooks: Auch wenn man ganz politisch korrekt von „financial inclusion“, also der Befähigung auch weniger entwickelter Märkte zum Geld verwalten abseits eines Bankkontos spricht, geht es um Dinge wie wirtschaftliche Macht und um nicht weniger als die Etablierung einer Parallelwährung. Es ist der wachsende Wille eines Unternehmens, staatlich besetzte Positionen einzunehmen – auch wenn man sich geschickt im Hintergrund hält und dies auch so kommuniziert. Mit dem, was wir unter klassischen Kryptowährungen von Bitcoin bis Ether verstehen, hat das alles übrigens herzlich wenig zu tun. Insofern sind die heutigen Kursgewinne beim Bitcoin irrational (aber nicht überraschend).
Facebook hat ein 12-seitiges ausführliches Whitepaper zum Libra-Projekt veröffentlicht, das auch als PDF heruntergeladen werden kann. In unserem Hintergrundbericht lesen Sie, warum Facebook Libra zu einer Herausforderung für die Banken und FinTechs werden wird. tw
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