INTERVIEW2. September 2015

Fiducia & GAD: Klaus‑Peter Bruns zu Innovationen, Google, Apple und Paydirekt

Klaus-Peter Bruns, Vorsitzender des Vorstands Fiducia & GAD IT AGFiducia & GAD IT
Klaus-Peter Bruns, Vorsitzender des Vorstands Fiducia & GAD IT AGFiducia & GAD IT

Seit 1.7.2015 sind Fiducia und GAD ein Unternehmen: die Fiducia & GAD IT AG mit 5.500 Mitarbeitern, 1,2 Milliarden Jahresumsatz für 1.100 Volks- und Raiffeisenbanken in Deutschland. Auf der Karlsruher Hausmesse (wir berichteten) waren schon die ersten Vorboten zu sehen. Nun – zwei Monate nach dem Zusammenschluss – will IT Finanzmagazin von Klaus-Peter Bruns (Vorsitzender des Vorstands Fiducia & GAD IT AG) wissen, was aus den Innovationskonzepten der COM15 geworden ist.

Herr Bruns, auf der COM15 wurden verschiedene Innovationskonzepte präsentiert. Gibt es schon ein Stimmungsbild, welche davon umgesetzt werden?

Ja, wir haben die Besucher der COM direkt vor Ort um Ihre Einschätzung gebeten und dadurch ein klares Stimmungsbild erhalten. Auf besonders großen Zuspruch ist dabei unser Verfahren „Scan-to-Bank“ gestoßen. Die Idee dahinter: Bankkunden können zum Beispiel Handwerker-Rechnungen einfach über die in jedem Smartphone integrierte Kamera abfotografieren, und die Banking-App sorgt dafür, dass sämtliche Zahlungsdaten automatisch in eine Überweisungsmaske im Online-Banking einfließen. Jeder, der schon mal die lange IBAN eintippen musste, weiß, welche Erleichterung das künftig bietet.

Die neue Markenkommunikation.Fiducia & GAD IT
Die neue Markenkommunikation.Fiducia & GAD IT

Bis wann ist das Thema serienreif?

Wir arbeiten derzeit an der Umsetzung, im Herbst wird die Lösung im Markt sein. Spannend an der Lösung ist aber nicht das reine Scannen von Rechnungen. Wir schaffen damit vielmehr die Grundlage für eine weitgehende Digitalisierung von Geschäftsunterlagen – Kunden können Dokumente, Anträge oder Nachweise einfach per Scan der Bank zusenden und der gesamte Prozess ist dabei medienbruchfrei und komplett digitalisiert. Das öffnet die Türe für viele neue Ideen und Möglichkeiten im Zusammenspiel von Kunde und Bank.

Sonst noch etwas?

Nun, wenn Sie in nächster Zeit jemanden beobachten, der einem Geldautomaten nur mit Hilfe seines Smartphones Bares entlockt, dann nicht erschrecken. Auch das waren wir – also nicht wir persönlich, aber wir haben es entwickelt. Konkret heißt das: Kunden der Volksbanken und Raiffeisenbanken können seit März bei allen teilnehmenden Instituten ohne die gewohnte BankCard Geld abheben. Nur mit dem Handy. Auch dies ist ein gutes Beispiel für eine Idee, die von unseren Messebesuchern vor einem Jahr so begeistert aufgenommen wurde, dass wir uns gleich an die Umsetzung gemacht haben. Und wie gesagt, hier sind wir bereits im Breiteneinsatz.

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Die Kundenansprache per Game war doch zu teuer – und kommt leider nicht.

Bei der COM15 präsentierten Sie auch den Prototypen eines hochprofessionell aufgebauten Computerspiels, das Kinder und Jugendliche mit Spaß und Freude an Finanzthemen sowie die Volksbank vor Ort heranführen soll. Wird das auch umgesetzt?

Leider nicht, hierzu war das Votum der Vorstände und IT-Entscheider unserer Volksbanken und Raiffeisenbanken nicht so eindeutig wie etwa bei Scan-to-Bank. Ich persönlich aber bin von dieser Art der (Neu-)Kundenansprache absolut überzeugt.

Sie sprachen in einem launigen Moment davon, dass die Fiducia & GAD sowohl Apple als auch Google ausstechen wird. Nun äußern Sie sich normalerweise doch eher sehr zurückhaltend. Warum sind Sie sich in dem Punkt so sicher?

Nun, da müssen Sie mein Augenzwinkern und Schmunzeln übersehen haben. Aber Spaß beiseite: Mit dem gelungenen Zusammenschluss von Fiducia und GAD zur neuen Fiducia & GAD IT AG haben wir natürlich auch die Innovationskraft beider Häuser gebündelt. Fortan kümmern sich Menschen mit ungewöhnlichen Ideen in einer eigenständigen Organisationseinheit um neue Konzepte und Entwicklungen rund um das Bankgeschäft. Dies sowohl aus Sicht der Volksbanken und Raiffeisenbanken – also unserer Hauptkunden – als auch natürlich aus Sicht der Verbraucher. Denn die erwarten von ihren Kreditinstituten anwenderorientierte Lösungen, die ihren Bedürfnissen entsprechen, intuitiv zu bedienen sind und somit das Banking in der Alltagshektik leicht machen.

Die „Filiale der Zukunft“ muss eine „Überall-Filiale“ sein: Sie muss einerseits weiterhin als echte, physische Geschäftsstelle existieren und gleichzeitig in die Hosentasche wandern, auf Smartphones, Tablets und am PC rund um die Uhr schnell und einfach verfügbar sowie intuitiv sein.

Und mit diesem strategischen Ansatz sind wir dann gar nicht mehr so weit weg von den Apples und Googles dieser Welt.

Haben Sie keine Sorgen, dass sie die Internet-Giganten mit ihrer Marktmacht einfach überrollen?

Natürlich müssen wir den Markt – insbesondere was die Themen Bezahlverfahren oder den Zahlungsverkehr insgesamt angeht – sehr genau im Auge behalten. In diesen Segmenten geben die Branchenriesen wie Amazon, Google oder Facebook bislang zwar noch nicht den Ton an, obwohl sie bereits mit Banklizenzen ausgestattet sind. Es sind vielmehr zahlreiche kleinere, spezialisierte Marktteilnehmer, die uns im Wettbewerb um die Kunden herausfordern. Auf Wettbewerbsgleichheit allerdings dürfen wir dabei mit Blick auf die für unsere Institute geltenden regulatorischen Anforderungen nicht hoffen. Unsere Gruppe hat ihre Stärken wie zum Beispiel ein dezentrales Unternehmertum, Nähe oder auch die Orientierung an Werten in der Vergangenheit erfolgreich genutzt und steht heute sehr gut da. Diese Stärken werden wir weiter ausbauen, um weiterhin so erfolgreich zu sein. Ich bin ein Freund von Vielfalt, Eigenverantwortung und dem Blick aus Kundensicht – Größe beeindruckt mich nicht.

Die Fusion ist am Wachsen: Claus-Dieter Toben (links im Bild) und Klaus-Peter Bruns  setzen das neue Unternehmen zusammen.Fiducia & GAD IT
Claus-Dieter Toben (links im Bild) und Klaus-Peter Bruns setzen symbolisch das neue Unternehmen zusammen.Fiducia & GAD IT

Sie spielen hier auf das neue Bezahlverfahren paydirekt an, das derzeit entwickelt wird und noch vor dem Weihnachtsgeschäft in den Markt gehen soll. Wird das reichen?

Ich bin überzeugt, dass die genossenschaftliche Finanzgruppe hier den richtigen Weg eingeschlagen hat. Das wichtigste Kriterium für den Erfolg eines neuen Bezahlverfahrens ist und bleibt die Akzeptanz der Händler und der Verbraucher. Ich glaube auch nicht, dass es nur das eine Verfahren in Zukunft geben wird, sondern vielmehr eine Vielfalt an Lösungen. Wahrscheinlich ist das auch gut so.

Welche Rolle spielt paydirekt bei Ihnen?

Die beteiligten Banken werden über ihr jeweiliges Online-Banking bzw. die Zahlungsverkehrsverfahren dezentral an paydirekt angebunden. Uns als technischem Dienstleister obliegt es daher, das neue System in die Bankverfahren – bei uns ist das bank21 und agree beziehungsweise künftig agree21 – zu integrieren. Die Arbeiten verlaufen planmäßig, so wie wir es mit den Partnern vereinbart haben.

Wenn Sie einen Innovations-Wunsch frei hätten und Geld keine Rolle spielen würde: Was würden Sie persönlich am liebsten für die Genossenschaften entwickeln?

Ganz oben auf meiner Prioritätenliste stünde dann ein für alle erdenklichen Arten der Online-Banking-Anwendungen technisch perfekt ausgeklügeltes Verfahren. So ausgeklügelt, dass wir vor dem Hintergrund der zunehmenden Internet-Kriminalität ein für alle Mal auf der sicheren Seite wären und dessen Bedienung dennoch enorm viel Spaß macht. Allerdings sehe ich die Restriktionen hierfür weniger in den finanziellen Ressourcen, sondern einfach in den technischen Rahmenbedingungen. Doch wir arbeiten daran, lassen Sie sich überraschen.

Herr Bruns, vielen herzlichen Dank!aj

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