SB & FILIALE10. Dezember 2024

Filialen der Zukunft: Die Strategie des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands

Schwerpunkt: Filialtechnologie
Dr. Joachim Schmalzl Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.<q>DSGV</q>
Dr. Joachim Schmalzl, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied, Deutscher Sparkassen- und Giroverband e. V.DSGV

Mit bundesweit 348 Instituten, über 10.700 Geschäftsstellen und mehr als 190.000 Mitarbeitern sind Sparkassen in ganz Deutschland vertreten und überraschen immer wieder mit neuen Filialkonzepten. Dr. Joachim Schmalzl, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied für Geschäfts- und Digitalisierungsstrategie des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands e. V., erklärt im Interview seine Vorstellung von der Filiale der Zukunft.

von Dunja Koelwel

Herr Dr. Schmalzl, in den letzten zwei Jahrzehnten hat der Rückbau von Bankfilialen das Gesicht des Bankensektors in Deutschland grundlegend verändert. Immer weniger Kunden nutzen Filialen, da digitale Alternativen wie Online-Banking und Apps bevorzugt werden. Doch die flächendeckende Schließung von Filialen birgt auch Risiken, da Banken Gefahr laufen, die Bindung zu wichtigen Kundengruppen zu verlieren. Die Frage lautet nun: Wie können Filialen in einem zunehmend digitalen Umfeld erfolgreich bestehen?

Mit über 10.700 Geschäftsstellen verfügen die Sparkassen nach wie vor über das dichteste Filialnetz in Deutschland. Damit bleiben Sparkassen auch in Zukunft nah bei den Menschen – in der Stadt wie auf dem Land.

Das Kundenverhalten hat sich in den letzten Jahren aber deutlich verändert: Alltägliche Bankgeschäfte werden zunehmend online oder mobil über unsere App erledigt – bereits über 30 Millionen Kunden haben einen Online-Banking-Vertrag und mehr als 17 Millionen greifen regelmäßig auf die App zu. Gleichzeitig bleiben Filialen ein unverzichtbarer Bestandteil der Sparkassen.

Filialen sind der zentrale Ort für persönliche Beratung zu komplexen Themen wie Wertpapierinvestments, Altersvorsorge oder Baufinanzierung.”

Tatsächlich erleben wir aber auch immer häufiger, dass Kunden in die Filialen kommen, um Unterstützung bei der Einrichtung oder der Nutzung digitaler Services zu erhalten. Das zeigt, dass wir mit unserer Multi-Kanal-Strategie genau den Nerv der Kundschaft treffen.

Filialen entwickeln sich weiter und passen sich den Bedürfnissen der Kundschaft an. So entstehen in vielen Regionen moderne Standorte, die über den reinen Bankservice hinausgehen. Diese Filialen bieten Raum für Begegnungen und Veranstaltungen und fördern die Verbindung zur Nachbarschaft, wie beispielsweise bei der Hamburger Sparkasse, die ihre Filialen gezielt als Treffpunkte im Viertel gestaltet. Dieses Konzept zeigt:

Filialen können auch in einer digitalen Welt erfolgreich bestehen, indem sie sich neu erfinden und gezielt auf persönliche Beratung und lokale Vernetzung setzen.”

Die Kombination aus digitalem Angebot und persönlichem Kontakt bleibt das Erfolgsmodell der Sparkassen – heute und in Zukunft.

Um sich von rein digitalen Wettbewerbern abzuheben, setzen einige Banken auf neue Filialkonzepte. Ein Beispiel ist das “Smoney”-Konzept der Stadt-Sparkasse Düsseldorf, das gezielt auf junge Kunden ausgerichtet ist. Diese Filiale kombiniert digitale und physische Elemente und bietet eine moderne, lockere Atmosphäre, die auf die Bedürfnisse junger Menschen abgestimmt ist. Was ist Ihr Ansatz?

Auch bei anderen Sparkassen spielen moderne Filialkonzepte eine zentrale Rolle, um sich vor allem von rein digitalen Wettbewerbern abzuheben und bestimmte Zielgruppen, wie junge Menschen, besser zu erreichen. Was genau sie tun, ist natürlich höchst individuell und hängt stark von den Gegebenheiten vor Ort ab.

Dr. Joachim Schmalzl, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied DSGV e. V.
Dr. Joachim Schmalzl ist seit März 2016 Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV, Website) und verantwortet dort die Geschäfts- und Digitalisierungsstrategie. Darüber hinaus ist er u. a. Mitglied des Aufsichtsrates bei Euro Kartensysteme und Vorsitzender des Verwaltungsrates der European Payment Initiative (EPI). Davor war er fast zwanzig Jahre für die Stadtsparkasse Köln und deren Nachfolgerin tätig. Schmalzl studierte in Mannheim Betriebswirtschaft und promovierte am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der Uni Göttingen. Seine Laufbahn startete er bei der Unternehmensberatung McKinsey & Company.

Dabei reagieren die Institute auf den tatsächlichen Bedarf der Kunden: Wenn diese verstärkt digitale Services nutzen, hat dies zur Folge, dass die Sparkassen ihre Filialkonzepte optimieren. Oft entstehen dann moderne Beratungs-Center, die physische und digitale Elemente miteinander kombinieren. So wird beispielsweise Videoberatung integriert, um auch an weniger stark frequentierten Standorten ein umfassendes Beratungsangebot zu Spezialthemen wie Baufinanzierung oder Wertpapieranlagen sicherzustellen. Gleichzeitig schaffen diese Filialen Raum für persönliche Begegnungen, ergänzt durch innovative Technik wie interaktive Beratungstools oder digitale Self-Service-Angebote.

Je nach Gegebenheiten vor Ort werden auch regionale Besonderheiten und lokale Bedürfnisse berücksichtigt.”

Coworking-Bereiche, Veranstaltungsräume oder Treffpunkte für die Nachbarschaft sind weitere Beispiele, wie Filialen zum lebendigen Zentrum der Gemeinschaft werden können. Dabei steht die Kundschaft immer im Mittelpunkt – ob jung oder alt.

Solche Filialen sind ein zentraler Bestandteil unserer Strategie. Sie stärken die Bindung zur Kundschaft und zeigen, dass Sparkassen nicht nur in der digitalen Welt, sondern auch vor Ort modern, flexibel und nahbar sind.

Transaktionen von hohem Wert – wie z.B. der Abschluss einer Hypothek oder die Beantragung eines Kredits – Einzahlungen oder Abhebungen großer Bargeldbeträge, diskrete oder informative Finanzberatung – oft auch im Zusammenhang mit großen Anlagebeträgen – sowie die sichere Aufbewahrung von Wertsachen in einem Schließfach sind nur einige der Dienstleistungen, die Kunden nach wie vor in einer Bankfiliale erwarten. Wird sich das ändern?

Nein, diese Dienstleistungen werden auch in Zukunft ein fester Bestandteil der Sparkassen-Filialen bleiben. Beratung und Sicherheit sind Kernkompetenzen, die wir kontinuierlich ausbauen. Gerade bei komplexen oder diskreten Anliegen erwarten Kunden einen persönlichen Kontakt, da er vor allem Sicherheit schafft, dass alles seinen korrekten Weg geht. Die Entwicklung der Filialen geschieht immer im Einklang mit der Entwicklung der Kundenbedürfnisse.

Mit an den Kundenbedarf angepassten Filialkonzepten schaffen Sparkassen mehr Raum und Zeit für individuelle Beratung und Unterstützung. Und auch hier beobachten wir immer wieder Weiterentwicklungen: Neben der klassischen Beratung vor Ort wird auch die Videoberatung vor Ort eine attraktive Option, wie es bereits in einigen Regionen erfolgreich umgesetzt wird.

Welche Technologien werden Ihrer Meinung nach in den nächsten Jahren in Filialen Einzug halten?

Natürlich entwickeln sich Technologien und Gesellschaft ständig weiter, und es wird spannend sein zu beobachten, welche Innovationen in den nächsten Jahren Einzug in die Filialen der Sparkassen halten. Die Grundidee bleibt dabei, modernste Technik mit persönlichem Kontakt zu verbinden, um die Kundenerfahrung weiter zu verbessern.

Hier wird auch KI eine zentrale Rolle spielen und die Beratenden noch weiter unterstützen – sie kann dabei helfen, den individuellen Finanzbedarf der Kunden noch besser zu ermitteln und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten.

Klassische Dienstleistungen wie Schließfächer und Bargeldservices bleiben ein unverzichtbarer Teil der Filialen.”

Auch sie werden aber sicherlich von neuen Technologien und Sicherungsmaßnahmen profitieren. Die Filialen der Sparkassen werden sich also weiter wandeln – immer mit dem Ziel, auf die Bedürfnisse unserer Kundschaft einzugehen und auch in einer digitalen Welt persönlicher Kontakt und verlässlicher Partner vor Ort zu bleiben.

Herr Dr. Schmalzl, vielen Dank für das Gespräch.dk

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