Die globalen Finanzmärkte leiden unter COVID-19: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz retten sie
Zu langsame Geldflüsse drohen gerade, ganze Volkswirtschaften lahmzulegen. Denn während sich COVID-19 immer weiter ausbreitet, verlangsamen sich die Finanztransaktionen deutlich. Nach Angaben der International Labor Organization (ILO) wurden durch COVID-19 innerhalb weniger Wochen umgerechnet 195 Millionen Arbeitsplätze vernichtet. Die wirtschaftlichen Auswirkungen und Kosten des Social Distancing sind noch nicht zu ermessen und übersteigen unser Verständnis. Banken müssen jetzt mit noch mehr Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz gegensteuern.
von Rahul Singh, Präsident Financial Services
bei HCL Technologies
Schnellere Geldflüsse per Digitalisierung und Künstliche Intelligenz
Die Herausforderung für jede Regierung, die solche Maßnahmen erwägt, besteht darin, das Geld schnell auf die richtigen Konten zu überweisen, bevor das Virus die Wirtschaft in völligen Stillstand versetzt.”
Die Herausforderung für jede Regierung, die solche Maßnahmen erwägt, besteht darin, das Geld schnell auf die richtigen Konten zu überweisen, bevor das Virus die Wirtschaft in völligen Stillstand versetzt.”
Die Regierungen müssen dazu die Geldverfügbarkeit erhöhen. Denn beim Kampf gegen die Auswirkungen von COVID-19 wäre ein zu geringes Tempo für die Wirtschaft tödlich.
Um dies zu gewährleisten, müssen die Finanzsysteme digital, robust und miteinander vernetzt sein. Sie müssen auch über Regeln sicherstellen, dass die Empfänger von Hilfsleistungen schnell identifiziert, genau überprüft und die Gelder direkt auf ihr Bankkonto angewiesen werden.”
Indische Finanzinstitute zeigen, wie das funktionieren kann. Schon in der ersten Märzwoche hatte das indische Ministerium für ländliche Entwicklung rund 78,2 Milliarden Rupien (950.000 Euro) auf die Bankkonten von 156,5 Millionen Frauen (Teil der Pradhan Mantri Jan Dhan Yojana) überwiesen, um als ersten Schritt die Ärmsten der Armen vor dem Hungertod zu bewahren und damit zu beginnen, wieder Geld in die Wirtschaft zu investieren.
Mehr Geschwindigkeit
Überall auf der Welt kündigen Banken Hypotheken- und Darlehenspausen an. Finanzinstitute erhöhen die Überziehungskredite. Kreditkartenunternehmen stunden ihre Zahlungen. Banken verzichten auf persönliche Garantien für Mittelstandskredite. Aber diese Maßnahmen könnten leicht zu einem zweiseitigen Schwert werden. Wenn die Bankensysteme nicht darauf ausgerichtet sind, diese Änderungen zuverlässig im Backend zu verwalten, könnten sie versehentlich Mahnungen für Darlehenszahlungen an diejenigen schicken, die sich für einen Zahlungsaufschub entschieden haben. Die Folge wäre falscher Alarm. Diese Mahnungen könnten sich aber auf die Bonität der Kunden auswirken, die – fälschlicherweise – als zahlungsunfähig eingestuft würden. Um dies zu verhindern, müssen Banken mit Krisenreaktions-Strategien sicherstellen, dass sie richtig agieren. Dazu benötigen sie Künstliche Intelligenz (KI) und Robotic Process Automation (RPA). Damit lassen sich Back-Ends zuverlässig verwalten, um Geschäftsregeln und -prozesse schnell und in großem Maßstab zu verändern.
Außerdem sollten Banken mit Regierungen kooperieren, um COVID-19-spezifische Apps zu entwickeln. Wenn zum Beispiel eine Regierung Bargeldzuschüsse für den Mittelstand ankündigt, könnte eine mobile Anwendung den KMUs ermöglichen, die Dokumente zur Feststellung ihrer Zuschussfähigkeit hochzuladen. Diese Unterlagen würden dann mittels RPA automatisiert überprüft und authentifiziert. Die Gelder ließen sich so automatisch direkt auf das Konto des förderfähigen Mittelständlers überweisen und zwar schon bevor die entsprechenden Unterlagen von den zuständigen Behörden aktualisiert werden.
Weitere wichtige Innovationen setzen sich jetzt durch
So wie COVID-19 die Digitalisierung vorantreibt, beschleunigt es auch zwei weitere Trends, die seit fast zwei Jahrzehnten anstehen, aber noch nicht flächendeckend umgesetzt wurden. Der erste ist der Trend zum Arbeiten aus dem Homeoffice. In der Krise hat es sich als schneller und praktikabler Weg erwiesen, damit Unternehmen weiterarbeiten können. Homeoffice wird die neue Normalität sein, da Organisationen ihre Mitarbeiter jetzt mit der erforderlichen Hardware, Software und den entsprechenden Fähigkeiten ausstatten. Doch abgesehen vom Aufbau der Infrastruktur und der Sicherheitsprozesse bedeutet Homeoffice auch, dass die Mitarbeiter geschult oder auch umgeschult werden.
Die rasche Einführung von Automatisierung, Analytik und Künstlicher Intelligenz (KI) wird bedeuten, dass die Mitarbeiter neue Fähigkeiten erlernen müssen. Aber es gibt an dieser Front gute Nachrichten: Der hohe Bedarf an neuen Fähigkeiten wird ungefähr zur Hälfte durch intelligente Mitarbeiter-Bots oder digitale Assistenten aufgefangen. Der Einsatz von digitalen Assistenten oder rollenspezifischen Bots nimmt zu.
Praktisch jeder Mitarbeiter in einem Unternehmen wird einen digitalen Kollegen haben, der über KI-gestützte Fähigkeiten wie Testen, Debitorenbuchhaltung oder Lohn- und Gehaltsabrechnung am Jahresende verfügt, um Effizienz und Output zu verbessern.”
Es ist nicht allzu schwierig, sich vorzustellen, dass nicht alle Mitarbeiter in der Lage sein werden, neue Fähigkeiten schnell zu erlernen. Hier werden sich Mitarbeiter-Bots als Segen erweisen, indem sie die zusätzliche Rolle von Mentoren spielen. Mitarbeiter-Bots können ihr menschliches Gegenüber beobachten und automatisch Übungen und Prozesse vorschlagen, die zu einer Leistungsverbesserung führen.
Der zweite Trend, der bisher auf Sparflamme lief und noch nicht die verdiente Aufmerksamkeit und Zugkraft erlangt hat, ist Crowdsourcing. Dieses wird im Zuge der Gig-Ökonomie, bei der Aufträge kurzfristig an unabhängige Selbständige oder Freiberufler vergeben werden, zunehmend eingesetzt. So lassen sich Entwicklungen risikofrei durchführen und eines Tages sogar Live-Anwendungen managen. Mit Crowdsourcing werden Finanzdienstleister ihren fortwährenden Bedarf nach neuen Fähigkeiten decken und neue Arbeitsweisen einführen. Über 60 Prozent der Unternehmen erwarten, dass ihr Anteil an Vertrags- oder Gig-Arbeitern in den nächsten fünf Jahren um das Vierfache steigen wird. Die Finanzbranche muss dies als neuen Normalfall akzeptieren und Prozesse einführen, um Crowdsourcing und die Gig-Wirtschaft zu fördern.
Stärker und zuversichtlicher zurückkommen
Die Finanzbranche steht vor einem dramatischen Wandel, da digitale Technologien jetzt schlagartig stärker in den Vordergrund rücken. Digital-, Crowdsourcing-, Homeoffice-, Bots-, KI-, Automatisierungs-, RPA- und ähnliche Technologien werden für die Branche unerlässlich, um auch zukünftig die Auswirkungen von Krisen und besonderen Ereignissen zu verringern. Wenn diese Technologien vom Management gefördert und bereitgestellt werden, ist die gesamte Finanzbranche nach der Coronakrise stärker und besser gerüstet, um mit Katastrophen und anderen Unsicherheiten fertig zu werden.
Im Moment mag COVID-19 die größte Einzelkatastrophe in der Geschichte der Finanzbranche und vieler anderer Wirtschaftszweige sein. Aber die Krise kann auch dazu beitragen, die Zukunft der gesamten Branche positiv zu verändern. Die Finanzinstitute sollten sich darauf konzentrieren, sich an die neue Normalität anzupassen, intelligente Technologien einzuführen, die ihre Systeme widerstandsfähig machen, und die Notwendigkeit menschlichen Eingreifens für ihr tägliches Funktionieren zu verringern. Auf diese Weise wird sich fast automatisch auch die Geschwindigkeit von Lösungen und Abläufen erhöhen, die den Geldumlauf beschleunigen. Rahul Singh, HCL Technologies
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