Girocard statt Klingelbeutel – KD-Bank ermöglicht bargeldlose Kollekte
Viele gucken noch neugierig, wenn die “EC-Kollekte” durch die Reihen geht.”
Ingo Brookmann, Pastor
Das Gerät aus rotem Kunststoff kommt von der KD-Bank (Website), ist deutlich größer als der klassische Klingelbeutel und auch im Aussehen hat es wenig mit einem EC-Kartenlesegerät wie etwa im Einzelhandel gemein. Damit im Gottesdienst ausreichend Zeit zum Ausprobieren bleibt, wurde das Einsammeln der Kollekte verlängert. “Die Gemeinde singt jetzt ein, zwei Strophen mehr”, sagt Brookmann.
Dabei gehe das Spenden nach etwas Übung in Sekundenschnelle, sagt der Pastor und zieht seine EC-Karte hervor. Auf dem Display lassen sich Beträge zwischen einem und fünfzig Euro auswählen. Brookmann wählt und hält seine EC-Karte an das Gerät. Es piept und ein großer grüner Haken erscheint – ganz ohne PIN-Eingabe, nur WLAN braucht die Kirche.
Auch Kirchengemeinden müssen teils Gebühren für Münzgeld zahlen
Was als kleine Spielerei im Gottesdienst erscheint, hat für die Kirchengemeinde mit rund 1.300 Mitgliedern einen ernsten Hintergrund. Ihre Bank verlangt seit einiger Zeit eine Gebühr für die Einzahlung von Münzgeld – das gilt auch für die Kollekte aus dem Klingelbeutel.
Für uns ist das ein ziemliches Problem. Bislang bleiben wir als Kirchengemeinde auf den Gebühren sitzen.”
Tomke Borus, zuständig für die Kollekten in der Kirchengemeinde
Mit der Bank wurde deshalb nach einer Alternative gesucht, die Kosten spart. Eine Zwischenbilanz der EC-Kollekte fällt laut der Kirchengemeinde nach den ersten Wochen ordentlich aus: Bei im Schnitt zwischen 50 und 80 Besucherinnen und Besuchern im Gottesdienst nutze etwa ein Drittel die EC-Kollekte. Wer gespendet hat, ist laut der Gemeinde nicht einsehbar und anonym. “Wir möchten die Leute dafür gewinnen, wir möchten es ihnen aber nicht aufdrängen”, betont Pastor Brookmann.
Verbreitung bargeldloser Spendenangebote variiert
Die Gebühren für die Einzahlungen von Münzgeld treffen auch andere Gemeinden, teilt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) auf Anfrage mit. Erschwerend sei für Gemeinden auch, dass die Dichte von Bankfilialen mit Barkassen oder Automaten zur Münzeinzahlung abnehme.
Zahlen dazu, wie verbreitet digitale Spendenmöglichkeiten insgesamt bei Kirchen in Deutschland sind, sind aber kaum bekannt. Die Angebote scheinen auch zwischen Protestanten und Katholiken zu variieren:
Die Deutsche Bischofskonferenz verweist für Einschätzungen auf die einzelnen Erzbistümer. Aus dem Erzbistum Hamburg heißt es etwa, dort gebe es bislang “noch keine Erfahrungen mit digitalen Kollekten”. Im Erzbistum Köln dagegen, dem mit 1,7 Millionen Katholikinnen und Katholiken mitgliederstärksten Bistum in Deutschland, wurden EC-Geräte und Automaten schon eingesetzt – vor allem als Testprojekte. Vielfach seien diese wegen hohen Aufwands oder Kosten aber wieder eingestellt worden, teilt das Erzbischöfliche Generalvikariat mit.
EKD: Mehr digitale Spendenmöglichkeiten nach Corona
Die Evangelische Kirche teilt mit, dass schätzungsweise fünf bis zehn Prozent der Gemeinden digitale Spendenmöglichkeiten anbieten, die etwa über einen Spendenaufruf hinaus gehen. “Das Angebot digitaler Spendenmöglichkeiten hat in den letzten fünf Jahren zugenommen”, sagt eine EKD-Sprecherin. Ein Grund dafür seien etwa vermehrte Online-Gottesdienstformate, die während der Pandemie entstanden.
Die Akzeptanz der digitalen Spendenmöglichkeiten hänge von dem Angebot und der Zielgruppe ab.
Berichte aus Gemeinden, die Online-Spendenmöglichkeiten anbieten, lassen vorsichtig darauf schließen, dass die Höhe der Einzelspenden in der Regel höher ausfällt als die Spende in den klassischen Klingelbeutel.”
Genutzt werden laut EKD etwa Online-Kollekten, die über den Dienst Twingle oder die Web-Anwendung kollekte.app abgewickelt werden. Für Spenden von bis zu 200 Euro reicht der EKD zufolge der Zahlungsbeleg, also etwa eine Kopie vom Kontoauszug, als Spendenbescheinigung, etwa um die Spende später von der Steuer absetzen zu können. Auch “digitale Kollektenkörbe” ähnlich wie in Leer seien im Einsatz.
Marktkirche in Hannover testet “Kollektomat”
Eine weitere Option erprobt seit 2019 die evangelische Marktkirche in Hannover. An einem “Kollektomat”, der fest im Eingangsbereich steht, kann per EC-Karte, Smartphone oder Kreditkarte gespendet werden. Die Kirchengemeinde sei mit der einst 2000 Euro teuren Anschaffung zufrieden, sagt Christian Dösinger, Mitglied im Kirchenvorstand. Pro Spende gingen im Schnitt acht bis zehn Euro ein – bei mehreren Hundert Spenden in normalen Jahren außerhalb der Corona-Zeit.
Auf den klassischen Klingelbeutel verzichtet die Gemeinde aber nicht. “Die Summe des einzuzahlenden Bargeldes ist immer noch deutlich höher als die Spenden am Automaten”, sagt Dösinger. Die Wirtschaftlichkeit des Automaten werde jedes Jahr überprüft.
Gemeinden wollen digitale Klingelbeutel anschaffen
Der “Kollektomat” war einst das erste solche Gerät in der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers, der mitgliederstärksten Landeskirche in der EKD. Die Landeskirche schätzt, dass zurzeit von ihren rund 1.200 Kirchengemeinden etwa eine zweistellige Zahl die Kollekte im Gottesdienst auch mithilfe von Apps oder EC-Karten einsammelt. Mehr nutzen noch Spendenangebote online, die Gemeinden auf ihren Webseiten einbauen können.
Das Interesse an solchen digitalen Angeboten dürfte laut der Landeskirche künftig steigen. “Immer mehr Kirchengemeinden planen deshalb eine Einführung von entsprechenden Geräten, die eine Online-Spende ermöglichen”, teilt ein Sprecher der Landeskirche mit. Verschwinden werde der Klingelbeutel aber mittelfristig nicht.
Auch in der Kirchengemeinde in Leer-Loga soll der Klingelbeutel neben der EC-Kollekte weiter klimpern. Verändert habe das Gerät den Gottesdienst kaum, sagt Pastor Brookmann – auch wenn für die Kollekte nun vorerst ein wenig mehr Zeit eingeräumt werde.
Das ist ein Darangewöhnen. Irgendwann singen wir auch sicher wieder weniger.”
Brookmann mit einem Schmunzelndpa
Sie finden diesen Artikel im Internet auf der Website:
https://itfm.link/165836
Schreiben Sie einen Kommentar