Guidewire-Studie: Versicherer verlieren an Kundenansehen
20 Prozent der Konsumenten stehen Versicherern mit Wertschätzung gegenüber, aber fast genauso viele halten sie für ein notwendiges Übel und für 30 Prozent sind Assekuranzen nicht mehr relevant. Die jüngsten Ergebnisse der Guidewire-Studie sind ein Alarmsignal für Versicherungsunternehmen: Kunden könnten sich noch stärker abwenden. Doch die Untersuchung zeigt auch Auswege auf.
Der Guidewire Survey Report 2022 (zum kostenlosen Download) liefert Einblicke in die Haltung von Konsumentinnen und Konsumenten zur Versicherungsbranche im Allgemeinen sowie zur Einschätzung von Produkten und Services im Besonderen. Die Ergebnisse zeigen eine steigende Distanz im Verhältnis der Kunden zu Assekuranzen auf. Dazu wurden in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien im Mai 2022 jeweils rund 1.000 volljährige Personen befragt.
Uneinheitliche Signale
Mehr als ein Drittel (34 Prozent) hielt 2021 Versicherer für nötig, jedoch lästig – in der Umfrage 2022 hingegen teilen nur noch 19 Prozent der Befragten diese Ansicht. Weitere 20 Prozent stehen Versicherern eindeutig positiv gegenüber und geben an, sie wüssten deren Produkte und Dienstleistungen zu schätzen.
Dagegen sehen fast ein Drittel der Befragten (30 Prozent) Versicherungen als nicht relevant für ihren Lebensstil an – im Vorjahr hatten dieser Aussage nur 5 Prozent zugestimmt. Jeder Siebte (14 Prozent) hat ein klar negatives Bild, nach dem die Produkte überteuert und die Schadensregulierung schwierig seien (Vorjahr: 19 Prozent). 9 Prozent der Konsumenten zeigt sich unsicher, ob sie eine Versicherung abschließen sollten Zum Teil zeigen sie sich deutlich kritischer als die Befragten in Frankreich, Großbritannien und Spanien.
Fragt man jedoch direkt nach Veränderungen in der Meinung zu Versicherern in den vergangenen 12 Monaten, zeigt sich ein etwas anderes Bild: 25 haben ein unverändert positives Bild, 32 Prozent haben einen positiveren Eindruck gewonnen. Für 28 Prozent haben Versicherer dagegen bedürftige Menschen nicht ausreichend unterstützt. Bei diesen Entwicklungen könnten große Schadensfälle, wie die Flutkatastrophe im Ahrtal, eine Rolle spielen. 10 Prozent stehen Versicherungsunternehmen nach wie vor negativ gegenüber.
Gefährliche Entwicklungen
Die teilweise wachsende kritische Einstellung gegenüber Assekuranzen trifft zusammen mit äußeren Umständen, in denen Konsumenten ihre Lebenshaltungskosten kritisch überprüfen. Preissteigerungen bei Lebensmitteln, und Energie, bei Urlaub und Mobilität, sowie die unsicheren Zukunftsaussichten zwingen viele Menschen dazu, nach Möglichkeiten zu suchen, wie Ausgaben reduziert werden können. 80 Prozent der Deutschen sind besorgt über die stark gestiegene Inflation. Dabei rücken auch Versicherungsprämien in den Blick. Nach den am ehesten verzichtbaren Verträgen befragt, wurden in erster Linie die Bereiche Reise und Fahrrad genannt.
Auf der anderen Seite zeigen sich hohe Sympathiewerte für Embedded Insurance. Bei größeren Anschaffungen würden jeweils 28 Prozent der deutschen Konsumenten eine Produktversicherung des Hersteller „sehr begrüßen“ oder „eher begrüßen“ – zusammen also mehr als die Hälfte. Unentschieden zeigen sich 22 Prozent, insgesamt 16 Prozent zeigen sich ablehnend.
Hier lässt sich eine deutliche Alterskorrelation feststellen, denn nur 18 Prozent der 18- bis 24-Jährigen sind unentschlossen, während dieser Anteil mit steigendem Alter wächst. Unter den Über-55-Jährigen erreicht er 33 Prozent. Die Vermutung, dass ältere Generationen dem Konzept von Embedded Insurance auf Grund seiner Neuheit noch kritisch gegenüberstehen, liegt nahe. Im Umkehrschluss bedeutet das aber, dass dieses Konzept gegenüber dem Abschluss von Produktpolicen bei einem Versicherer in Zukunft weiter an Gewicht gewinnt.
Womit Versicherungen punkten können
Nutzungsbasierte Versicherungen (Usage Based Insurance, UBI) werden im deutschen Markt immer stärker begrüßt. Fast ein Drittel (32 Prozent) der befragten Deutschen haben bereits eine nutzungsbasierte Versicherung, das sind 7 Prozent mehr als im Vorjahr. Weitere 44 Prozent hat zwar keine, erkennt aber einen Mehrwert im UBI-Konzept. Diejenigen, die schon über eine UBI-Police verfügen, nennen mehr Flexibilität (32 Prozent), eine kostspieligere herkömmliche Police (32 Prozent) oder die Tatsache, dass UBI-Policen besser zum Lebensstil der Beteiligten passen (34 Prozent) als Gründe für ihre Entscheidung.
Zugleich ist eine Mehrheit der Befragten überzeugt, dass die Datenerhebung im Kontext von UBI einen großen Verlust von Privatsphäre nach sich zieht. Die hohe Zustimmung zu dem Konzept signalisiert, dass hier eine Abwägung getroffen wird, die meist zugunsten der Mehrwerte ausfällt. Dazu müssen diese aber klar auf der Hand liegen.
Generell sind Kunden kritisch gegenüber dem Datenhunger ihrer Versicherungen. 34 Prozent akzeptieren ihn in der Erwartung von besseren Services und niedrigeren Prämien für Personen mit geringerem Risiko. Auch hier sind die Unterschiede zwischen den Altersstufen deutlich. Die Werte reichen von 37 Prozent bei den 18- bis 24-Jährigen zu 26 Prozent bei den Über-55-Jährigen. 36 Prozent können das Datensammeln nachvollziehen, würde es aber bevorzugen, wenn dies nicht gemacht würde. Und 27 Prozent haben kein Verständnis für den Datenhunger der Assekuranzen und lehnen die Datenerhebung als Eingriff in ihre Privatsphäre ab.
Ein weiterer Punkt, mit dem Versicherer ihre Kunden überzeugen können, sind Services zur Schadensvermeidung. Das Interesse der deutschen Verbraucher an Präventionsleistungen seitens der Versicherer ist im Vergleich zur Vorjahresstudie gewachsen. 82 Prozent der Befragten würden einen Dienst ihres Versicherers nutzen, der Warnungen liefert, um Schäden zu verhindern – im Vorjahr waren es 76 Prozent.
Klimafreundlichkeit darf kosten
Auch beim Thema Nachhaltigkeit wünschen sich Kundinnen und Kunden ein starkes Engagement ihrer Versicherung – quer durch alle Altersschichten. Jeder dritte Studienteilnehmer ist der Meinung, Versicherer sollten sich mit ihrem Profit mehr am Umweltschutz beteiligen und nachhaltige Start-Ups unterstützen. Jeder dritte Befragte (30 Prozent) Versicherungspolicen, die nachhaltigeres Verhalten begünstigen, wie zum Beispiel weniger mit dem Auto zu fahren. Fast genauso viele (29 Prozent) erwarten, dass die Assekuranzen ihre Stellung auf den globalen Finanzmärkten nutzen sollten, um das Verhalten von Firmen, die die Umwelt verschmutzen, zu beeinflussen, anstatt sich von ihnen zu distanzieren. Nur 14 Prozent der deutschen Befragten vertreten die Meinung, dass Versicherer überhaupt keine Verantwortung bei der Bewältigung der Klimakrise tragen.
Die deutschen Versicherungskunden zeigen mit 53 Prozent die höchste Bereitschaft, mehr für Versicherungsprodukte zu zahlen, wenn dieser Betrag zur Reduzierung von Kohlenstoffemissionen eingesetzt wird. In Spanien und Frankreich liegt dieser Wert jeweils bei 44 Prozent, in Großbritannien bei 31 Prozent.
Drohender Entfremdung entgegenwirken
Die Ergebnisse der Studie versteht Rene Schoenauer, Director Product Marketing EMEA bei Guidewire Software, als deutliche Warnung an alle Versicherer. Obwohl das Image der Versicherer sich im Vergleich zur Vorjahresbefragung in einzelnen Aspekten etwas verbessert habe, gebe es wichtige Themen, die unbedingte Aufmerksamkeit erfordern, betont der Guidewire-Manager. Die Ergebnisse der Konsumentenbefragungen zeigten deutlich, dass eine Lücke zwischen den Versicherern und ihrer Kundenbasis entsteht, weil ihre Angebote nicht mehr in den Lebensalltag der Menschen passen.
Um die drohende Gefahr von Vertragskündigungen infolge der Inflation abzuwenden, müssen die Versicherer sich stärker an den Kundenanforderungen orientieren. Positiv ist hier die steigende Beliebtheit von nutzungsbasierten Versicherungen zu sehen. Ein besonderes Augenmerk sollte auf dem Engagement für Klimaschutz und Nachhaltigkeit liegen – sowohl bei Investitionen als auch bei der Entwicklung von Produkten und Services.“
Rene Schoenauer, Guidewire Software hj
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