Horváth-Studie: Privatkundengeschäft lohnt sich kaum noch für Banken und Sparkassen
Trotz steigender Kundenzahlen ist das Privatkundengeschäft für viele Banken laut der Studie der Managementberater von Horváth & Partners kaum noch rentabel. Daher will der Großteil der befragten Institute bis zum Jahr 2020 weitere Filialen schließen und die Mitarbeiterzahl reduzieren. An die Stelle klassischer Filialen tritt zunehmend der digitale Austausch zwischen Kunde und Bank – für den nicht immer ein Berater erforderlich ist. Automatisierte Beratung per Robo-Advise (wir berichteten) rückt immer mehr in den Fokus.
Für ein Fünftel der befragten Branchenexperten ist das Privatkundengeschäft schon heute nicht mehr rentabel. 40 Prozent glauben, dass dies bis zum Jahr 2020 der Fall sein wird. Im heutigen Niedrigzinsumfeld können auch steigende Kundenzahlen allein diese Entwicklung nicht kompensieren. Eine Rückkehr zur Profitabilität ist aber für jeden zweiten Befragten eine Hauptaufgabe der nächsten Jahre. Daher wollen viele Banken weitere Filialen schließen. Zur Kostensenkung wollen zudem mehr als 70 Prozent der Befragten die Mitarbeiteranzahl um bis zu 20 Prozent reduzieren.Um langfristig profitabel arbeiten zu können, müssen viele Banken ihre Preis- und Gebührenmodelle anpassen. Auch zukünftig individuelle Anlageberatung durch persönliche Berater flächendeckend anzubieten wäre – insbesondere im Retail Banking – schlicht zu teuer. “
Dr. Marcus Niebudek, Senior Manager bei Horváth & Partners
Preise und Gebühren steigen
Aber nicht nur die Kosten sollen optimiert werden. Auch auf der Einnahmenseite suchen die Banken bei Preisen und Gebühren nach Möglichkeiten, um wieder profitabel zu werden. Rund zwei Drittel der befragten Institute planen derzeit, ihre Preise und Gebühren zu erhöhen – dennoch soll es laut der Studie bei 60 Prozent der Banken auch weiterhin kostenlose Modelle für Online-Konten geben.
Persönliche Beratung versus Robo-Advise?
Nahezu alle Befragten erwarten, dass die Digitalisierung manchen Banker aus Fleisch und Blut überflüssig machen wird, etwa indem Empfehlungen automatisiert gegeben werden und verstärkt digitale Alternativen zur persönlichen Beratung Einzug halten. Mit „Robo-Advice“ machen bereits heute viele Banken erste Erfahrungen, wie Dr. Niebudek berichtet: „Ein digitales, automatisiertes Beratungsangebot ist da deutlich kostengünstiger und gerade für junge, internetaffine Zielgruppen eine ganz natürliche Entwicklung.“
Auch wer Wert auf eine persönliche Beratung legt, muss dafür nicht mehr in die nächstgelegene Bankfiliale gehen: Kunde und Bankberater sitzen sich immer seltener physisch gegenüber. Stattdessen nehmen Online-Chats sowie Video- und Telefonberatung stetig zu. Über 80 Prozent der Bankexperten gehen davon aus, dass diese „Kundenberatung über Distanz“ in den kommenden Jahren noch weiter zunehmen wird. Andererseits zeigt eine aktuelle Postbank-Studie (wir berichteten), dass gerade auch jüngere Kunden durchaus nicht auf die Filiale verzichten wollen.
FinTechs werden zu Partnern
Nachdem FinTechs von Banken lange als Bedrohung angesehen wurden, ändert sich jetzt der Kurs: Mehr als 80 Prozent der Befragten Banker wollen künftig enger mit FinTechs kooperieren.
Gerade das soll zur Flexibilisierung und Kostensenkung beitragen. Eine Entwicklung, die Bankenexperte Dr. Niebudek begrüßt: „FinTechs haben meist keine eigene Banklizenz und sind auf Kooperationen mit Banken und deren Zugang zu Kunden angewiesen. Banken können so ihr Leistungsangebot kostengünstig und flexibel erweitern und zusätzliche Ertragspotenziale erschließen. Und für die Kunden entsteht ein maximal attraktives Angebot.“
Über die Studie
Ziel der Untersuchung war, den Status quo des Privatkundengeschäfts von Banken zu erheben und die Entwicklung bis zum Jahr 2020 zu antizipieren. Zu diesem Zweck befragten die Berater über 50 Topentscheider von Geschäftsbanken, Privatbanken und Sparkassen in Deutschland, Österreich und der Schweiz zur erwarteten Kunden- und Ertragsentwicklung sowie dem Kostenmanagement. Demnächst (der genaue Termin steht noch nicht fest) soll die Studie hier kostenlos online abrufbar sein.
Die vollständige Studie ist kostenlos als PDF (ohne Adressangabe) hier verfügbar.pp
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https://itfm.link/35541
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