Open Finance: Rechenzentren als Grundpfeiler einer stabilen digitalen Infrastruktur
Können es sich Banken noch leisten, untätig zu bleiben? Die von der Europäischen Union geplante Gesetzgebung für Open Finance, deren Rahmen in 2023 vorgestellt werden soll, beeinflusst die Art und Weise, wie neue Banking-Services etablierte Infrastrukturen und Prozesse verändern werden. Um in diesem offenen Finanzwesen wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Banken umdenken und in Infrastruktur investieren.
von Wolfgang Lorenz, Senior Global Solution Architect, Equinix
Der Bankensektor steht vor der Herausforderung, mit innovativen und agilen FinTechs mithalten zu müssen. Dies erfordert ein Umdenken von der klassischen zentralen Bereitstellung von Banking-Services hin zu hybriden Infrastrukturen auf Cloud- oder Multicloud-Basis. Soweit dürfte es Banken bereits bekannt sein.Die Vorteile hybrider Cloud-Infrastruktur gegenüber klassischen Rechenzentren im Finanzsektor
Rechenzentren stellen Unternehmen sogenannte Infrastructure as a Service (IaaS) zur Verfügung. Durch die Nutzung dieser digitalen Infrastruktur ergeben sich für Banken zahlreiche Vorteile. Zunächst können sie durch die Nutzung von IaaS erhebliche Ressourcen einsparen. Dies ist vor allem auf das Pay-per-Use zurückzuführen, das viele IaaS-Anbieter (z. B. Amazon Web Services, Microsoft Azure) anbieten und das es den Banken ermöglicht – ähnlich wie beim Energieverbrauch – nur für die genutzten Ressourcen und nicht für die gesamte Infrastruktur zu zahlen. Ferner ermöglicht IaaS Unternehmen, neue Produkte und Dienstleistungen deutlich schneller auf den Markt zu bringen als mit einer herkömmlichen Infrastruktur.
Mit IaaS können Banken ihre Ressourcen erweitern, ohne Zeit mit dem Einrichten zusätzlicher Server zu verschwenden.”
Die Cloud fördert das BaaS-Modell
Die Einführung der Cloud über einen IaaS-Anbieter hilft in vielerlei Hinsicht, das Banking as a Service (BaaS) Modell umzusetzen.
Eine BaaS-Plattform umfasst in der Regel die Kernbankensysteme der Bank, Zahlungsverkehrsknoten, Kunden- und Kontoverwaltungstools, Risikomanagementsysteme und andere Bankinfrastrukturen.”
Die Integration von Drittanbietern in diese Plattform erfordert ein extrem stabiles und belastbares Niveau der Vernetzung zwischen den verschiedenen Systemen. Die Bereitstellung der BaaS-Plattform in der Cloud gewährleistet das erforderliche stabile Niveau der Vernetzung bei erhöhter Datensicherheit und zu geringeren Kosten als bei einer herkömmlichen Infrastruktur. Insbesondere bei Finanzmitteln der Zukunft, wie etwa bei digitalem Zentralbankgeld, wird dies eine entscheidende Rolle spielen.
Digitales Zentralbankgeld als innovatives Finanzmittel der Zukunft
Waren Kryptowährungen vor einigen Jahren noch ein Nischenthema, ist das digitale Zahlungsmittel mittlerweile ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gerückt. Obwohl es möglich ist, Bitcoin, Ethereum, USnDT und Tausende andere als Währung zu verwenden, sind sie jedoch noch weit davon entfernt, den traditionellen Austausch von Werten zu ersetzen und werden von den meisten Nutzern hauptsächlich als Vermögenswert gehalten. Als einer der jüngsten Marktteilnehmer in diesem Sektor hat digitales Zentralbankgelt, auch CBDC (Central Bank Digital Currency) genannt, noch nicht so viel Aufmerksamkeit erhalten wie Kryptowährungen.
Bei CBDC handelt es sich um eine Form digitalen Geldes, das von einer Zentralbank ausgegeben wird. Im Gegensatz zu herkömmlichem elektronischem Geld, das von Geschäftsbanken verwaltet wird, wäre digitales Zentralbankgeld direkt von der Zentralbank ausgegeben und würde auf einer digitalen Infrastruktur basieren.”
Damit der Markt für digitale Währungen auf globaler Ebene funktionieren kann, ist die Einbeziehung der Bausteine der digitalen Infrastruktur eine Schlüsselkomponente für den Erfolg. Dieser Prozess hat mit dem Aufkommen von Open Banking begonnen – einem Modell, das es jedem Unternehmen im Finanzsektor ermöglicht, Finanzdienstleistungen zu erschaffen, indem sie Funktionen aus einem modularisierten, API-gesteuerten Bankensystem auswählt und einsetzt.
Wie Interconnection das Spiel verändert
Open Banking stellt einen grundlegend anderen Ansatz für die Bankinfrastruktur dar, der im Vergleich zum herkömmlichen Modell andere Geschäftspartner, Rahmenbedingungen, Geschäftsmodelle und Technologien umfasst – und das alles in einem Ökosystem. Hierdurch lassen sich neben der erforderlichen Sicherheit und Performance auch die Latenzzeiten bei Zugriff von Systemen untereinander deutlich reduzieren.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die Daten in der Regel ein Rechenzentrum nicht verlassen und nicht über das öffentliche Internet übertragen werden müssen (Interconnection).”
Dies gilt auch für die Auslagerung von Daten, Applikationen oder auch Web-Frontends in die Cloud. Auch hier spielt im Sinne von kurzen Antwortzeiten die Latenz eine wichtige Rolle und kann durch dedizierte private Netzwerkverbindungen innerhalb des Rechenzentrum-Ökosystems deutlich reduziert werden.
Die Teilnehmer am globalen CBDC-Ökosystem benötigen eine Infrastruktur, die sowohl virtuelle als auch physische Komponenten umfasst, um sie sicher und privat mit den Branchenpartnern und Unternehmen zu verbinden, die ihre Geschäftsmodelle unterstützen.”
Jede Bank und jeder Drittanbieter muss dabei eine ganzheitliche Bewertung der vorhandenen Systeme und der künftig benötigten Funktionalitäten (z. B. Anbindung an ein Echtzeit-Zahlungsnetzwerk mit verbindungsorientierten und -optimierten Edge-Lösungen) vornehmen, um die Dienste, die sie als Dienstleistung zur Verfügung stellen möchte, zu bestimmen und aufeinander abzustimmen.
Sind Banken für die digitale Zukunft gewappnet?
Open Banking ist lediglich der Anfang. Im Rahmen ihrer Strategie für ein digitales Finanzwesen kündigte die Europäische Kommission einen Vorschlag für ein offenes Finanzwesen an, das den Datenaustausch zwischen Unternehmen im Finanzwesen fördern soll. In diesem Open-Finance-Konzept sollen die Open-Banking-Prinzipien auf andere Finanzsektoren wie Versicherungen, Investitionen und Renten ausgeweitet werden. Ziel ist es, autorisierten Drittanbietern den sicheren Zugriff auf personenbezogene Finanzdaten und -dienstleistungen zu erleichtern.
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung dieses Konzepts sind stabile und effiziente digitale Infrastrukturen. Interconnection ermöglicht den Übergang zu einer dynamischeren, flexibleren und verteilten IT-Architektur. Sie integriert Menschen, Clouds und Daten und erleichtert die sichere Bereitstellung hochwertiger digitaler Erlebnisse für Kunden auf der ganzen Welt.
Durch den Einsatz von Software-definierten Netzwerken und Interconnection-Services über Interconnection-Hubs fördern Banken Interoperabilität, Ausfallsicherheit und Innovation – und können somit Teil der digitalen Zukunft sein.”Wolfgang Lorenz, Equinix
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