InsurTech-Finanzierung: Bitkom und GDV gemeinsam versus BaFin
Die Finanzaufsicht kündigte verschärfte Anforderungen an die finanzielle Ausstattung von InsurTechs an. Das treibt die Verbände auf die Barrikaden. Der Bitkom prognostiziert, dass damit Innovationen aus Deutschland vertrieben würden. Der Versicherungsverband schließt sich dieser Kritik an und bemängelt, es würden mitten im Spiel die Regeln geändert.
Die Finanzaufsicht BaFin stellt in der jüngsten Ausgabe des BaFin-Journals klar: Für InsurTechs müssen die gleichen Regeln gelten wie für alle anderen Unternehmen. Gemeint sind damit vor allem die Anforderungen an die Eigenmittel, wie sie in Solvency II festgelegt sind. Und diese gelte es nun durchzusetzen, so der Tenor des Artikels „Aller Anfang ist teuer“.
Was die Finanzaufseher umtreibt: Im Rahmen der bisherigen Tätigkeit habe sich gezeigt, dass die Einnahmen häufig überschätzt, die Ausgaben, insbesondere der IT-Entwicklung dagegen meist unterschätzt würde. Zwar starteten InsurTechs prinzipbedingt in den roten Zahlen, allerdings falle es ihnen schwer, diese Zone zu verlassen. Dementsprechend hoch sei das Risiko, dass die Kunden ihren Versicherungsschutz insolvenzbedingt verlieren. Deshalb sollen InsurTechs künftig schon zum Start höhere Finanzmittel vorweisen. Auch bei Änderungen des Geschäftsmodells wolle man künftig genauer hinschauen und gegebenenfalls neue Vorgaben zur Finanzausstattung machen.
Nicht alle InsurTechs betroffen
Was in der Debatte um diese Entwicklung zum Teil untergeht: Die Bafin bezieht sich ausschließlich auf solche Start-Ups, die eine Lizenz als Versicherungsunternehmen beantragen. Bislang hat die BaFin nur sechs solcher Anträge bewilligt. Die umfangreiche Finanzausstattung muss dann im Rahmen dieses Zulassungsverfahrens nachgewiesen werden. Konkret verlangt die Aufsichtsbehörde in einem solchen Fall, dass der Organisationsfond („Orgafond“) so hoch bemessen sein soll, dass er alle erwarteten, realistisch prognostizierten Verluste von der Gründung bis zum Zeitpunkt der erstmaligen Profitabilität erfasst.
Nicht betroffen sind dagegen Start-ups ohne BaFin-Zulassung, die sich als Dienstleister für die Versicherungsbranche verstehen und zugelassenen Versicherungsgesellschaften technische Lösungen anbieten, stellen die Aufseher im Rahmen des Artikels klar.
Bitkom bietet Dialog an
Der IT-Dachverband steht zwar hinter der Intention der BaFin, den Verbraucherschutz zu verbessern. Allerdings sieht man die geplante Verschärfung bei der Finanzausstattung als ungeeignet an, dieses Ziel zu erreichen. Denn InsurTechs würden dann nicht mehr in Deutschland gegründet, sondern im Ausland – und somit der Aufsicht der deutschen BaFin entzogen. Verbandschef Achim Berg fordert deshalb, die BaFin solle diesen Plan begraben.
„Werden die BaFin-Pläne umgesetzt, wird eine Versicherungslizenz für unabhängig finanzierte Startups unmöglich, da von Anfang an viel zu viel Kapital für langfristige Rückstellungen aufgewendet werden müsste.“
Achim Berg, Bitkom-Präsident
Berg streckt zugleich die Hand zur Zusammenarbeit aus. Er gehe davon aus, dass auch der Finanzaussicht nicht daran gelegen sein kann, Unternehmensgründungen ins Ausland zu verlagern. Deshalb wolle sich der Bitkom an einem klärenden Dialog beteiligen, heißt es im aktuellen Positionspapier (PDF). In dieser Form sei die Begründung der Maßnahme für uns nicht nachvollziehbar. „Wir sind jedoch positiv gestimmt, eine für alle Beteiligten akzeptable Lösung im Gespräch zwischen der zuständigen Aufsicht und Branchenvertretern zu finden“, betont Berg.
GDV gegen Sonderregeln
Kritik an den Plänen der Finanzaufsicht kommt auch vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die deutschen Versicherer seien gegen Sonderregeln für InsurTechs, sowohl was großzügige Erleichterungen, aber auch was höhere Anforderungen betrifft, stellt der Verband klar.
Allerdings bewertet man beim GDV die neuen Anforderungen anders als die BaFin. Während diese darin eine Gleichstellung von InsurTechs und traditionellen Versicherungsunternehmen sieht, sieht man beim Versicherungsverband darin eine zusätzliche Eintrittshürde, die den Wettbewerb behindert und fordert seinerseits „same risks, same rules“.
GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen argumentiert, dass bereits die bisherigen Anforderungen, die sich auf Solvency II stützen, eine anspruchsvolle Hürde darstellen, die nicht weiter verschärft werden müsse, um den Verbraucherschutz sicherzustellen. Richtig sei, dass bereits jetzt neue Versicherer die gleichen Anforderungen erfüllen müssen wie Traditionsunternehmen.
„Gerade für InsurTechs, die teilweise bereits viel investiert haben, werden damit mitten im Spiel die Regeln geändert.“
Jörg Asmussen, GDV-Hauptgeschäftsführer
Mit den geplanten Sonderregeln würden Innovationen aus Deutschland verscheucht, so der GDV-Chef. Er hat zudem die bereits lizenzierten InsurTechs im Blick. Mögliche Veränderungen der BaFin bei den Anforderungen an Orgafonds würden auch für noch in der Aufbauphase befindliche Versicherungs-Startups eine Verschärfung bedeuten. hj
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