KI – die Zeit der Spielerei ist vorbei: Ohne effektive Datenarchitektur kann KI ihr Potenzial nicht entfalten
Die Geschwindigkeit, mit der sich KI bei Finanzdienstleistern etabliert, ist einzigartig. In allen Instituten wird getestet, experimentiert und implementiert – und das seit Jahren; schon lange vor ChatGPT. Angesichts des Effizienz- und Innovationspotenzials will niemand den Anschluss verpassen. Fünf wichtige Punkte.
von Dirk Ungemach-Strähle und Valentino Pola, Cofinpro
Nüchtern betrachtet ist ChatGPT nur ein mit großen Textmengen trainiertes Large Language Model (LLM), das Muster und Verbindungen zwischen Wörtern und Phrasen erkennt. Doch die von OpenAI entwickelte Anwendung löste 2023 eine KI-Hype aus: Innerhalb kürzester Zeit ist KI aus der Expertennische in der Mitte der Gesellschaft angekommen …… und die Banken waren von Anfang an dabei und gehören zu den Early Adopters im betrieblichen Umfeld.”
Die Zeit der Gehversuche und Testballons ist aber nun vorbei. Jetzt stehen die Leistungsfähigkeit und der Nutzen für den breiten Einsatz im Vordergrund – darüber sind sich alle in der Branche einig. KI wird daher zunehmend den Bankenalltag durchdringen und in den unterschiedlichsten Anwendungen und Systemen zum Einsatz kommen. Für die Kunden wird dies oft nicht unmittelbar erkennbar sein.
Banken sind Vorreiter in Sachen KI
Künstliche Intelligenz übernimmt sukzessive immer mehr Aufgaben. Drei wesentliche Vorteile sprechen dafür: Erstens die Steigerung der Beratungskompetenz im direkten Kundengespräch. Zweitens eine spürbare Entlastung der Bankmitarbeiter und damit die Möglichkeit, individueller auf komplexe Aufgaben einzugehen. Und drittens eine umfassende Effizienzsteigerung bei zeitintensiven Prozessen durch Automatisierung. Ein wesentlicher Grund für diesen Durchbruch ist sicherlich die große Popularität und Zugänglichkeit der neuen LLM-Generation wie ChatGPT, aber auch die autarke Nutzbarkeit von KI in einzelnen Bereichen gibt den Banken hier viel Spielraum für eine zunehmende Integration des Trends. Die Marktbeobachtungen von Cofinpro zeigen: Im Laufe des Jahres 2024 werden alle führenden Institute in Deutschland allgemeine Anfragen mit Hilfe von KI beantworten lassen.
Banken sollten dabei das Thema KI im Bereich Unternehmensentwicklung und in der IT verankern und sich nicht im Klein-Klein verlieren. Wenn Fachbereiche eigene Infrastrukturen entwickeln, besteht die Gefahr von fragmentierten Insellösungen. Um das volle Potenzial der Technologie auszuschöpfen, empfiehlt sich ein ganzheitlicher Ansatz, der einzelne Lösungen in den Bereichen zulässt, aber eine gemeinsame Linie verfolgt.“
Dirk Ungemach-Strähle
KI ist viel mehr als ChatGPT
Von der Beantwortung von Kundenanfragen über die Zusammenfassung von Inhalten bis hin zur Analyse komplexer Unternehmensbereiche – KI wird in allen Bereichen Einzug halten und die Banken endgültig auch zu Technologieunternehmen machen.“
KI ermöglicht neue und optimierte Dienstleistungen
Mit KI-Unterstützung können Banken ihr Dienstleistungsangebot kundenorientierter und passgenauer gestalten. Beispielsweise ermöglicht die verknüpfte Analyse von persönlichen und globalen Daten individuell zugeschnittene Angebote, die bis ins Detail auf die Bedürfnisse oder die jeweilige Lebenssituation eines einzelnen Kunden eingehen. Eine solche Individualisierung war bisher aufgrund des hohen Aufwands nur im Premiumsegment möglich. Der Service wird aber nicht nur besser, sondern auch schneller. Denn viele Tätigkeiten, die bisher manuell erledigt wurden, können in Zukunft an die IT-Systeme übertragen werden. Selbst die Verarbeitung unstrukturierter Daten wie Telefonate oder handschriftliche Notizen kann die KI in Sekundenschnelle einlesen, ordnen und auswerten.
Mit guten KI-Modellen im Rücken steigt die Bank zum Service-Champion auf. Aber: KI ist ein Katalysator und Impulsgeber, kein Allheilmittel. Viele Altlasten, die Banken schon lange vor sich herschieben, lassen sich mit KI nicht lösen. Dazu gehören beispielsweise technische Restriktionen durch Legacy-Systeme oder kulturelle Hürden.“
Valentino Pola
Parallel zur technologischen Entwicklung verändern sich auch die Aufgaben der Mitarbeiter
Einfache und monotone Tätigkeiten in der Bank werden zunehmend von KI übernommen. Das Spektrum reicht von Programmierunterstützung in der IT bis hin zu Anlageberichten in der Investmentabteilung. Für die Mitarbeitenden öffnen sich damit Freiräume, um komplexe, nicht automatisierbare Aufgaben oder das direkte Beratungsgespräch mit den Kundinnen und Kunden zu übernehmen. Die Arbeit verändert sich und wird abwechslungsreicher – sie erfordert aber auch mehr Flexibilität und Lernbereitschaft. Denn so wie Banken von ihren Mitarbeitern bereits heute solide Computerkenntnisse voraussetzen, wird in Zukunft auch der souveräne Umgang mit KI-Technologien immer wichtiger.
Die Change-Management-Kompetenz der Banken ist gefragt. Denn die kompetentesten Mitarbeitenden werden künftig diejenigen sein, die sich am besten auf neue Situationen und Aufgaben einstellen können. Sie müssen die Choreografie zwischen modernsten Technologien, den Zielen der Bank und den Wünschen der Kunden fein abstimmen. Den Bankberater oder die Bankberaterin wird es auch in Zukunft geben – allerdings mit einem anderen Aufgabenspektrum als heute und eingebettet in ein hoch spezialisiertes Aufgabenfeld.“
Dirk Ungemach-Strähle
Ohne effektive Datenarchitekturen kann KI ihr Potenzial nicht entfalten
KI kann – vor allem in den wirklich spannenden und wertschöpfenden Anwendungsfällen – nur dann erstklassige Ergebnisse liefern, wenn die Datenbasis von guter Qualität ist. Hinzu kommt: Je mehr KI-Anwendungen zum Einsatz kommen, desto wichtiger wird das Thema Skalierbarkeit – und dafür müssen Banken eine schlanke IT- und Datenstruktur aufbauen. Statt eines großen Data Warehouse empfiehlt es sich, einzelne Datenräume zu unterhalten, die aber einem gemeinsamen Regelwerk unterliegen. Die Silos müssen verbunden und interoperabel verknüpft werden. So bleibt die Fachexpertise innerhalb einer Domäne, aber die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Teilbereichen ist gewährleistet.
Die Zeiten des zentralen Data Warehouse sind vorbei. Stattdessen setzt sich das Plattform-Modell durch: Viele einzelne Datenräume, die über eine einheitliche Governance gesteuert werden. In der Praxis gibt es bereits zahlreiche Best Practices. Sie zeigen, dass die Qualität steigt, wenn die Daten in der End-to-End-Verantwortung der einzelnen Fachbereiche liegen. Denn dort werden sie nicht nur eingesetzt, sondern können auch hinsichtlich ihrer fachlichen Relevanz bewertet werden.“
Fazit
ChatGPT war ein Türöffner. Denn mit KI lassen sich viele Versprechen der Digitalisierung einlösen. Nicht zuletzt deshalb steht die Finanzbranche heute an der Spitze der Innovationstreiber. Aber: Auch die beste KI kann keine Wunder vollbringen, sondern braucht ein solides Fundament. Für Banken gilt daher: Wenn Daten ihrem Titel als „Gold des 21. Jahrhunderts“ gerecht werden sollen, müssen sie auf die Qualität und Struktur ihrer Daten-Architekturen achten.Dirk Ungemach-Strähle und Valentino Pola, Cofinpro
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