STUDIEN & UMFRAGEN4. Juni 2019

Knight Frank und FreshMinds ermitteln fünf Trends für Retail-Banken

Knight Frank

Das international tätige Immobilien-Beratungsunternehmen Knight Frank mit Hauptsitz in London hat gemeinsam mit FreshMinds, einem Beratungsunternehmen für Innovationen, umfangreiche Analysen zur mittelfristigen Zukunft der Retail-Banken durchgeführt. Die dabei erkannten fünf Haupttrends sind erhöhter Wettbewerbsdruck, Personalisierung der Kundenangebote, Zwang zur Innovation, weiterer Druck auf Filialnetze sowie zunehmende Automatisierung und Einsatz künstlicher Intelligenz.

Erhöhter Wettbewerbsdruck durch Challenger-Banken, FinTechs und neue Marktteilnehmer

Das Retail-Bankgeschäft wird immer wettbewerbsintensiver und dynamischer, was das Risiko eines Verlusts wichtiger Marktanteile erhöht. Traditionelle Banken sind an althergebrachte Geschäftsmodelle gebunden, während die neue Generation von Retail-Banken ganz von vorne anfängt und sich auf Kunden, Technologien und agile Innovationen konzentriert.

Sich ändernde Kundenbedürfnisse und Technologien stärken den Wettbewerb. Neue Verordnungen, von den britischen Open-Banking-Reformen bis hin zu der europäischen Zahlungsdienste-Richtlinie (PSD2), öffnen den Markt weiter für den Wettbewerb. Sie zwingen Retail-Banken dazu, ihre Kundendaten mit Dritten zu teilen.

Wettbewerber bauen ihre Marktanteile aus. Traditionelle Retail-Banken müssen daher ihre Effizienz steigern, gleichzeitig ihr Geschäftsmodell ändern sowie den Fokus auf Kunden und Bereiche richten, in denen sie einen klaren Wettbewerbsvorteil erzielen können. Ein Bericht von PwC ergab, dass Banken ihre Kosten um 15-20 % und in einigen Fällen sogar um 30-40 % reduzieren müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Erfolgreiche Banken der Zukunft werden erheblich schlanker sein und Effizienz- und Produktivitätsziele konsequent verfolgen. Gleichzeitig werden traditionelle Retail-Banken Transformationsstrategien beschleunigen und in Kundendienst, Technologie und Datenanalyse investieren.

Aber auch für die sogenannten Challenger wird es kein leichtes Unterfangen werden. Nicht alle werden in einem zunehmend überfüllten Markt bestehen bleiben.

Bankdienstleistungen werden hochgradig kundenindividuell und personalisiert sein

Kunden werden angesichts zunehmender Auswahl, digitaler Zugänglichkeit und regulatorischer Änderungen, die einen Anbieterwechsel vereinfachen, immer anspruchsvoller. Die junge Generation verlangt nahtlose digitale Bereitstellung, herausragenden Kundendienst und stärkere Personalisierung. Banken, die nicht die bestmögliche Kundenerfahrung bieten, riskieren einen Verlust von Umsätzen und Kunden, denn die Hauptgründe von Bankkunden für einen möglichen Wechsel zu einem Nicht-Bank-Anbieter hängen mit der Kundenerfahrung zusammen.

Neben Challenger-Banken und neuen Marktteilnehmern wird es umfangreiche Umstrukturierungen und einen kulturellem Wandel geben, während traditionelle Banken ihre Geschäfte von Produkt- zu Kundenorientierung hin umgestalten. Kundenorientierte Organisationen sind flexibel, funktionsübergreifend, innovativ, stellen den Kunden in den Mittelpunkt der Organisation und betrachten alles aus seiner Perspektive.

Challengers und neue Teilnehmer müssen einen kompromisslosen Kundenfokus beibehalten, um Wachstum und Vertrauen zu gewährleisten.

Die Gewinnung wertvoller Kundenerkenntnisse aus den enormen, von Banken gehaltenen Datenmengen ist ein grundlegender Erfolgsfaktor, wodurch dieser Teil des Backoffice wieder ins Rampenlicht rückt. Dementsprechend zählen Kenntnisse der Kunden und Analysefähigkeit zukünftig zu den gefragten Kompetenzen von Mitarbeitern.

Bereitschaft zu Innovationen und Umstrukturierung ist unerlässlich

Retail-Banken müssen für Überleben und Erfolg kontinuierlich Innovationen schaffen und differenzierte Dienstleistungen und Lösungen entwickeln, um die sich beständig ändernden Kundenbedürfnisse zu erfüllen.

Knight Frank geht von einer Zunahme bei den folgenden Innovationsstrategien aus:

1. Größere Kooperation zwischen Banken, FinTech, Wissenschaft, Kunden und sogar anderen Branchen: Perfekte Kooperationen zeichnen sich durch etablierte Unternehmen aus, die die entsprechende Größe, eine etablierte Marke und enorme Mengen wertvoller Kundendaten haben, sowie FinTech-Unternehmen, die über das technologische Wissen, hervorragenden Kundenservice und die Fähigkeit zur Gewinnung junger digitaler Talente verfügen.

2. Stärkere Finanzierung von vielversprechenden FinTech-Unternehmen mit der Option, sich daran zu beteiligen.

3. Interne Initiativen wie Mitarbeiteranreize, Entwicklung von unternehmensweiten Innovationsstrategien und die Bereitstellung von „Experimentierplätzen“ zur Förderung und Unterstützung neuer Ideen.

4. Akquisition technisch versierter Unternehmen durch alteingesessene Banken für den direkten Zugang zu Innovationen und zur Verdrängung konkurrierender Produkte vom Markt.

Digitaler Kundenzugang erhöht den Druck auf Filialnetze weiter

Mobile- und Online-Banking werden die wichtigsten Distributionskanäle werden. Dafür ist eine nahtlose digitale Erfahrung erforderlich, da Kunden den Zugang über mehrere Geräte rund um die Uhr verlangen. Traditionelle Banken werden ihre digitale Transformation beschleunigen und müssen die Backend-IT-Landschaft an die neue digitale Landschaft anpassen. Die Digitalisierung erfordert einen größeren Anteil digitaler Talente in einem äußerst wettbewerbsintensiven Markt. Alle Branchenakteure müssen ihre Strategien zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften überprüfen und dabei insbesondere darauf achten, wie sie mit Technologieunternehmen um die besten Mitarbeiter konkurrieren können.

Banken haben ihre Filialnetze bereits erheblich reduziert und werden diesen Abbau noch weiter beschleunigen. Filialen gehören aber nicht der Vergangenheit an, sondern ihre Form und Funktion wird sich dahingehend ändern, dass neuesten Technologien vorgestellt, auf höherwertige Produkte ausgerichtete Informationen und Beratung angeboten und mehr Kooperationsbereiche für Kunden integriert werden.

Kurzfristig könnten Filialen sogar betriebliche Vorteile bieten, da Kunden direkt neue Ideen vorgestellt und in schlecht angebundenen Regionen der Bedarf für eine Filialpräsenz erfüllt werden kann.

Automatisierung und künstliche Intelligenz gewinnen an Bedeutung

Angesichts steigender Kosten der regulatorischen Compliance, der Trennung von Retail- und Investment-Banking sowie der IT-Transformation werden Banken robotische Prozessautomatisierung (RPA) und künstliche Intelligenz (KI) für weitere Kosteneinsparungen und mehr Effizienz einsetzen.

RPA umfasst die Automatisierung von Prozessen mit Hilfe von Software, wo sonst ein Mensch zur Eingabe von Anweisungen erforderlich ist. Künstliche Intelligenz bezeichnet Technologien, die aus ihren Erfahrungen und Feedback lernen und bestimmte kognitive Fähigkeiten aufweisen. Die Anwendungen reichen von der Automatisierung manueller, zeitaufwändiger Prozesse bis hin zur Unterhaltung mit Kunden in Form von Chat-Bots.

Infolge dieser technologischen Fortschritte verschiebt sich der Schwerpunkt auf höherwertige Arbeit. Neue Teams zur Verwaltung und Entwicklung von Automatisierungs- und KI-Tools werden geschaffen. RPA und maschinelles Lernen bietet Banken eine einzigartige Gelegenheit, einen Wettbewerbsvorteil durch die Analyse der mit diesen Technologien produzierbaren enormen Datenmengen zu erzielen und differenzierte und personalisierte Kundenangebote bereitzustellen.

Die vollständige englische Studie steht hier kostenfrei als PDF-Datei zur Verfügung.pp

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert