Ist nun alles klar? BaFin veröffentlicht Merkblatt zum Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts
Nachdem am 1. Januar 2020 für Anbieter im Bereich von Kryptowerten & Kryptotoken durch das Gesetz zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur 4. EU-Geldwäscherichtlinie (EU 2018/843) erhebliche Rechtsänderungen in Kraft getreten sind, die auch zu Änderungen im Kreditwesengesetz (KWG) in Bezug auf Kryptowerte und Kryptoverwahrung führen, wurde eine Orientierung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) von vielen Marktteilnehmern bereits sehnsüchtig erwartet. Die BaFin hat nun am 2. März 2020 das Merkblatt „Hinweise zum Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts“ veröffentlicht.
von RA Dr. Christian Conreder, RAin Meike Farhan, Rödl & Partner
Das Merkblatt dient der besseren Einordnung des neu geschaffenen Tatbestandes des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG (Kryptoverwahrgeschäft), um den Akteuren am Markt die Einordnung zu erleichtern, ob ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit Kryptowerten oder kryptografischen Schlüsseln einer Erlaubnis im Sinne des § 32 Abs. 1 KWG bedarf.Den gesetzlichen Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts erfüllt, wer:
-
Kryptowerte oder private kryptografische Schlüssel, die dazu dienen, Kryptowerte zu halten, zu speichern oder zu übertragen,
- für andere
- verwahrt, verwaltet und sichert.
Kryptowerte und private kryptografische Schlüssel
Dabei setzt das Merkblatt zur Ein- und Abgrenzung des Tatbestandes zunächst einen Schwerpunkt auf die Definition von Kryptowerten und privaten kryptografischen Schlüsseln. Dabei wird noch einmal verdeutlicht, dass § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 10 KWG n.F gesetzessystematisch als Auffangtatbestand ausgestaltet worden ist, um den vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von Kryptowerten jetzt und auch in der Zukunft gerecht zu werden und alle potenziellen Anwendungsfälle virtueller Währungen zu erfassen. Insofern nimmt das Merkblatt Bezug auf die in § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG n.F. enthaltene Legaldefinition der sog. Kryptowerte, um dann anhand von einzelnen Beispielen die Tatbestandsmäßigkeit von Tätigkeiten bzw. Erscheinungsformen von Kryptowerten einzuordnen.
Für andere
Die Tätigkeit der Kryptoverwahrung muss für andere erbracht werden.”
Die Tätigkeit der Kryptoverwahrung muss für andere erbracht werden.”
Dabei kann anderer auch der Emittent der Kryptowerte selbst sein sowie jede Person oder Personenmehrheit außer dem eigenen Unternehmen, es sei denn, sie erfolgt in offener Stellvertretung, die den Abschluss des Vertrags über die Erbringung des Kryptoverwahrgeschäftes bereits umfassen muss.
Insbesondere die Verwahrung, Verwaltung oder Speicherung eigener Kryptowerte durch den Inhaber selbst, durch von ihm abhängige Beschäftigte oder arbeitsteilig durch andere Gesellschafter im Rahmen eines echten personengesellschaftlichen Verbundes erfolgt nicht „für andere“ und scheidet somit aus dem Tatbestand aus. Im Hinblick auf die unentgeltliche Verwahrung von Kryptowerten für Mitglieder des engsten Familienverbundes geht die BaFin dem Wortlaut nach wohl grundsätzlich davon aus, dass diese Tätigkeit aus dem Tatbestand ausscheidet, lässt hier aber eine Hintertür für eine Einzelfallbetrachtung offen.
Verwahren, verwalten und sichern
Tatbestandlich erfasst wird „die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von Kryptowerten oder privaten kryptografischen Schlüsseln, die dazu dienen, Kryptowerte zu halten, zu speichern und zu übertragen“. Dabei ist für die Erlaubnispflicht ausreichend, dass eine der drei Varianten verwirklicht wird.
Verwalten ist im weitesten Sinne die laufende Wahrnehmung der Rechte aus dem Kryptowert.”
Unter Sicherung ist sowohl die digitale Speicherung der privaten kryptografischen Schlüssel Dritter, als auch die Aufbewahrung physischer Datenträger (z. B. ein USB-Stick oder ein Blatt Papier), auf denen solche Schlüssel gespeichert sind, zu verstehen. Nicht tatbestandlich erfasst ist die bloße Zurverfügungstellung von Speicherplatz, z. B. durch Webhosting- oder Cloudspeicher-Anbieter, solange diese ihre Dienste nicht ausdrücklich für die Speicherung der privaten kryptografischen Schlüssel anbieten.
Soweit der Betrieb durch die Nutzer eigenverantwortlich erfolgt, sind auch die Herstellung und/oder der Vertrieb von Hard- oder Software zur Sicherung der Kryptowerte oder der privaten kryptografischen Schlüssel nicht tatbestandsmäßig.
Wesentliches Abgrenzungsmerkmal ist die durch die Inobhutnahme etwaige gegebene Zugriffsmöglichkeit auf die öffentlichen Adressen, unter denen die Kryptowerte dezentral gespeichert werden.
Abgrenzung zu anderen regulatorischen Tatbeständen
Für die praktische Handhabung des Tatbestandes relevant sind insbesondere die im Merkblatt enthaltenen Abgrenzungen zu anderen regulatorischen Tatbeständen mit einer verwahrenden Komponente, die aufgrund ihrer Spezialität dem Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts vorgehen. So geht in Abhängigkeit davon, ob die Kryptowerte durch ihre Ausgestaltung einer spezialgesetzlichen Definition unterfallen, das dazugehörige, weil insofern speziellere Verwahrgeschäft in der Anwendung vor. So beispielsweise für den Fall, dass die Kryptowerte zugleich auch Wertpapiere im Sinne der wertpapierprospektrechtlichen Regelungen sind und ausschließlich für alternative Investmentfonds im Sinne des § 1 Abs. 3 des Kapitalanlagegesetzbuches verwaltet oder verwahrt werden. Dann unterfällt diese Tätigkeit der spezielleren Regelung des eingeschränkten Verwahrgeschäfts im Sinne des § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 12 KWG. Fallen Kryptowerte unter den Wertpapierbegriff des Depotgesetzes, ist die Verwahrung ein Depotgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 KWG. Das Kryptoverwahrgeschäft gemäß § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 6 KWG tritt dahinter zurück. Eine weitere Abgrenzung erfolgt im Hinblick auf das Zentralverwahrgeschäft nach § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 KWG verbunden mit einer Klarstellung, wann es einer gesonderten Erlaubnis bedarf.
Erlaubnispflicht
Autor Dr. Christian ConrederDr. Christian Conreder, Rechtsanwalt, ist Associate Partner bei der Rödl&Partner am Standort Hamburg und leitet den Bereich Kapitalanlagerecht.
Der Schwerpunkt seiner anwaltlichen Tätigkeit liegt im Bank- und Kapitalmarktrecht, namentlich in den Bereichen des Zahlungsverkehrs- und Kapitalanlagerechts. Neben Kapitalverwaltungsgesellschaften, Emissionshäusern und Family Offices berät Herr Dr. Conreder u. a. Banken, Zahlungsdienstleister, Kartenemittenten und FinTechs in zivil- und aufsichtsrechtlichen Fragestellungen.
Ist der Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts erfüllt, ist eine Erlaubnis erforderlich, wenn die Tätigkeit im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, erbracht wird.”
Der Schwerpunkt seiner anwaltlichen Tätigkeit liegt im Bank- und Kapitalmarktrecht, namentlich in den Bereichen des Zahlungsverkehrs- und Kapitalanlagerechts. Neben Kapitalverwaltungsgesellschaften, Emissionshäusern und Family Offices berät Herr Dr. Conreder u. a. Banken, Zahlungsdienstleister, Kartenemittenten und FinTechs in zivil- und aufsichtsrechtlichen Fragestellungen.
Ist der Tatbestand des Kryptoverwahrgeschäfts erfüllt, ist eine Erlaubnis erforderlich, wenn die Tätigkeit im Inland gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, erbracht wird.”
Hier unterscheidet sich die Grenze der Erlaubnispflicht nicht von anderen Erlaubnistatbeständen. Allerdings ist zu erwähnen, dass die BaFin darauf verzichtet hat, eine Erheblichkeitsschwelle einzuführen. Vielmehr wird klargestellt, dass es – mit Ausnahme der eindeutigen Gewerblichkeit – auf den Einzelfall ankommt und sich eine Erlaubnispflicht, insbesondere beim gleichzeitigen Betreiben mehrerer Bank-/Finanzdienstleistungsgeschäfte auch bei einem vergleichsweise geringen Umfang ergeben kann.
Übergangszeitraum
Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zum 1. Januar 2020 besteht auch eine entsprechende Erlaubnispflicht nach § 32 Abs. 1 KWG. Nach § 64y n.F. KWG für bereits tätige Unternehmen indes die Erlaubnis für den Betrieb dieses Geschäfts als zu diesem Zeitpunkt vorläufig erteilt gilt, wenn diese bis zum 30. November 2020 einen vollständigen Erlaubnisantrag stellen und wenn sie die Absicht, einen Erlaubnisantrag zu stellen, bis zum 31. März 2020 der Bundesanstalt schriftlich anzeigen.
Damit räumt das Gesetz den Anbietern von Kryptoverwahrgeschäften zwar grundsätzlich eine Übergangsregelung ein. Nach Auffassung der BaFin sollen die Unternehmen indes ihr Interesse bei der BaFin bereits jetzt unverbindlich, formlos und freiwillig bekunden und/oder eine verbindliche, schriftliche Absichtsanzeige nach § 64y Abs. 1 und 2 KWG abgegeben, für die auf der BaFin-Homepage ein eigenes Anzeigeformular hinterlegt ist. Anbieter von Krypto-Wallets sollten daher unverzüglich mit der Vorbereitung des umfangreichen Erlaubnisverfahrens als Finanzdienstleistungsinstitut beginnen und ggf. bereits bei der Abgabe des Anzeigenformulars professionellen Rat einholen.
Schlussfolgerung
Das Merkblatt sorgt für eine erste bessere Orientierung bei der Auslegung des Tatbestandes des Kryptoverwahrgeschäfts. Dennoch wäre an der einen oder anderen Stelle eine tiefergehende Behandlung von bestimmten Fragestellungen wünschenswert gewesen. Hier müssen alle Marktteilnehmer die sich in den nächsten Monaten herausstellende Verwaltungspraxis der BaFin weiter aufmerksam verfolgen.RA Dr. Christian Conreder, RAin Meike Farhan
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