Künstliche Intelligenz (KI) und ihre Trends in der Versicherungsbranche 2021
Künstliche Intelligenz (KI) ist in aller Munde, egal ob in Wirtschaft, Wissenschaft oder Gesellschaft: Das Thema wird durchaus kontrovers diskutiert. Während technologische Innovationen immer neue Möglichkeiten eröffnen, hinkt der KI-Einsatz in der betrieblichen Praxis allerdings häufig hinterher. Dabei birgt Künstliche Intelligenz auch für die Assekuranz wertvolle Chancen und kann die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen erhöhen. Der IT-Dienstleister adesso sieht derzeit folgende Trends für die Versicherungsbranche.
Wohin geht die Reise 2021? Jede Branche hat eigene Herausforderungen, Rahmenbedingungen und Ziele. Die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen stellen nochmal besondere Anforderungen. Den passenden Anwendungsfall muss daher jedes Unternehmen für sich selbst finden. Die aktuellen Trends aus Sicht von adesso können da eine Anregung und Unterstützung geben.
Trend 1: Explainable AI (XAI) – Erklärbare oder nachvollziehbare KI
Vertrauen ist das wichtigste Gut eines Versicherungsunternehmens. Es verpflichtet zu einem verantwortlichen Umgang mit neuen Technologien, insbesondere bei der Nutzung von Künstlicher Intelligenz, denn da entscheidet ein Algorithmus und nicht der Mensch. Mit dem Einsatz von XAI werden maschinelle Entscheidungen nachvollziehbar. Die Verwendung von XAI ist daher für viele Anwendungsfälle, beispielsweise im Bereich Schadensmanagement und Betrugserkennung, Voraussetzung für den Einsatz von KI, da diese Verfahren der Rechenschaftspflicht unterliegen. Die Herausforderung liegt neben der technischen Implementierung in der verständlichen Aufbereitung der Erklärungen.
Trend 2: Personalisierung
Durch Big Data wird der Versicherungsnehmer zunehmend transparent, was zu einer individualisierten Behandlung der Kunden führt. Die analysierten Nutzungs- und Nutzerdaten ermöglichen beispielsweise ein Zielgruppenmodell für eine optimierte Kundenansprache in Marketing und Vertrieb, eine individuelle verhaltensorientierte Anpassung der Versicherungsbeiträge und -leistungen in bestimmten Sparten sowie eine spezifische Bedarfsprognose für eine ganzheitliche Beratung und Deckung.
Trend 3: Vorgehensweise
Kunden wollen bereits vor Umsetzungsbeginn eines Digitalisierungsvorhabens ein klares Verständnis darüber erlangen, mit welchen Mehrwerten nach Einführung der Technologielösung zu rechnen ist. Idealerweise wird dies mit einem ROI quantifiziert. Daher nimmt die bedarfsorientierte Vorgehensweise bei der Einführung von KI-Projekten in Versicherungen an Bedeutung zu. Die Akzeptanz der Versicherer für die Einführung von KI-Lösungen steigt stark, wenn erste Ergebnisse und Erfolge in Teilbereichen schnell belegt werden können. Versicherer wollen daher vorerst ausgewählte Teilbereiche mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz digitalisieren – also einen „Proof of Concept“ erhalten, bevor ganze Sparten digitalisiert werden. Die notwendige Modularität muss aus verschiedenen Perspektiven berücksichtigt werden, etwa aus fachlicher, technischer und preislicher Sicht.
Trend 4: Qualitätsversprechen
Versicherer wollen sich bei einer KI-Lösung auf die Prozessstabilität und die Qualität der gelieferten Daten verlassen können. Das kollektive Verständnis steigt, was Künstliche Intelligenz leisten kann und wo es physische Grenzen gibt. Statt der Erwartung, dass Künstliche Intelligenz ohne jegliches Zutun wahre Wunder vollbringt, steht die Erkenntnis, dass jede KI in die richtige Richtung gewiesen werden muss, um die zu erwartenden Ergebnisse zukünftig automatisiert zu erzielen. Es zeichnet sich hier der Trend ab, dass durch den Betreiber der KI-Lösung vertraglich zugesicherte Qualitätsversprechen besonders gerne von den Versicherern angenommen und auch aktiv eingefordert werden. Eine zielgerichtete Vorgehensweise und ein Qualitätsversprechen erhöhen die Akzeptanz von KI-Vorhaben bei Versicherern deutlich.
Trend 5: Chatbots und Telefonbots
Versicherer kämpfen täglich mit einem hohen Anfragevolumen, das über verschiedene Kanäle eintrifft. KI-basierte Systeme helfen dabei, die Anliegen der Kundinnen und Kunden schneller, rund um die Uhr und ohne Wartezeiten klären zu können. Zeitgleich helfen sie dabei, Abläufe zu automatisieren, Beschäftigte zu entlasten und Kosten zu senken – ohne dass die Qualität leidet.
Trend 6: Betrugserkennung
Die deutsche Versicherungswirtschaft muss betrügerische Versicherungsfälle identifizieren und eindämmen. Allein in der Schadens- und Unfallversicherung werden jährlich über 50 Milliarden Euro Schadensleistungen erbracht. Davon sind schätzungsweise mindestens 10 Prozent auf betrügerisches Handeln zurückzuführen. Eine aktive Betrugserkennung stellt daher gerade in Bereichen mit sogenannten Mengenschäden einen integralen Bestandteil der initialen Schadensbearbeitung dar. Hier steht die Erkennung von neuen Betrugsmustern im Vordergrund. Ansätze auf KI-Basis werden die Versicherer in die Lage versetzen, neuartige Missbrauchsmuster schneller zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten. Ein KI-basiertes Betrugssystem ist als ein lernendes System zu verstehen, das den Schadensexperten bei der Aufdeckung von potenziellen Betrugsfällen unterstützt.
Die Versicherungswirtschaft geht nach generischen Ansätzen dazu über, den Mix aus moderner Analytik für interne und externe Daten mit gezielten Algorithmen für dedizierte Anwendungsfälle zu verbinden. Dies versetzt Versicherer zunehmend in die Lage, nicht nur ex post zu regulieren und Preise aus Modellen mit Daten der Vergangenheit zu generieren, sondern mehr und mehr ein Teil einer Präventionsstrategie für den Kunden zu sein. Hier entstehen Mehrwertdienste und Services, das heißt Angebote, die klare Bedürfnisse des Versicherten erfüllen.“
Stefan Riedel, Vorstand Versicherungen bei adesso SE
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