Mobile Bezahlverfahren in Deutschland: „Ein Stück in drei Akten“ – FinTechs – Banken – Digital Giants
Aller Anfang ist schwer – mobile Bezahlverfahren zum Beispiel: Dr. Hans-Martin Kraus ist Partner bei Capco und verantwortet als Head of Payments EMEA das grenzüberschreitende Payments-Geschäft. Er sieht Deutschland gerade im 2. Akt der Mobile-Payments-Inszenierung, die sich schon im 3. Akt entscheiden wird – wenn die Giganten die Bühne betreten.
von Dr. Hans-Martin Kraus, Capco
1. Akt: FinTechs sind defacto gescheitert
Die bisherigen FinTech-gestützten Versuche für Peer-to-Peer in Deutschland (mittlerweile 8-10 Anbieter) haben keinen Durchbruch gebracht. Die Insolvenz (d.h. nicht erfolgreiche Next-Funding Round) des Startups Cookies nach nur 1,5 Jahren ist ein Indiz, dass Venture Capital Investoren, an diesen Ansatz nicht mehr nachhaltig glauben. Möglicherweise eine erste Auswirkung der Geldboten-Diskussion der vergangenen Monate. Ich bin mir sicher: Wir werden von den übrigen FinTechs nur vermehrt B2B-Exit-Strategien beobachten können.
2. Akt: Jetzt sind die Banken am Zug
Die im IT Finanzmagazin genannte Ansätze (wir berichteten) zeigen, dass Banken erstmals ihre etablierte Marktstellung nutzen wollen, um einen digitales Marktsegment zu schaffen. Mit den Sparkassen, VR-Banken und sicher weiteren Instituten werden wahrscheinlich über 90% der Peer-to-Peer affinen Kunden angesprochen. Der Markterfolg wird auch ein Erfolg der Marketinginvestments sein, und zwar quantitativ (vor allem TV-Budgets) und qualitativ, da die Zielgruppe über Social-Media-Ansätze am wirkungsvollsten zur Nutzung übergehen wird.
Strategisch ein wichtiger Zug, die Relevanz der eigenen Marken im digitalen Finanzalltag zu erhalten bzw. wieder herzustellen. Zusammen mit der Paydirekt-Initiative, die nun substantielle Erfolge auf der Händlerseite aufweisen kann (unter anderem Saturn, Media-Markt) zeichnet sich für den Sektor – nach ersten verloren Schlachten – eine echte Chance ab, strategischen Markt-Boden wieder gut zu machen.
3. Akt: Die Giganten betreten die Bühne
Kein Grund zur Entwarnung – digitale Kundengiganten (Apple, Samsung, PayPal, Amazon, Google, Facebook) ante portas: Zumindest die ersten vier der genannten haben den Angriff auf andere geographische Märkte (jene mit Scheck/Kreditkarten-Dominanz) längst begonnen.
Mit der Ankündigung von ApplePay in den französischen Markt (ähnlich debit-basiert wie Deutschland) einzutreten und dem Fahrplan lassen sich zu erwartende Markteintritte in Deutschland klar terminieren: 2. Halbjahr 2017 bis Ende 2018 werden wir die Spieler in die Arena steigen sehen, meines Erachtens in jedem Fall: ApplePay, PayPal, Amazon.
Kartellamtliches Verständnis des relevanten Wettbewerbsmarktes
Mit der Nichtzulassung des Geldboten können wir wiederholt beobachten, dass die defacto marktbeherrschende Kundenstellung der digitalen Giganten (Google, Apple & Co.) offenbar als nicht maßgeblich eingestuft wurde. Falls dem ein Motiv zugrunde lag, „Startups vor den mächtigen Banken zu schützen“, sei der Hinweis erlaubt, dass es hier wettbewerblich nicht um Innovation, sondern vor allem um das Hebeln vorhandener Kundenstämmen geht und die Banken hier keineswegs im Vorteil sind.
Wie ein Durchbruch aussieht, konnten wir 2015/16 in Dänemark beobachten, wo eine Bank (!), die Danske Bank, mit ihrem Produkt „Mobile Pay“ in nur 18 Monaten über 60% der Verbraucher gewonnen hat.aj
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